Kurze Inhaltsanagbe:
Der Motorroller des Beklagten zu 1., der in der Nähe einer Transformatorenstation der Klägerin vom Beklagten abgestellt worden war, brannte. Bei dem Brand wurde nicht nur der Motorroller zerstört, sondern die Transformatorenstation auch erheblich beschädigt. Die Klägerin begehrte vom Beklagten zu 1. und der mitverklagten Haftpflichtversicherung Schadensersatz mit der Begründung, dass - auch wenn kein technischer Defekt an Motorroller nachgewiesen werden könne, von dem sie ausginge - der Schaden bei dem Betrieb des Motorrollers entstanden sei, §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG. Das Landgericht wies die Klage ab. Das OLG wies die Klägerin einem Beschluss gem. § 522 ZPO darauf hin, dass es beabsichtigte, deren Berufung gegen die landgerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.
Das OLG verwies darauf, dass die Klägerin nicht zu beweisen vermocht habe, dass der Brand auf einer betriebsbedingten Gefahr aufgrund eines technischen Defekts des Motorrollers beruhe. Der vom Landgericht bestellte Sachverständige habe keine Anhaltspunkte für technische Ursachen (wie Reibung, Wärmequelle oder Kurzschluss) festgestellt. Nicht gehört werden könne die Klägerin damit, dass ihr das Risiko der Nichterweislichkeit der behaupteten Verursachung des Brandes durch einen technischen Defekt auferlegt würde.
Es entspräche ständiger Rechtsprechung, dass der Geschädigte bei Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG die anspruchsbegründende Tatsache, dass der Schaden bei dem Betriebs des Fahrzeugs entstanden sei, darzulegen und zu beweisen habe (bereits BGH, Urteil vom 21.11.1967 - VI ZR 108/66 -).
Weiterhin sei auch die Beklagtenseite nicht sekundär darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der Schaden nicht durch einen technischen Defekt entstand. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagten, namentlich der Beklagte zu 1. (Halter) gegenüber der Klägerin über (dafür erforderliche) überlegene Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich der funktionswiese des Motorrollers verfügen würde. Auch läge (hier erörterte das OLG den prima-facie-Beweis) keine Typizität vor, aus der sich ergeben würde, dass es bei einem Abstellen eines Motorrollers im öffentlichen verkehrsraum in der Nähe zu einem Gebäude zur Verursachung eines Brandschadens aufgrund eines technischen Defekts am Motorroller kommen könne.
Auch würden hier die Grundsätze der Beweisvereitelung keine anderweitige Würdigung zulassen, da eine Beweisvereitelung nicht vorläge. Es müsste hier ein missbilligenswertes Verhalten auf Beklagten vorgelegen haben, welches darauf gerichtet gewesen sein müsste, die Beweislage des Gegners in einem laufenden oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 . I ZR 226/13 -). Da hier die Kriminalpolizei vor der Entsorgung des Motorrollers unter Erstellung einer umfassenden Fotodokumentation eine Untersuchung auf mögliche Brandursachen vorgenommen habe, habe für den Beklagten zu 1. keine Veranlassung mehr bestanden, den Motorroller für weitere Untersuchungen vorzuhalten, zumal sich die Klägerin erst rund vier Jahre nach dem Vorfall darauf berufen habe, dass es auf ein weitere Untersuchung der Motorrollers ankäme.
Lasse sich nicht feststellen, dass der Brand des Motorrollers und in dessen Folge der Transformatorenstation auf einen technischen Defekt des Motorrollers oder auf andere Ursachen zurückzuführen ist, sei der Nachweis nicht geführt, dass sich der Schaden durch den Betrieb des Motorrollers des Beklagten zu 1. verwirklichte und sei eine Haftung der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG zu verneinen. Ein Inbrandsetzen des Motorrollers durch eine Drittursache bzw. einen unbekannten Dritten würde die Haftung aus der Betriebsgefahr nach § 7 StVG nicht auslösen. Dies würde nämlich voraussetzen, dass es sich bei dem Schaden um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln würde, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. dass die Schadensfolge in den Bereich der Gefahren fallen müsse, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden sein (BGH, Urteil vom 24.01.2023 - VI ZR 1234/20 -).
Aus den Gründen:
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 01.03.2023, Az.: 7 O 1204/20, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 09.08.2023 gegeben.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aufgrund eines Schadensereignisses geltend, welches sich am 08.08.2017 … in Bremerhaven ereignete.
Am betreffenden Tag kam es aus zwischen den Parteien streitiger Ursache zu einem Brand eines Motorrollers vom Typ …, dessen Halter der Beklagte zu 1. war und der bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert war. Der Motorroller war zuvor an einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt vom Beklagten zu 1. in einem Abstand von weniger als einem Meter von einer dort befindlichen Transformatorenstation der Klägerin abgestellt worden. Bei dem Brand wurde der Motorroller zerstört und es wurde auch die Transformatorenstation erheblich beschädigt, wodurch der Klägerin Instandsetzungskosten i.H.v. EUR 25.695,99 entstanden.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, dass ein technischer Defekt des Motorrollers die Brandursache gewesen sei. Sie meint, dass selbst bei fehlendem Nachweis eines technischen Defekts eine Haftung der Beklagten aus der Betriebsgefahr des Rollers begründet sei, da nach ihrer Auffassung der Schaden bei Betrieb des Motorrollers entstanden sei.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 01.03.2023 sein Versäumnisurteil vom 05.05.2021 aufrechterhalten, in dem es die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Schaden nicht bei Betrieb des Motorrollers entstanden sei. Das Landgericht hat angenommen, dass die Klägerin nicht erheblich bestritten habe, dass der Motorroller bereits zwei Tage vor dem Brand abgestellt worden sei. Dass der Brand sodann auf einer betriebsbedingten Gefahr beruht habe, habe die Klägerin aber nicht nachweisen können. Für einen technischen Defekt lägen keine Anhaltspunkte vor, weder im Untersuchungsbericht der Polizei noch in dem vom Landgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen …, der eine Brandstiftung für überwiegend wahrscheinlich hielt. Ein weitergehendes Verständnis des Begriffs des Betriebs eines Fahrzeugs ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH im Urteil vom 20.06.2019 – C-100/18, juris Rn. 48, VersR 2019, 1008. Hinsichtlich des Tatbestandes und des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz unter Einschluss der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Bremen vom 01.03.2023, Az.: 7 O 1204/20 (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klagantrag weiterverfolgt.
Die Klägerin meint, dass der Begriff der Beschädigung bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG weit auszulegen sei. Der Motorroller weise leicht entzündbare Fahrzeugkomponenten auf, die auch ohne Brandbeschleuniger bereits mit offener Flamme zu entzünden seien, so dass unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Gefährdungshaftung auch unter Annahme einer Brandstiftung durch Dritte ein Zurechnungszusammenhang zu bejahen sei. Es habe sich durch das Abstellen des Motorrollers in unmittelbarer Nähe zur Transformatorenstation und damit dem Belassen des Fahrzeugs im Verkehrsraum eine dem Motorroller konstruktionsbedingt innewohnende Gefahr verwirklicht. Dies sei ebenso wie bei der Beschädigung eines Gebäudes durch das Anprallen eines abgestellten Anhängers, der durch den Anstoß eines Drittfahrzeugs ins Rollen und in unkontrollierte Bewegung gebracht worden sei (siehe BGH, Urteil vom 07.02.2023 – VI ZR 87/22, juris Rn. 12, MDR 2023, 625), vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG erfasst.
Da es sich um eine Gefährdungshaftung handele, komme es auch nicht darauf an, ob der Beklagte zu 1) mit der Brandstiftung habe rechnen müssen. Zudem sei es nicht mit dem Sinn und Zweck der Gefährdungshaftung zu vereinbaren, wenn der Geschädigten die Darlegungs- und Beweislast für die Gründe der Beschädigung auferlegt werde, obwohl der Umstand der Beschädigung der Transformatorenstation durch den Motorroller als solcher feststehe.
Die Klägerin rügt zudem die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts und meint, dass wegen der Entsorgung des Motorrollers ein Fall der Beweisvereitelung bzw. jedenfalls ein Fall einer sekundären Darlegungs- und Beweislast der Beklagtenseite gegeben sei. Der Polizeibericht sei lediglich zu dem Schluss gekommen, dass die Brandursache vermutlich eine Brandstiftung gewesen sei und der gerichtlich bestellte Sachverständige habe seine Feststellungen nur auf diesen Bericht gestützt.
Schließlich ist die Klägerin der Auffassung, dass die Entscheidung des Landgerichts nicht mit der Rechtsprechung des EuGH vereinbar sei und dass daher eine Vorlage an den EuGH zur Frage der Reichweite von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung hätte erfolgen müssen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zur Zahlung von EUR 25.695,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2018 und von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.141,90 € zu verurteilen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden; in der Sache hat sie aber keine Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung ohne Aussicht auf Erfolg dagegen, dass das Landgericht eine Haftung der Beklagten aus den §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG mit der Begründung verneint hat, dass die Beschädigung der Transformatorenstation nicht beim Betrieb des Fahrzeugs der Beklagtenseite im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG erfolgt ist.
1. Das Landgericht hat seiner Entscheidung die Feststellung zugrunde gelegt, dass die Klägerin nicht zu beweisen vermochte, dass der Brand auf einer betriebsbedingten Gefahr aufgrund eines technischen Defekts des Motorrollers beruhte. Hiergegen wendet sich die Klägerin ohne Aussicht auf Erfolg.
a. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat auch das Berufungsgericht die Tatsachenfeststellungen des Gerichts des ersten Rechtszuges seiner Entscheidung zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO können sich grundsätzlich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Bewertungen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03, juris Rn. 7, BGHZ 162, 313; Urteil vom 29.06.2016 – VIII ZR 191/15, juris Rn. 26, NJW 2016, 3015). Das Berufungsgericht ist demnach zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet, wenn aus der für dieses Gericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2016 – VI ZR 403/14, juris Rn. 11, VersR 2016, 1194). Hält es das Berufungsgericht es für denkbar, dass die von der Berufung aufgeworfenen Fragen zu einer anderen Würdigung führen können, besteht Anlass für die Überlegung, ob für die andere Würdigung zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht und deshalb Anlass zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 11.10.2016 – VIII ZR 300/15, juris Rn. 24, NJW-RR 2017, 75).
b. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben: Für eine abweichende Würdigung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme besteht keine solche Wahrscheinlichkeit und daher ist auch ein Anlass zu einer Wiederholung oder zu einer Ergänzung der Beweisaufnahme um weitere Feststellungen nicht gegeben. Der vom Landgericht bestellte Sachverständige … konnte keine konkreten Anhaltspunkte dafür feststellen, dass der Brand auf einer technischen Ursache wie Reibung, Wärmequellen oder einem Kurzschluss beruhte. Dabei lagen dem Sachverständigen die technischen Unteralgen zur elektrotechnischen Ausrüstung nicht vor und er stützte sich auf die Untersuchung der elektrischen Bauteile des Motorrollers durch die Kriminalpolizei; die Berufung macht aber bereits nicht geltend, dass die Beweisaufnahme auf weitere dem Sachverständigen nicht verfügbarer Erkenntnisquellen zu erstrecken gewesen wäre.
c. Die Klägerin wendet sich ohne Aussicht auf Erfolg dagegen, dass das Landgericht ihr das Risiko der Nichterweislichkeit der behaupteten Tatsache der Verursachung des Brandes durch einen technischen Defekt auferlegt hat. Es entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Geschädigte bei Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG als anspruchsbegründende Tatsache darzulegen und zu beweisen hat, dass der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist (siehe BGH, Urteil vom 21.11.1967 – VI ZR 108/66, juris Rn. 9, VersR 1968, 176; Urteil vom 04.05.1976 – VI ZR 193/74, juris Rn. 12, MDR 1977, 43). Dies steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im Widerspruch zur Natur der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG, sondern es begründet dieser Umstand vielmehr die innere Rechtfertigung für deren Anordnung.
d. Ebenso ist im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Annahme einer sekundären Darlegungs- und Beweislast der Beklagtenseite angezeigt, wonach bei Feststehen des Umstands der Beschädigung der Transformatorenstation durch den Motorroller als solcher die Beklagtenseite darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hätte, dass der Schaden nicht durch einen technischen Defekt des Motorrollers verursacht wurde. Eine solche sekundäre Darlegungs- und Beweislast der Beklagtenseite wäre weder geboten noch sachgerecht, da schon nicht ersichtlich ist, dass die Beklagtenseite, namentlich der Beklagte zu 1. als Halter, über überlegene Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich der Funktionsweise der Technik des Motorrollers verfügen würde. Das erlaubte Abstellen eines Motorrollers im öffentlichen Verkehrsraum in der Nähe eines Gebäudes ist auch nicht als eine Verkehrssicherungspflichtverletzung oder anderer typischer Sachverhalt zu bewerten, bei dem es grundsätzlich in Betracht käme, dass nach der Lebenserfahrung ein ursächlicher Rückschluss darauf zulässig sein könnte, dass die Verursachung eines Brandschadens am Gebäude auf einen technischen Defekt an dem Fahrzeug zurückzuführen sein dürfte. Ein solche Typizität der Verursachung wird bereits durch die Klägerin nicht substantiiert geltend gemacht und findet auch im eingeholten Sachverständigengutachten keine Grundlage, so dass wegen des hier möglichen realistischen anderweitigen Szenarios einer Brandstiftung es nicht gerechtfertigt wäre, die Beklagtenseite mit dem Nachweisrisiko über den Bereich der positiv festgestellten Verursachung eines Schadens beim Betrieb des Fahrzeugs hinaus zu belasten.
e. Eine abweichende Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist im vorliegenden Fall auch nicht nach den Grundsätzen zu den Folgen einer Beweisvereitelung geboten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt, dass das Verhalten einer Partei, das dazu führen kann, einen Beweis zu verhindern oder zu erschweren und dadurch die Beweisführung des beweispflichtigen Prozessgegners scheitern zu lassen, im Rahmen der Beweiswürdigung zum Nachteil des Prozessgegners der beweispflichtigen Partei zu berücksichtigen ist, wobei es sich hier um ein vorwerfbares, missbilligenswertes Verhalten handeln muss, bei dem sich das Verschulden sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen muss, also darauf gerichtet sein muss, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (siehe hierzu BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 226/13, juris Rn. 29, GRUR 2016, 88 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, da der Motorroller vor seiner Entsorgung durch die Kriminalpolizei unter Erstellung einer Fotodokumentation auf mögliche Brandursachen hin untersucht wurde, so dass der Beklagte zu 1. im vorliegenden Fall nicht als gehalten angesehen werden konnte, den Motorroller für weitere Untersuchungen vorzuhalten, zumal sich die Klägerin – soweit ersichtlich – erstmals im Schriftsatz vom 31.01.2023 und damit mehr als vier Jahre nach dem schädigenden Ereignis darauf berufen hat, dass es auf eine weitere Untersuchung des Motorrollers selbst angekommen wäre.
2. Ist nicht festzustellen, dass der Brand des Motorrollers und die dadurch verursachte Beschädigung der Transformatorenstation der Klägerin auf einem technischen Defekt des abgestellten Motorrollers oder einer anderen technischen Ursache (Reibung, Wärme) des Motorrollers beruhte, dann ist auf dieser Grundlage vom Landgericht zutreffend verneint worden, dass der Schaden durch den Betrieb des Motorrollers verursacht wurde, was zu einer Verneinung der Haftung der Beklagten aus § 7 Abs. 1 StVG führte. Das Inbrandsetzen des Fahrzeugs aufgrund einer ungeklärten Drittursache bzw. durch Brandstiftung seitens eines unbekannten Dritten ist nicht von der Betriebsgefahr erfasst.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Merkmal der Beschädigung „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen, da die Vorschrift alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen soll, weil durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs – wenn auch erlaubterweise – eine Gefahrenquelle eröffnet wird. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, das heißt, wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist, was erfordert, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, das heißt, die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist (siehe allgemein BGH, Urteil vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13, juris Rn. 6, BGHZ 199, 377; Urteil vom 20.10.2020 – VI ZR 319/18, juris Rn. 7, VersR 2021, 597; Urteil vom 20.10.2020 – VI ZR 158/19, juris Rn. 7, NJW 2021, 1157; Urteil vom 24.01.2023 – VI ZR 1234/20, juris Rn. 8, VersR 2023, 538 m.w.N.).
Insbesondere bezogen auf durch den Brand eines Fahrzeugs verursachte Schäden hat der Bundesgerichtshof auf dieser Grundlage angenommen, dass es rechtlich keinen Unterschied macht, ob der Brand unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eingetreten ist, und dass bei der gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen auch dann durch das Kraftfahrzeug selbst und die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit)geprägt worden ist, wenn der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges stand (siehe BGH, Urteil vom 24.01.2023 – VI ZR 1234/20, juris Rn. 9, VersR 2023, 538 m.w.N.). Daher hat der Bundesgerichtshof die Verursachung einer Beschädigung „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG auch in solchen Fällen angenommen, in denen die Entzündung aufgrund eines technischen Defekts, etwa durch einen Kurschluss der Batterie des zu diesem Zeitpunkt abgestellten Fahrzeugs erfolgte (siehe BGH, Urteil vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13, juris Rn. 6, BGHZ 199, 377). In Fällen eines vorsätzlichen Inbrandsetzens eines ordnungsgemäß abgestellten Fahrzeugs hat der Bundesgerichtshof dagegen eine Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG verneint, da die Schädigung dann nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will, und auch der Umstand, dass Kraftfahrzeuge wegen der mitgeführten Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brennen, nicht ausreicht, um eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG zu begründen (siehe BGH, Urteil vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06, juris Rn. 12, NJW-RR 2008, 764; Urteil vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13, juris Rn. 6, BGHZ 199, 377; Urteil vom 11.02.2020 – VI ZR 286/19, juris Rn. 23, NJW 2020, 2116).
Entgegen der Auffassung der Klägerin steht dem auch nicht die jüngere Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.02.2023 entgegen, in der eine Haftung des Halters des Anhängers auch bei einem Anstoßen und Inbewegungsetzen des Anhängers durch einen Dritten bejaht wurde (siehe BGH, Urteil vom 07.02.2023 – VI ZR 87/22, juris Rn. 12, VersR 2023, 802), da dort angenommen wurde, dass einem Anhänger konstruktionsbedingt die Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch Einwirkung von Fremdkraft innewohne und diese Gefahr durch sein Belassen im Verkehrsraum aufrechterhalten werde, so dass dann, wenn ein im Verkehrsraum abgestellter Anhänger infolge eines Anstoßes durch ein Drittfahrzeug in Bewegung versetzt werde und er dann im Rollvorgang ein Gebäude beschädige, sich bei wertender Betrachtung in dem hierdurch verursachten Schaden eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs verwirklicht habe. Dies ist nach den vorstehenden Grundsätzen bei der Inbrandsetzung eines abgestellten Motorrollers dagegen zu verneinen, auch wenn das Fahrzeug wegen der mitgeführten Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brennbar sein sollte. Der Brand des Motorrollers steht damit der Gefahr der Inbrandsetzung beliebiger anderer im öffentlichen Raum abgestellter Gegenstände gleich.
Diese Auslegung des § 7 Abs. 1 StVG steht im Übrigen auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite der Kfz-Haftpflichtversicherungspflicht, wonach auch der Brand eines abgestellten Fahrzeugs aufgrund einer technischen Ursache unter den dort maßgeblichen Begriff der Verwendung des Fahrzeugs falle (siehe EuGH, Urteil vom 20.06.2019 – C-100/18, juris Rn. 48, VersR 2019, 1008). Auch dort ist nicht angenommen worden, dass eine Haftpflichtversicherung auch den Fall einer nicht auf einer solchen technischen Ursache beruhenden Inbrandsetzung eines abgestellten Fahrzeugs abdecken müsste.
3. Der Senat beabsichtigt, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss statt durch Urteil zu entscheiden, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil erfordern.
Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der im Tenor genannten Frist gegeben. Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren gespart werden können (Ermäßigung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gemäß Nr. 1220, 1222 KV von 4,0 auf 2,0).