Anwaltsrecht und -haftung


Prüfung der Kostenrechnung des eigenen Anwalts durch das Streitgericht

OLG Köln, Beschluss vom 15.06.2015 – 17 W 330/14 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Wenn der Mandant ganz oder teilweise in einem Rechtsstreit unterliegt oder das Mandat vorzeitig gekündigt wird, ist er regelmäßig gehalten, die Kosten seines eigenen Anwalts zu tragen. Wie aber kann er feststellen, ob die Abrechnung ordnungsgemäß ist ?

 

In einem Verfahren vor dem LKG Köln  3 O 552/09 wurde die Antragstellerin von den Antragsgegnern anwaltlich vertreten. Zum Zeitpunkt der Mandatskündigung im Januar 2013 durch die Antragstellerin hatte diese an die Antragsgegner bereits eine Verfahrens- und Terminsgebühr aus einem Streitwert von € 13.600 gezahlt. Im August 2014 stellten die Antragsgegner der Antragstellerin weitere gebühren in Rechnung, und zwar nunmehr berechnet aus einem Streitwert von € 30.000,00, wobei sie zur Begründung ausführten, dass sie angesichts der immensen Verletzungen der Antragstellerin davon ausgehen würden, dass der Wert von € 13.600,00 zu niedrig angesetzt sei.

 

Die Antragstellerin legte die Rechnung im verfahren 5 O 552/09 vor und beantragte die Feststellung, dass nicht aus einem Wert von € 30.000,00 abgerechnet werden könne. Der Rechtspfleger lehnte dies mit Hinweis darauf ab, dass § 11 RVG lediglich der vereinfachten Festsetzung der Anwaltsgebühren gegen den eigenen Mandanten diene und nicht dazu, „irgendwelche Ansichten des Mandanten an sich beschlussmäßig festzustellen“. Auf die Beschwerde der Antragstellerin, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hatte, änderte das OLG den Beschluss ab und gab ihm statt.

 

 

Das OLG wies darauf hin, dass § 11 RVG auch den Weg öffne, den Vergütungsanspruch des Anwalts bzw. seine Honorarrechnung in einer schnellen und kostengünstigen Weise prüfen zu lassen. Dabei sei der Antrag darauf zu richten, dass dem Anwalt die von ihm berechnete Vergütung ganz oder teilweise nicht zustünde. Dies sei vorliegend erfolgt. Da das Landgericht im übrigen mit Urteil vom 31.03.2015 zwischenzeitlich den Streitwert endgültig auf € 13.600,00 festgesetzt hätte, sei dies auch hier bindend und könnten die Antragsgegner nicht weitergehende Gebühren aus einem Wert von € 30.000,00 begehren.

 

Aus den Gründen:

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 03.12.2014 - 3 O 552/09 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegner ihr Honorar gegen die Antragstellerin bezüglich des Rechtstreits U gegen Dr. T - Landgericht Köln 3 O 552/09 - nach einem Gegenstandswert von 13.600 EUR abrechnen können.

Es wird festgestellt, dass den Antragsgegnern eine Terminsgebühr für die die Vertretung der Antragstellerin im Rechtstreit U gegen Dr. T - Landgericht Köln 3 O 552/09 - nicht erwachsen ist.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Antragsgegner, von Beruf Rechtsanwälte, vertraten die Antragstellerin in dem im Tenor bezeichneten Rechtstreit. Im Januar 2013 erfolgte die Mandatskündigung durch die Antragstellerin. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits nach einem Gegenstandswert von 13.600 EUR eine Verfahrens- und Terminsgebühr als Vorschuss an die Antragsgegner gezahlt. Erst unter dem 29. August .2014 stellten die Antragsgegner ihre Honorarrechnung, der sie einen Gegenstandswert von 30.000 EUR zu Grunde gelegt haben. Zur Begründung haben sie angegeben, man gehe davon aus, dass wegen des schweren Leidens der Klägerin der tatsächliche Gegenstandswert deutlich über dem bei Klageerhebung angegebenen Betrag von 13.600 EUR liege.

Die Antragstellerin meint, die Antragsgegner seien an den gerichtlichen Streitwert gebunden. Es sei nicht ersichtlich, durch welche Tätigkeit diese eine Terminsgebühr verdient hätten.

Der Rechtspfleger ist der Ansicht, das Verfahren nach § 11 RVG diene nur dazu, in einem vereinfachten Verfahren Gebühren zu Gunsten des Rechtsanwaltes festzusetzen und dadurch zu titulieren, nicht aber um "irgendwelche Ansichten des Mandanten an sich beschlussmäßig festzustellen".

Die Antragsgegner haben sich der Rechtsansicht des Rechtspflegers angeschlossen, in der Sache selbst jedoch nicht Stellung genommen.

Der Rechtspfleger hat die beantragte Feststellung abgelehnt und der hiergegen seitens der Antragstellerin gerichteten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Er hat die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Das zu Grunde liegende Hauptsacheverfahren ist inzwischen abgeschlossen. Das Landgericht hat den Streitwert auf 13.600 EUR festgesetzt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 11 Abs. 2 S. 3 RVG, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG statthaft und auch ansonsten unbedenklich zulässig. Sie hat auch in der Sache selbst vollen Erfolg. Die Auffassung des Rechtspflegers ist rechtsirrig.

1. Entgegen der von ihm vertretenen Ansicht beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 11 RVG nicht darauf, dass der Rechtsanwalt die Kostenfestsetzung gegen die (einstmals) von ihm vertretene Partei betreiben kann. Vielmehr steht auch dieser der Weg über § 11 RVG offen, den Vergütungsanspruch des Rechtsanwaltes bzw. dessen Honorarrechnung in einer schnellen und kostengünstigen Weise überprüfen zu lassen. Dabei ist der Antrag auf Feststellung dahingehend zu richten, dass dem Rechtsanwalt die von ihm berechnete Vergütung ganz oder teilweise nicht zusteht (OLG Nürnberg JurBüro 2006, 257; LAG Nürnberg JurBüro 1996, 263; Senat, Beschluss vom 30.12.1983 - 17 W 440/83 - = JurBüro 1984, 1356; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 21. Auf., § 11 Rnr. 260; Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 11 Rnr. 58 f; Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., T 4 Rnr. 153; N. Schneider, in: Schneider/Wolf, RVG, 7. Aufl., § 11 Rnr. 169 ff; Hartung/Schons/Enders, RVG, 2. Aufl., § 11 Rnr. 39ff; Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Mathias/Uher, RVG, 4. Aufl., § 11 Rnr. 4, 8).

2. Jedenfalls nachdem das Landgericht im Urteil vom 31.März.2015 den Streitwert auf 13.600 EUR festgesetzt hat, haben die Antragsgegner bei der Berechnung ihrer Honoraransprüche diesen Wert zu Grunde zu legen. Zu der Behauptung der Antragstellerin, die Antragsgegner hätten keine anwaltliche Tätigkeit entfaltet, durch die eine Terminsgebühr entstanden sein könnte, haben diese nicht erwidert. Der Vortrag der Antragstellerin ist damit als unstreitig zu behandeln.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 11 Abs. 2 S. 4, 6 RVG.