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1) Negative Feststellungsklage gegen Versicherungsnehmer bei Zahlung durch Haftpflichtversicherer und Rückforderungsvorbehalt durch diesen
Problemkreise: (1) Zahlung des Haftpflichtversicherers für beklagten Schädiger an Gläubiger „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz dem Grunde und der Höhe nach sowie mit dem Vorbehalt der Verrechnung bzw. Rückforderung“. Erfolgte die Zahlung mit Erfüllungswirkung ? (2) Negative Feststellungsklage zum Rückforderungsvorbehalt: (a) Begründetheit der Klage gegen den Versicherungsnehmer. (b) Zulässigkeit der Klage gegen den Versicherungsnehmer.
(1) Der erklärte Vorbehalt ist auszulegen, §§ 133, 157 ZPO. Grundsätzlich sollen nur die Anerkenntniswirkung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB sowie der Rückforderungsausschluss gem. § 814 BGB vermieden werden. Liegen keine dagegen sprechenden Umstände vor (z.B. Zahlung zur Abwehr einer Vollstreckung) erfolgt die Zahlung als Erfüllung. Einen Anspruch auf Anerkenntnis seiner Forderung hat der Gläubiger nicht. Die Beweislast des fehlenden Leistungsgrundes bei einer Rückforderung nach § 812 BGB hier trägt der Zurückfordernde.
(2) (a) Die negative Feststellungsklage des Gläubigers gegen den Versicherungsnehmer im Hinblick auf den Rückforderungsvorbehalt des zahlenden Haftpflichtversicherers ist unschlüssig, da Inhaber des Rückforderungsanspruchs der Haftpflichtversicherer ist.
(b) Die negative Feststellungsklage gegen den Versicherungsnehmer ist unzulässig, da ein Feststellungsinteresse fehlt. Mit ihr kann die Rechtsunsicherheit auf Seiten des Gläubigers nicht beseitigt werden, da ein Feststellungsurteil nur zwischen den Parteien und damit nicht im Verhältnis zum Haftpflichtversicherer wirkt.
> OLG Frankfurt, Urteil vom 24.02.203 - 4 U 155/22 -
Dem Rechtsanwalt kann Vollmacht zur außergerichtlichen Vertretung, zur Klagerhebung unter der Bedingung der fruchtlosen außergerichtlichen Vertretung oder gleich Klageauftrag erteilt werden. In den ersten zwei Fällen entsteht für den Rechtsanwalt eine außergerichtliche Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG, im dritten Fall sofort die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, auch wenn der Rechtsanwalt außergerichtlich tätig wird.
Der Schuldner muss die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren als Schadensersatz nach § 249 BGB nur zahlen, wenn im Außenverhältnis mit Rücksicht auf seine spezielle Situation die konkrete anwaltliche Tätigkeit erforderlich und zweckmäßig war und vom Gläubiger eine außergerichtliche Vertretung oder nur ein bedingter Prozessauftrag erteilt wurde. Wurde gleich ein Prozessauftrag erteilt, können vorgerichtliche Anwaltsgebühren nach Nr. 2300 VV RVG nicht entstehen und nicht begehrt werden.
Der Hinweis im vorgerichtlichen anwaltlichen Schreiben darauf, dass nach Fristablauf geklagt wird, ist Indiz für einen unbedingten Prozessauftrag und steht der Geltendmachung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren entgegen. Der Gläubiger muss ggf. in diesem Fall darlegen und nachweisen, dass der Anwalt zur außergerichtlichen Vertretung beauftragt war.
BGH, Urteil vom 22.06.2021 - VI ZR 353/20 -
Ein Fernüberwachungsvertrag unterliegt dem Dienstvertragsrecht, selbst dann, wenn die installierten Überwachungsgeräte nach Ablauf des Vertrages in das Eigentum des Kunden übergehen.
Sieht der Formularvertrag verschiedene, vom Kunden anzukreuzende Möglichkeiten zur Vertragslaufzeit vor, so bleibt dies eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die nach § 307 BGB der Inhaltskontrolle unterliegt.
§ 309 Nr. 9a BGB ist auf Verträge mit Unternehmern nicht anwendbar. Eine Überschreitung um das Dreifache der dortigen Frist kann aber im Rahmen der Gesamtabwägung Berücksichtigung finden.
Eine Vertragslaufzeit von 72 Monaten benachteiligt den Kunden in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit unangemessen. Im Rahmen einer gebotenen Abwägung hat der Dienstleister im Rahmen der sekundären Darlegungslast seine Kalkulation offen zu legen für den Nachweis, dass er nur bei der konkret vereinbarten Vertragsdauer wirtschaftlich arbeiten kann; die Marktkonformität ist zu prüfen.
Im Rahmen der Schenkungssteuer findet trotz einer gesamtschuldnerischen Haftung von Schenker und Beschenkten für die Schenkungssteuer ein Gesamtschuldnerausgleich gem. § 426 BGB zwischen dem Beschenkten und dem Schenker, wird der Beschenkte auf Zahlung in Anspruch genommen, grundsätzlich mangels anderweitiger Vereinbarung oder besonderer Anzeichen nicht statt. Vielmehr muss der Beschenkte aufgrund der besonderen Regelung in Form des Sinns der Schenkungssteuer nach § 20 ErbStG, den wirtschaftlichen Zugewinn zu besteuern, dafür alleine aufkommen.
Bei der Beurteilung der Unangemessenheit einer Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine generalisierende und nicht einzelfallbezogene Betrachtungsweise geboten.
Die pauschale Regelung einer Vertragsstrafe von € 2.500,00 für jeden Verstoß gegen eine Regelung in einem Vertrag zwischen dem Betreiber eines „Schlemmerblocks“ und einem Gastwirt, der sich verpflichtet, die Gutscheine im Schlemmerblock entgegenzunehmen und entsprechende Preisnachlässe zu gewähren, eine bestimmte Anzahl von Gerichten zur Verfügung zu stellen usw. stellt sich als unangemessene Benachteiligung des Gastronomen dar und ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die Höhe der Vertragsstrafe berücksichtige nur die Druckfunktion des Betreibers des Blocks (die in Ansehung des Geschäftsmodells eine hohe Vertragsstrafe rechtfertige), nicht aber die unterschiedliche Schwere von möglichen Verstößen.
Ist die Übermittlung mit einem Einschreiben vorgesehen und wird nicht die Übergabe ausdrücklich vorausgesetzt, kann die Übermittlung auch mittels Einwurf-Einschreiben erfolgen (so im Rahmen des § 22 Abs. 1 S. 2 GmbHG).
Der Beweis des ersten Anscheins spricht für den ordnungsgemäßen Zugang des als Einwurf-Einschreibens versandten Schreibens, wenn der Absender den Einlieferungsschein und die Reproduktion des Auslieferungsbelegs vorlegt.
Gegenständlich war der Abschluss einer Zusatzvereinbarung zu einem Mietvertrag.
Die Vermietergesellschaft hatte dem Mieter eine „Zusatzvereinbarung“, nicht unterzeichnet, zugesandt. Ob darin bereits ein rechtsgültiges Angebot liegt, welches vom Mieter nur noch anzunehmen ist, ist nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, Da auf Vermieterseite die vorgesehene Vereinbarung nicht unterzeichnet war, könne es, so das LG Berlin, nur als Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes durch den Mieter (invitatio ad offerendum) angesehen werden. Dies schloss das Landgericht zudem aus dem Umstand, dass im Anschreiben ausdrücklich auf die fehlende Unterschrift des Geschäftsführers der Vermietgesellschaft (Beklagte) verwiesen wurde und angemerkt wurde, erst mit dessen Unterschrift käme die Vereinbarung zustande.
Die Mieterin (Klägerin) unterzeichnete die ihr zugesandte „Zusatzvereinbarung“ und sandte sie zurück. Die Vermietgesellschaft sandte einige Monate später dann das von ihr rechtsverbindlich unterschriebene Exemplar an die Mieterin zurück. Damit aber wurde die Zusatzvereinbarung nicht wirksam. Das Landgericht verweist auf § 146 BGB: Ein Angebot erlischt, wenn es dem Antragenden (hier Mieterin) gegenüber abgelehnt oder nicht rechtzeitig nach §§ 147ff BGB angenommen wird. Hier jedenfalls fehlte es an einer rechtzeitigen Annahme durch die Beklagte. Ein Angebot ist nach § 147 BGB (bei Annahme gegenüber einem Abwesenden) innerhalb der Frist anzunehmen, wie der Antragende nach den regelmäßigen Umständen mit einem Eingang rechnen kann. Das Angebot vom November wurde allerdings erst eingehend im Februar des Folgejahres angenommen. Die Zeitspanne von zwei Monaten überschreitet die zu erwartende Frist für die Annahme eines Angebotes auf Abänderung eines Mietvertrages, so das Landgericht.
Anmerkung: In der verspäteten Annahme kann ein neues Angebot (jetzt von der Vermieterseite) gesehen werden. Dieses hätte die Mieterin, was wohl nicht erfolgte, dann auch unverzüglich (§ 147 BGB) annehmen können, was wohl nicht erfolgte.
Die Schufa hat eine starke Stellung: Ihre Bonitätsauskunft wird häufig bei Abschluss von Mietverträgen verlangt, aber insbesondere auch bei der Aufnahme von Bankkrediten erfolgt eine Nachfrage. Negative Eintragungen schaden mithin. Von daher kommt der Entscheidung des OLG Hamburg vom 30.01.2013 - 5 U 174/11 - besondere Bedeutung zu. Hier verlangte die Schufa von einem Gewerbetreibenden die Unterlassung, in Mahnungen (hier der"letzten" Mahnung) mit die Möglichkeit einer negativen Schufa-Eintrragung ansprach. Auch wenn die Schufa die Unterlassung mit der Begründung begehrte, der Gewerbetreibende sei nicht Mitglied bei ihgr und hätte auch keinen von ihr autorisierten Anwalt beauftragt, könne also selbst die Eintragung nicht bewirken, hat die Entscheidung darüberhinaus Bedeutung. Denn nicht nur dieses Argument wurde vom OLG nicht beachtet (der Gewerbetreibende könne immerhin noch einen entsprechenden Anwalt mandatieren); es hat auch die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen "Hinweises" angenommen. Damit dürften wohl in der Zukunft Gläubiger versuchen, ihren (eventuell sogar einredebehafteteten) Forderungen mit dem Hinweis auf die Möglichkeit negativer Schufa-Eintragungen versuchen mehr Druck zu verschaffen.