Reiserecht


Keine Stornierungskosten bei Reiserücktritt (auch ohne Reisewarnung) wegen Corona

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.08.2020 – 32 C 2136/20 (18)

Kurze Inhaltsangabe:

 

Der Kläger hatte eine Pauschalreise auf die italienische Insel Ischia im Mai 2019 mit Hin- und Rückflug Hamburg - Neapel bei der Beklagten, einem Reiseveranstalter, gebucht. Mit Mail vom 07.03.2020 stornierte er die Buchung u.a. mit Verweis auf die „außergewöhnlichen Umstände in Italien“. Die Beklagte bestätigte die Stornierung und begehrte Stornierungskosten. Da der Kläger bereits den Reisepreis entrichtet hatte, erhob er Klage auf den insoweit von der Beklagten begehrten Betrag, den diese nicht zurückgezahlt hatte.

 

Das Amtsgericht bejahte den Anspruch. Zunächst bestünde das freie Rücktrittsrecht, § 651 Abs. 1 S. 1 BGB. Die allgemeinen Wirkungen eines Rücktritts in § 346 BGB würden in den reiserechtlichen Sonderregelungen des § 651h Abs. 1 bis 3 BGB dahingehend modifiziert, dass der Reiserveranstalter seinen Anspruch auf Reisevergütung verliert, er aber eine angemessene Entschädigung verlangen könne.  § 651h Abs. 2 BGB sähe allerdings vor, dass der Reiseveranstalter vor Reisebeginn keine Entschädigung verlangen könne, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten würden, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

 

Für die Corona-Krise will das Amtsgericht zur Beurteilung, ob ein außergewöhnliches Ereignis vorliegt/vorlag darauf abstellen, wann der Kläger zurückgetreten ist und ob die Gegebenheiten zu dieser Zeit bereits als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren waren. Es sei eine Prognoseentscheidung, bei der es auf eine ex-ante-Betrachtung ankäme. Bei einem übereilten Rücktritt würde es bei der Entschädigungspflicht gem. § 651h Abs. 1 S. 3 BGB verbleiben, auch wenn sich später eine Betroffenheit der Reise von außergewöhnlichen Ereignissen ergäbe, die den entschädigungslosen Rücktritt legitimiert hätten.

 

 

Bei der Beweisführung sei der Reisende nicht zu überfordern. Nicht erforderlich sei, dass bereits Reisewarnungen für das Reiseziel vorlägen. Ausreichend sei eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Gesundheitsgefährdung. Dies sei zum Zeitpunkt des Rücktritts durch den Kläger der Fall gewesen (was dann im Urteil im Einzelnen näher ausgeführt wird).

 

Aus den Gründen:

 

 Tenor

 

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 325,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2020 zu zahlen.

 

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in Höhe von 72% und der Kläger in Höhe von 28%.

 

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 449,50 Euro.

 

Tatbestand

 

Der Kläger begehrt die Rückzahlung von Kosten für eine durch ihn stornierte Reise.

 

Er buchte für sich und eine Begleitung im Mai 2019 bei der Beklagten – einer deutschen Reiseveranstalterin mit Sitz in Frankfurt am Main – eine achttägige Flugreise auf die italienische Insel Ischia zum Preis von insgesamt 1.786,00 Euro. Die Leistungen der Beklagten sollten hierbei unter anderem folgendes umfassen:

 

- Hinflug von Hamburg nach Neapel am 14.04.2020,

- Aufenthalt im Hotel … vom 14.04.2020 bis zum 21.04.2020 und

- Rückflug von Neapel nach Hamburg am 21.04.2020.

 

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zur Reiseleistung wird auf das Reiseprospekt Bl. … ff. d. A. verwiesen.

 

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (nachfolgend „AGB“ genannt), die der Buchung des Kläger zugrunde lagen, heißt es unter anderem:

 

„9.1.

 

Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag zurücktreten […]

9.2.

 

Tritt der Reisende vom Vertrag zurück oder tritt er die Reise nicht an, verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Der Reiseveranstalter kann jedoch eine angemessene Entschädigung nach Ziff. 9.3. verlangen.

 

[…]

9.4.

 

Abweichend von Ziff. 9.2. kann der Reiseveranstalter vor Reisebeginn keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Umstände sind unvermeidbar oder außergewöhnlich i.S. dieses Untertitels, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich herauf beruft und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.“

 

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu den AGB wird auf Bl. … ff. d.A. verwiesen.

 

Die Beklagte bestätigte die Buchung mit Schreiben vom 27.05.2019 (vgl. Bl. 10 d.A.).

 

Der Kläger entrichtete zumindest eine Anzahlung des Reisepreises in Höhe von 325 Euro an die Beklagte.

 

In einer Email vom 07.03.2020, 11:01 Uhr schrieb der Kläger unter anderem an die Beklagte:

 

„Auf Grund von außergewöhnlichen Umständen in Italien und meiner Erkrankung […] möchte ich die Reise „…“ stornieren. Auf Grund der Vorkommnisse bitte ich um Nachsicht und auf die Gebühren (25%) zu verzichten“.

 

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das Emailschreiben Bl. … d.A. Bezug genommen.

 

Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 12.03.2020 die Stornierung des Klägers und forderte ihn auf, die nach den AGB nun noch anteilig offenen Reisekosten zu überweisen (vgl. Bl. … d.A.). Dies tat der Kläger nicht, sondern forderte die Beklagte durch ein auf Verbraucherrechte spezialisiertes Inkassobüro seinerseits auf, die erhobenen Stornierungskosten in Höhe von 499,50 Euro an den Kläger bis zum 23.04.2020 zu überweisen. Dies geschah wiederum durch die Beklagte nicht.

 

Der Kläger behauptet, er hätte den kompletten Reisepreis und nicht bloß eine Anzahlung an die Beklagte entrichtet. Bereits zum Zeitpunkt der Stornierung der Reise habe eine Reisewarnung für Italien durch das Auswärtige Amt vorgelegen. Reisen nach Italien seien ab März 2020 ohnehin nicht möglich gewesen.

 

Der Kläger ist der Auffassung, der Rücktritt vom Reisevertrag beruhe auf einem unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand, sodass der Reiseveranstalteter die kompletten Reisekosten ohne Abzug zurückzuzahlen hätte. Er meint weiter, dass, falls kein außergewöhnliches Ereignis die Rückzahlung des Reisepreises rechtfertige, er zumindest Auskunft über den Rücktrittschaden verlangen könne, um seinen daraus folgenden Zahlungsanspruch beziffern zu können.

 

Der Kläger beantragt,

 

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 449,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2020 zu zahlen;

 

hilfsweise:

 

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über den Rücktrittsschaden zu erteilen und zwar darüber,

 

a) welche vertraglich vereinbarten Zahlungen sie bei Durchführung des mit dem Kläger am 27. Mai 2019 unter der Vorgangsnummer tt 991 083 243 geschlossenen Reisevertrages an die Leistungsträger bezahlen musste,

 

b) welche Werte die ersparten Aufwendungen infolge des am 12. März 2020 erklärten Rücktritts vom Reisevertrag besitzen,

 

c) welche Erlöse sie durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gemäß Reisevertrag vom 27. Mai 2019 erzielen konnte.

 

3. Die Auskunft ist durch Vorlage der Rechnungen der Leistungsträger für die Reiseleistungen und Abrechnungen der Leistungsträger nach der Rücktrittserklärung des Klägers zu erbringen.

 

4. Hilfsweise für den Fall, dass die Auskunft gemäß Ziffer 2) nicht unter Vorlage der Verträge zwischen der Beklagten und der Leistungsträger erfolgt, hat ihr der Geschäftsführer die Richtigkeit und Vollständigkeit der unter Ziff. 1 und 2 genannten Auskünfte an Eides statt zu versichern.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf das Vorbringen der Parteien in der Akte verweisen.

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Klage ist im Rahmen des Hauptantrags teilweise begründet und in den Hilfsanträgen, soweit über diese zu entscheiden war, unbegründet.

 

I.

 

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurts für die Entscheidung über die Klage folgt aus § 23 Nr. 1 GVG, § 14 ZPO.

 

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte im Rahmen des Hauptantrages ein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises gemäß §§ 346 Abs. 1, 2, 651a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB zu; jedoch lediglich in Höhe von 325,00 Euro.

 

1.1. Zwischen den Parteien ist ein Reisevertrag nach § 651a Abs. 2, 3 Nr. 1 und 2 BGB zustande gekommen, da die Beklagte mit den Flügen und dem Hotelaufenthalt eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise schuldet.

 

1.2. Der Kläger ist vor Reisebeginn (14.04.2020) am 07.03.2020 durch Erklärung in seiner Email vom Reisevertrag zurück getreten. § 651 Abs. 1 Satz 1 BGB sieht insoweit ein freies Rücktrittsrecht vor, welches von dem Vorliegen eines Rücktrittsgrundes Abstand nimmt. Die allgemeinen Wirkungen des Rücktritts (§ 346 BGB) werden durch die reiserechtlichen Sonderregelungen in § 651h Abs. 1 bis 3 BGB nun dahingehend modifiziert, dass der Reiseveranstalter seinen Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis zwar verliert, er jedoch stattdessen eine angemessene Entschädigung verlangen kann, die er grundsätzlich – wie hier – auch in den AGB regeln darf. Auf die Wirksamkeit der Bedingungen zu den Stornierungskosten kommt es vorliegend jedoch nicht an, da die Beklagte im konkreten Fall insgesamt keine Entschädigung verlangen kann und zur Rückerstattung des (anteilig) geleisteten Reisepreises gemäß § 346 Abs. 1, 2 BGB verpflichtet ist.

 

Ziff. 9.4. der AGB der Beklagten – welche § 651h Abs. 2 BGB nachgebildet ist – sieht vor, dass der Reiseveranstalter vor Reisebeginn keine Entschädigung verlangen kann, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

 

In Bezug auf die Corona-Krise kommt es für die Beurteilung, ob ein außergewöhnliches Ereignis vorliegt/vorlag darauf an, wann der Reisende zurückgetreten ist und ob die Gegebenheiten zu dieser Zeit bereits als außergewöhnliche Umstände zu qualifizieren sind. Hier verbietet sich jede schematische Betrachtung, maßgeblich bleiben vielmehr die Geschehnisse des konkreten Einzelfalles. In diesem Zusammenhang ist für die Bewertung der Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts maßgeblich. Es handelt sich um eine Prognoseentscheidung, für die es auf eine ex-ante-Betrachtung ankommt (Ruks, Die Haftung für außergewöhnliche Umstände, 2020, 66 ff).

 

Im Falle eines „übereilten“ Rücktritts fällt in aller Regel eine Entschädigung gemäß § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB an. Daran ändert sich nichts, wenn sich im Nachhinein eine Betroffenheit der späteren Reise von außergewöhnlichen Ereignissen ergibt und sich der Rücktritt ex-post darauf stützen ließe. Die entrichteten Stornogebühren könnte der Kunde nicht zurückverlangen. Es vermag nämlich nicht zu überzeugen, dass der Kunde möglichst frühzeitig vom Vertrag zurücktritt und dann auf die Fortdauer der Krise bis zu einem späteren Zeitpunkt spekuliert. Dieses Vorgehen würde sich faktisch immer zulasten des Veranstalters auswirken, falls nachträglich die spätere Reise von einer Krise betroffen ist und quasi „rückwirkend“ doch keine Entschädigung gezahlt werden müsste oder das Arrangement nicht beeinträchtigt ist und der Kunde dann nur die zum frühen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung günstigere Stornogebühr entrichten soll. Etwa an § 651h Abs. 5 BGB zweigt sich, dass konzeptionell Rücktritt sowie Bezifferung der Rückerstattung in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen (umfassend hierzu: Staudinger/Achilles-Pujol, in: Schmidt, COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise,1. Aufl. 2020, § 7 Rdnr. 24). Umgekehrt mag (je nach Einzelfall) bei einer ab April 2020 vorgesehenen Reise und einem Rücktritt ab März 2020 die Prognose zutreffend erscheinen, dass eine Beeinträchtigung des Arrangements durch außergewöhnliche Umstände vorliegen wird. Letzteres trifft auch im vorliegenden Fall zu.

 

Grundsätzlich sind – um den Reisenden nicht zu überfordern – an die Darlegung und den Nachweis der konkreten Umstände im Reisegebiet zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung keine allzu strengen Anforderungen zu stellen; insbesondere wenn diese schon längere Zeit zurück liegen. Erforderlich ist hierbei nicht zwingend, dass zum Zeitpunkt des Rücktritts bereits Reisewarnungen für das Reisegebiet vorliegen oder dass das Zielgebiet von dem Ausbruch betroffen ist. Vielmehr genügt zur dahingehenden Einordnung bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung (Harke, in: BeckOGK-BGB, Stand: 01.04.2020, § 651h Rdnr. 47).

 

Italien war und ist eines der Länder in Europa, die sehr früh und besonders stark von der COVID-19-Pandemie betroffen waren. Das Virus SARS-CoV-2 breitete sich in ganz Italien aus. Das Gesundheitssystem in vielen norditalienischen Provinzen war so überlastet, dass viele Patienten nicht oder nicht angemessen behandelt werden konnten. Vielerorts fehlten oder fehlen Schutzmasken. Am 4. März 2020 wurde bekanntgegeben, dass in ganz Italien Schulen und Universitäten zunächst bis zum 15. März 2020 geschlossen werden. Es wurde verfügt, Kongresse, insbesondere auf medizinischem Gebiet, aufzuschieben, um das medizinische Personal nicht anderweitig zu binden. Der Zugang zu Privatkliniken und Hospizen wurde eingeschränkt, und Begleitpersonen wurde der Zugang zu den Notaufnahmen von Kliniken verboten. Zuvor für lediglich besonders stark betroffene Zonen in Italien geltende Empfehlungen wurden auf das ganze Land ausgeweitet: Mindestabstand von einem Meter zwischen Personen; Begrüßung ohne Wangenkuss, Umarmung oder Handschlag; Meiden überfüllter Orte; Ausgangsverbot bei jeglichem Fieber oder Infektionsverdacht; Zuhausebleiben aller Personen ab 75 Jahren und Personen ab 65 Jahren mit gesundheitlichen Einschränkungen. Es wurde verfügt, die Zahl der Betten in den Intensivstationen der Pneumologie- und Infektologie um 100% und die in anderen Intensivstationen um 50% zu erhöhen, die Prüfungen für die Zulassung zur Ausübung von Facharztberufen und die Abschlussprüfungen für Krankenpfleger vorzuziehen. Zudem begann die Regierung, Ärzte aus dem Ruhestand zurückzuholen. Insgesamt sollen 20.000 medizinische Fachkräfte rekrutiert werden. Am 6. März 2020 veröffentlichte die Società Italiana di Anestesia Analgesia Rianimazione e Terapia Intensiva (SIAARTI) Empfehlungen zur klinischen Ethik zur Frage des Zugangs und der Beendigung der Intensivtherapie, die im Falle eines außergewöhnlichen Ungleichgewichts zwischen Notwendigkeit einerseits und verfügbaren Ressourcen andererseits anwendbar sind. Am 8. März 2020 wurden im Norden Italiens insgesamt 13 Provinzen und eine Metropolitanstadt in den Regionen Emilia-Romagna, Marken, Piemont und Venetien sowie die gesamte Lombardei abgeriegelt und Sperrzonen mit „eingeschränkter Mobilität“ eingerichtet, um die Ausweitung der Ansteckung einzudämmen und eine Überlastung der Krankenhauseinrichtungen zu vermeiden. Am 9. März 2020 gegen 21 Uhr wurde ganz Italien mit Wirkung zum 10. März 2020 zur Sperrzone erklärt.

 

Vorliegende Informationen sind gerichtsbekannt i.S.v. § 291 ZPO (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Italien).

 

Dies alles durfte den Kläger in seiner Email vom 07.03.2020 ex ante zu Recht zu der Einschätzung gelangen lassen, dass in Italien – also auch im Reisegebiet – außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Durchführung der Pauschalreise bzw. den Flug nach Neapel erheblich beeinträchtigen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass im März die Pandemie erst begann und mit einer Verschlechterung der Lage zu rechnen war. Die Vorkommnisse in Italien unterlagen auch nicht der Kontrolle des Klägers und hätten sich auch nicht vermeiden lassen, wenn er gewisse Vorkehrungen getroffen hätte.

 

Insgesamt war die Beklagte mithin nicht dazu berechtigt, Teile des Reisepreises im Rahmen der Stornierung zurück zu halten. Da der Kläger als beweisbelastete Partei jedoch nicht nachgewiesen hat, dass er bereits den kompletten Reisepreis an die Beklagte geleistet hat (hierfür wurde nicht einmal Beweis angeboten nachdem dies bestritten wurde), kann er lediglich die Rückzahlung der unstreitig geleisteten Anzahlung in Höhe von 325,00 Euro verlangen.

 

Die Zinszahlungen ergeben sich für den zugesprochenen Betrag aus Verzug (§§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 Abs. 1 BGB), da die Beklagte die Rückzahlung innerhalb der bis zum 23.04.2020 gesetzten Frist nicht bewirkt hat.

 

2. Die Hilfsanträge sind als innerprozessuale Bedingungen hier zwar grundsätzlich zulässig, da das Gericht deren Eintritt durch die Entscheidung über den Hauptantrag selbst herbeiführt. Jedoch besteht kein schutzwürdiges Interesse des Klägers an einer weiteren Auskunft. Mit dem anschließend noch zu stellenden Leistungsantrag könnte auch lediglich ein Betrag heraus verlangt werden, den der Kläger bereits an die Beklagte geleistet hat. Diesem Antrag wurde aber schon vollständig mit dem Hauptantrag abgeholfen. Insofern Rückzahlung über den zugesprochenen Betrag gefordert wird, könnten diese auch nicht durch einen späteren Leistungsantrag verlangt werden.

 

II.

 

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

 

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

 

3. Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch für die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung eines Berufungsgerichts erforderlich wäre, vgl. § 511 Abs. 4 ZPO.

 

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 45 Abs. 1 Satz 2, 3, 48 GKG i.V.m. §§ 2, 4 ZPO. Der Hilfsantrag erhöhte den Streitwert nicht, da er mit der Herausgabe der Reiseleistung des Klägers den identischen Gegenstand wie der Hauptantrag bis zu dessen Höhe betrifft.