Wann liegt bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung Vorsatz vor und droht eine erhöhte Geldbuße ?
OLG Celle, Beschluss vom 28.10.2013 - 322 SsRs 280/13 -
Der Betroffene wurde bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h geblitzt, nachdem zuvor drei Schilder die zulässige
Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn mit 100 km/h angaben. Das Amtsgericht Soltau war hier nicht zimperlich: Da der Betroffene an drei die Geschwindigkeitsreduzierung anzeigenden
Verkehrsschildern vorbeigefahren sei, müsse bei einer Überschreitung der Geschwindigkeit von Vorsatz ausgegangen werden. Jedenfalls aber läge Vorsatz im Sinne des dolus eventualis vor, wenn er
die Schilder nicht gesehen haben sollte, da er dann Unaufmerksam gewesen wäre und damit die Überschreitung billigend in Kauf genommen hätte.
Häufig kann Vorsatz bei der Geschwindigkeitsüberschreitung angenommen werden auf der Grundlage der Einlassung des Betroffenen. Nämlich dann,
wenn er den Versuch der Rechtfertigung unternimmt. Mit der Rechtfertigung ist das Bewusstsein der Kenntnis zu verbinden. Lässt sich der Betroffene aber nicht ein, fehlen in der Regel
Anhaltspunkte. Diese glaubte nun das Amtsgericht an Umständen wie der Möglichkeit der Kenntnisnahme von Fahrgeräuschen annehmen zu dürfen. Es verhängte eine Geldbuße von € 180,00 statt der nach
dem zum Urteilszeitpunkt geltenden Bußgeldtabelle von € 80,00.
Der Betroffene nahm dies nicht hin. Er beantragte die Zulassung der Rechtsbeschwerde, dem das OLG Celle stattgab. Mit seinem Beschluss vom
28.10.2013 – 322 SsRs 280/13 – ließ es die Rechtsbeschwerde zu und verwarf diese nur insoweit, als über den Regelsatz von € 80,00 eine erstinstanzliche Verurteilung erfolgte. Es wies darauf hin,
dass Vorsatz nur angenommen werden könne, wenn Kenntnis der Geschwindigkeitsüberschreitung und kumulativ Kenntnis deren Überschreitung vorläge. Zwar könne mit dem Amtsgericht davon ausgegangen
werden, dass der Betroffene die Beschilderung zur Kenntnis genommen habe (insoweit verwies es auf die Entscheidungen BGHSt 43, 241, 251 und OLG Celle NZV 211, 618). Aber es könne entgegen der
Annahme des Amtsgerichts nicht davon ausgegangen werden dass der Betroffene Kenntnis von der Überschreitung habe. Der in der Rechtsprechung geprägte Erfahrungssatz, dass die Fahrgeräusche und die
sich schnell verändernde Umgebung den Rückschluss auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung zuließen, würden eine erhebliche Überschreitunf verlangen, die nicht bei 25% sondern bei ca. 40% läge.
Soweit niedrigere Überschreitungen bereits zum Vorsatzvorwurf führten (z.B. OLG Jena DAR 2008, 35) hätten weitere Umstände vorgelegen, die auf den Vorsatz einen Rückschluss zuließen. So käme es
auf ein positiv festgestelltes Fahrverhalten vor der streitbefangenen Feststellung an, wie mehrere weitere festgestellte Geschwindigkeitsverstöße im engen räumlichen und zeitlichen
Zusammenhang.
Die Entscheidung ist nachfolgend im Wortlaut abrufbar:
OLG Celle, Beschluss vom 28.10.2013 - 322 SsRs 280/13 -