Vereinsrecht


Hauptzweck des Idealvereins (§ 21 BGB) kann nicht Betrieb einer Schankwirtschaft sein

OLG Celle, Beschluss vom 06.20.2021 – 9 W 99/21 -

Der Antragsteller, ein Verein, wurde am 27.03.2021 mit dem Zweck des Betriebs einer Gaststätte errichtet und beantragte am 19.04.2021 seine Anmeldung zum Vereinsregister. Nach vorangegangenen Hinweisen wies das Registergericht die Anmeldung mit der Begründung zurück, der Betrieb einer Gaststätte stelle keinen zulässigen (Haupt-) Zweck eines Idealvereins nach § 21 BGB dar.

 

Die dagegen eingelegte zulässige Beschwerde des Antragstellers wurde als unbegründet zurückgewiesen. Obwohl der Verein mangels Eintragung im Register nicht rechtsfähig sei, sei er doch, so das OLG, als „Vorverein“ berechtigt Rechtsmittel einzulegen (OLG Hamm, Beshcluss vom 11.07.2017 – 27 W 144/16 -).

 

Der Antragsteller sei (abweichend von der in der Beschwerde benannten Ansicht des Antragstellers) nicht als Idealverein nach § 21 BGB anzusehen, dessen Zweck also nicht auf den wirtschaftlichen Betrieb einer Gaststätte gerichtet sei (Fall des § 22 BGB).

 

Dazu verwies das OLG darauf, dass der Antragsteller („insbesondere“) eine „Doppelkneipe“ betreiben wolle und in einer Gastwirtschaft hauptsächlich alkoholische und nicht alkoholische Getränke konsumiert würden, was sich als „Paradefall“ eine wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 22 BGB darstelle. Dass die Beschreibung des Vereinszwecks sin § 2 der Satzung idealisierend in die Nähe der Daseinsvorsorge rücke, ändere daran nichts.

 

Nur dann, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ein zulässiger, untergeordneter und lediglich ein Hilfsmittel zur Errichtung des nicht wirtschaftlichen Hauptzwecks darstellender Nebenzweck wäre (wie die Vereinsgaststätte eines Sportvereins) käme die Eintragung als Idealverein in Betracht.

 

Erfolgs sei der Verweis auf die Kita-Beschlüsse des BGH (16.05.2017 zu II ZB 7/16 und II TB 9/16), mit denen der BGH die entgeltliche wirtschaftliche Unternehmertätigkeit als zulässigen Nebenzweck vor dem als entscheidend eigestuften Hintergrund angesehen habe, dass der Verein steuerlich gemeinnützig iSv. §§ 51ff AO war; eine steuerliche Gemeinnützigkeit des Antragstellers läge nicht vor und bei einer Gast-/Schankwirtschaft auch nicht deren Anerkennung als gemeinnützig anzunehmen.

 

 

Der Umstand, dass die Satzung keine Ausschüttung der Gewinne an die Mitglieder vorsehe ließe eine Gleichstellung meinem als gemeinnützig aberkannten Verein nicht zu. Für die wirtschaftliche Betätigung sei die Verschaffung von vermögenswerten Vorteilen für den Verein ausreichend.

 

 

 

Tenor

 

Die Beschwerde vom 2. September 2021 (Bl. 37 d. A.) gegen den den Eintragungsantrag vom 13. April 2021 (Bl. 3 d. A.) zurückweisenden Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Walsrode – Registergericht – vom 4. August 2021 (Bl. 32 d. A.) wird zurückgewiesen.

 

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gegenstandswert der Beschwerde: 5.000 €.

 

Gründe

 

I.

 

Der am 27. März 2021 errichtete Antragsteller begehrt mit Anmeldung vom 13. April 2021 seine Eintragung im Vereinsregister. Das Registergericht hat mit Verfügungen vom 29. April 2021 (Bl. 17 d. A.) und 21. Juni 2021 (Bl. 28 d. A.) darauf hingewiesen, dass eine Eintragung nicht in Betracht komme, und Gelegenheit gegeben, die Anmeldung zurückzunehmen. Sodann hat es mit Beschluss vom 4. August 2021 die Anmeldung zurückgewiesen. Es meint, der Betrieb einer Gaststätte stelle keinen im Sinne des § 21 BGB zulässigen (Haupt-) Zweck eines Idealvereins, der durch Registereintragung rechtsfähig werden könne, dar.

 

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der geltend macht, unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH (II ZB 7/16 und II ZB 9/16, sog. „Kita-Beschlüsse“) sei der Antragsteller als nicht wirtschaftlicher Verein im Sinne des § 21 BGB anzusehen. Dass er, der den Erhalt und den Betrieb einer Dorfkneipe bezwecke, nicht als gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. AO anerkannt sei, sei unerheblich. Maßgeblich sei vielmehr, dass der Antragsteller satzungsgemäß selbstlose Zwecke und nicht etwa die Gewinnerzielung und Gewinnausschüttung an seine Mitglieder verfolge.

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist gemäß §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht erhoben worden. Insbesondere kann bei der Zurückweisung des Eintragungsantrages der betroffene Verein als Vorverein Rechtsmittel einlegen, obwohl er die Rechtsfähigkeit noch nicht erlangt hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Juli 2017, 27 W 144/16, juris Rn. 2 m. w. N.).

 

2. Die Beschwerde erweist sich jedoch als unbegründet, weil das Registergericht den Eintragungsantrag aus den in seinen Hinweisverfügungen und dem angegriffenen Beschluss aufgezeigten Gründen, denen sich der Senat anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, zu Recht zurückgewiesen hat.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller als Idealverein im Sinne des § 21 BGB, also als Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, angesehen werden kann.

 

a) Der Antragsteller will in erster Linie („insbesondere“, § 2 Abs. 3 der Satzung, Bl. 13 d. A.) eine „Dorfkneipe“ erhalten und betreiben. Bei dem Betrieb einer „Kneipe“, also einer Gastwirtschaft, die hauptsächlich dem Konsum von (alkoholischen und nicht alkoholischen) Getränken dient, handelt es sich jedoch geradezu um den Paradefall eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des § 22 BGB. Daran vermag auch die idealisierende - die Bedeutung der vom Antragsteller zu erhaltenden und betreibenden „Kneipe“ in die Nähe der Daseinsvorsorge rückende – Beschreibung des Vereinszwecks in § 2 der Satzung des Antragstellers nichts zu ändern.

 

b) Ein derartiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb stünde einer Eintragung des Antragstellers nur dann nicht entgegen, wenn er nicht als Hauptzweck des Vereins, sondern als zulässiger, untergeordneter und lediglich ein Hilfsmittel zur Erreichung des nicht wirtschaftlichen Hauptzwecks darstellender Nebenzweck anzusehen wäre, wie bspw. die Vereinsgaststätte eines Sportvereins.

 

Der Antragsteller kann sich in dieser Hinsicht indes nicht auf die von ihm angeführte Rechtsprechung des BGH in den sog. Kita-Beschlüssen berufen. Soweit der BGH in seinen die Betreiber von Kindertagesstätten betreffenden Beschlüssen vom 16. Mai 2017 (II ZB 7/16 und II ZB 9/16) angenommen hat, dass eine entgeltliche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeit einen zulässigen Nebenzweck dann darstellen könne, wenn der Verein als solcher steuerlich als gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. AO anerkannt sei, ist hiervon im Streitfall gerade nicht auszugehen. Der Antragsteller, der keine Kinderbetreuungseinrichtungen, sondern eine Schankwirtschaft betreiben will, ist weder als gemeinnützig anerkannt, noch ist auch nur anzunehmen, dass eine derartige Anerkennung möglich wäre.

 

Entgegen der Beschwerdebegründung (dort Seite 6, Bl. 44 d. A.) wird die Anerkennung als gemeinnützig vom BGH keineswegs als „unerheblich“ angesehen, sondern ist vielmehr „von entscheidender Bedeutung“ (II ZB 7/16, Rn. 22, vgl. auch Rn. 32).

 

c) Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber infolge der erwähnten Beschlüsse des BGH keine Veranlassung (mehr) gesehen hat, die Regelung des § 22 BGB betreffend den wirtschaftlichen Verein zu lockern (vgl. BeckOGK/Segna, BGB § 21, Rn. 155-155.2), vermag dem Eintragungsbegehren des Antragstellers, der gerade kein als gemeinnützig anerkannter Verein ist, deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen.

 

d) Dass die Satzung des Antragstellers die Ausschüttung eines erwirtschafteten Gewinns an seine Mitglieder nicht vorsieht, vermag eine Gleichstellung mit einem als gemeinnützig anerkannten Verein nicht zu rechtfertigen. Für die der beantragten Eintragung entgegenstehende Bejahung der Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs genügt es, dass die Tätigkeit des Vereins auf die Verschaffung vermögenswerter Vorteile zugunsten des Vereins gerichtet ist (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 19 m. w. N.). Davon ist im Streitfall schon deswegen auszugehen, weil der bezweckte Erhalt einer Dorfkneipe die Erwirtschaftung der für den Betrieb des Unternehmens benötigten Einnahmen, also vermögenswerter Vorteile, erfordert.

 

 

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG; für das von der Beschwerde erstrebte Absehen von der Erhebung von Gerichtskosten besteht kein Anlass. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 FamFG) liegen nicht vor; insbesondere bedarf es angesichts der vom BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung geklärten (und vom Senat angewandten) Kriterien betreffend die Abgrenzung nicht wirtschaftlicher und wirtschaftlicher Vereine keiner Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 36 Abs. 3, §§ 59, 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG.