Wann hindert § 50 WEG die Festsetzung von Anwaltsgebühren gegen
den unterlegenen Kläger bei Einzelvertretung von einem der Beklagten ?
LG
Köln, Beschluss vom 21.08.2017 - 29 T 66/17 -
Kurze Inhaltsangabe (mit Anmerkung):
Es kommt häufiger vor als manchmal gedacht: Da klagt ein Miteigentümer gegen die übrigen Miteigentümer einer WEG (z.B. Beschlussanfechtungsklage) und die einzelnen verklagten Miteigentümer
beauftragen jeder für sich einen Anwalt zu ihrer jeweiligen Vertretung. Wird die Klage abgewiesen ist damit idR. auch eine Kostenentscheidung dahingehend verbunden, dass die Kosten der Beklagten
vom Kläger zu tragen sind. Allerdings werden die Beklagten spätestens im Rahmen der Kostenfestsetzung staunen, wenn sie nicht jeweils die ihnen von ihrem jeweiligen anwaltlichen Vertreter in
Rechnung gestellten gebühren gegen den Kläger festgesetzt erhalten.
Anlass auf diesen Umstand hinzuweisen gibt eine Entscheidung des LG Köln. Nach einem nicht näher dargelegten Rechtstreit in einer Wohnungseigentumssache hatte der Rechtspfleger einen
Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, in dem er die Kosten der Beklagten zu 2. beider Instanzen gegen die Klägerin festsetzte. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das Amtsgericht diese
Entscheidung aufgehoben. Hiergegen wandte sich nun die Beklagte zu 2. mit ihrer sofortigen Beschwerde. Dieser wurde vom Amtsgericht nicht abgeholfen; das Landgericht wies sie zurück.
Die Beklagte zu 2. argumentierte, es habe innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft Streit zu dem der ursprünglichen Klage zugrunde liegenden Sachverhalt gegeben, weshalb der Beklagte zu 2.
Ein eigenständiges Interesse daran gehabt habe, selbst auf den Verlauf des Rechtsstreits Einfluss zu nehmen. Dem folgte das Landgericht nicht. Grundlage sei hier § 50 WEG. Danach seien den
Wohnungseigentümern „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten
Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war“. Nach
Auffassung des Landgerichts hätten die Erwägungen des Beklagten zu 2. nicht die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts rechtfertigen können, da es allen Beklagten in der Sache um die Abwehr der
Beschlussanfechtung und des gleichzeitig gestellten Verpflichtungsantrages gegangen sei. Damit seien aber Interessensgegensätze bei Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten nicht
ersichtlich. Streitigkeiten innerhalb der (beklagten) Wohnungseigentümer zur Thematik der Klage würden hier eine getrennte Beauftragung von Anwälten nicht rechtfertigen können.
Anmerkung:Die hier vom LG Köln dargelegten Grundsätze entsprechen der herrschenden Meinung
und Rechtsprechung und lassen sich auch aus § 50 WEG unschwer ableiten; die Norm bezweckt die Begrenzung des Kostenrisikos. Eine eigenständige Beauftragung von Anwälten durch verklagte
Wohnungseigentümer ist nur dann möglich, wenn ein gemeinsamer Prozessbevollmächtigter in einen Interessenswiderstreit geraten würde. Dies wäre objektiv festzustellen und ist dann nicht der Fall,
wenn – wie hier – die Abwehr der Beschlussanfechtung (verbunden mit dem Verpflichtungsantrag) gewollt ist; ein möglicher allgemeiner Streit innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft und/oder
auch mit der WEG-Verwaltung wie auch ein konkreter Streit zur fraglichen Thematik, wenn gelichwohl die Abwehr begehrt wird, reicht nicht aus.
Bei Beauftragung eines Rechtsanwalts durch einen einzelnen verklagten Wohnungseigentümer wird man allerdings auch eine Hinweispflicht des beauftragten
Rechtsanwalts annehmen müssen, bei dessen Unterlassen er ggf. keinen Kostenerstattungsanspruch gegen seinen Mandanten hat, wenn davon auszugehen ist, dass dieser den von den übrigen Eigentümern
(oder vom WEG-Verwalter) gewählten Anwalt ebenfalls beauftragt hätte. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte wäre davon für den Fall eines entsprechenden Hinweises auszugehen.
Beauftragt der WEG-Verwalter keinen (gemeinsamen) Anwalt mit der Rechtsverteidigung und jeder verklagte Wohnungseigentümer einen eigenen, wird man den am
Verfahren als Beklagte beteiligten Wohnungseigentümern nur eine entsprechende Quote entsprechend ihrer fiktiven Beteiligung an der Beauftragung eines einzigen Anwalts (unter Beachtung des
Mehrvertertungszuschlags) zubilligen können.
Aus den Gründen:
Tenor
Die Sache wird zur Entscheidung
auf die Kammer übertragen.
Die sofortige Beschwerde der
Beklagten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 20.4.2017 - 215 C 163/15 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des
Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte zu 2).
Gründe
Mit Beschluss vom 20.4.2017 hat
das Amtsgericht Köln auf die sofortige Beschwerde der Kläger den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.10.2016 insoweit aufgehoben, als gegen die Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten
zu 2) beider Instanzen festgesetzt worden sind.
Gegen diese Entscheidung wendet
sich die Beklagte zu 2) mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass es im vorliegenden Fall eine Kostenerstattung für die Beklagte zu 2) hätte angeordnet werden müssen, da es innerhalb der
Gemeinschaft einen konkreten Streit zum streitgegenständlichen Sachverhalt gegeben habe. Es habe daher ein Interesse der Beklagten zu 2) bestanden, auf den Verlauf des Rechtsstreits eigenständig
Einfluss zu nehmen.
Die gem. §§ 104
Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagte zu 2) hat keinen Erfolg.
Nach § 50 WEG sind
Wohnungseigentümern zu zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtverteidigung als notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes zu erstatten, wenn nicht aus Gründen,
die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits Zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere Anwälte geboten ist.
Solche Gründe liegen hier nicht
vor, wie das Amtsgericht bereits zu treffend in dem angefochtenen Beschluss dargelegt hat.
Die beklagten Wohnungseigentümer
verfolgten in der Sache dasselbe Ziel, die Abwehr der Beschlussanfechtung betreffend den gefassten Negativbeschluss und die Abwehr des von den Klägern gestellten Verpflichtungsantrages. Dies wird
auch von der Beklagten zu 2) nicht in Abrede gestellt. Auch sind Interessengegensätze, die eine Vertretung durch den gemeinsamen Prozessbevollmächtigten aller beklagten Wohnungseigentümer
ausgeschlossen hätten, nicht ersichtlich und werden von der Beschwerdeführerin auch nicht schlüssig behauptet. Die behaupteten Streitigkeiten innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft - gerade
betreffend die Videoüberwachung - vermögen die getrennte anwaltliche Vertretung der Beklagten zu 2) nicht zu rechtfertigen.