Ehe-, Familien- und Betreuungsrecht


Umfang des Umgangsrechts des biologischen (nicht rechtlichen) Vaters

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.06.2019 - 5 UF 72/19 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Der Beschwerdeführer (BF) ist der leibliche Vater der 2012 geborenen B., dessen rechtliche Eltern die verheirateten Beteiligten zu 2. und 3. sind. Im Rahmen eines vorangegangenen Verfahrens zum Umgangsrecht schlossen die Parteien einen Vergleich dahingehend, dass der BF seine leibliche Tochter B. jeweils zweiwöchentlich jeweils am Samstag von 9 bis 18 Uhr zu sich nehmen könne. Mit dem streitgegenständlichem Antrag begehrte er die Erweiterung des Umgangsrechts dahingehend, dass er alle 14 Tage seine Tochter von jeweils von Freitag 9 Uhr bis Sonntag 18 Uhr zu sich nehmen könne, sowie eine Ferien und Feiertagsregelung. In einem Zwischenvergleich vereinbarten die Parteien eine Regelung dahingehend, dass der BF an jedem ersten Wochenende im Monat seine Tochter von Samstag 9 Uhr bis Sonntag 18 Uhr zu sich nehmen könne. Im übrigen wurde ein Ruhen angeordnet; nachdem eine weitergehende Einigung nicht stattfand, der BF das Verfahren wieder anrief, beließ es das Amtsgericht bei der bisherigen Regelung nebst dem Zwischenvergleich und wies den weitergehenden Antrag zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde zurückgewiesen.

 

 

Das Umgangsrecht des leiblichen Vaters ist in § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB geregelt. Vorliegend war zudem die gerichtlich gebilligte Umgangsregelung nach § 1696 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Diese Regelung, so das OLG, könne aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt sein. Insoweit sei nach den vom Amtsgericht getätigten Ermittlungen eine Ausweitung des Umgangsrechts dem Wohl der B. entsprechend im Hinblick auf das erste Wochenende im Monat angezeigt gewesen, wie im Zwischenvergleich festgehalten. Im übrigen lägen aber die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht vor. Zwar sei vorliegend nicht im Streit, dass der BF als leiblicher Vater ein ernsthaftes Interesse am Kind gezeigt habe und daher nach der Bestimmung ein Umgangsrecht habe, welches dem Kindeswohl diene. Allerdings würde der BF verkennen, dass sich das Umgangsrecht nicht an den zu Art. 6 Abs. 2 GG iVm. § 1684 BGB (Anm.: § 1684 BGB wird explizit für das Recht nach § 1684a Abs. 1 Nr. 1 BG in § 1684a Abs. 2 BGB benannt) entwickelten Kriterien beurteile, da das Recht des leiblichen Vaters nicht durch das Elternrecht des rechtlichen Vaters nach § 1686a BGB geschützt würde. Vielmehr würde sich fad Umgangsrecht des leiblichen Vaters an den zu § 1685 BGB entwickelten Kriterien orientieren, weshalb auch ein 14-tägiger Umgang über das Wochenende des nur leiblichen Vaters nicht als Regelfall nach § 1681a BGB angenommen werden könne. Zwar sei eine Einzelfallbetrachtung geboten, orientiert am Kindeswohl. Zu berücksichtigen sei dabei aber auch, wie groß die Akzeptanz der rechtlichen Familie sei und vor allem der Umstand, ob das Kind durch das Umgangsrecht seines weiteren Vaters in einen Loyalitätskonflikt gebracht werde. Dies sei hier, wie den ausführlichen Berichten des für das Kind bestellten Verfahrensbeistandes zu entnehmen sei, der Fall. B. sei den unterschiedlichen Wünschen der rechtlichen Eltern und des leiblichen Vaters in besonderem Maße ausgesetzt und würde dadurch verunsichert; sie wolle keine der drei Elternteile enttäuschen, was sich auch in den widersprüchlichen Willensäußerungen gegenüber beiden Teilen widerspiegele. Es bedürfe von daher einer stabilen und verlässlichen Umgangsregelung, die dem Kind den inneren Frieden bringe und nicht mit der Gefahr verbunden sei, dass es mit Ablehnung eines Elternteils darauf reagiere. Dies würde durch die vom Amtsgericht getroffene Umgangsregelung getragen, mit der auch der von § 1686a BGB verfolgte Zweck, dem Kind eine Bindung zu seinem leiblichen Vater zu ermöglichen, gesichert sei. Es bedürfe dazu nicht einer darüberhinausgehenden Übernachtungsregelung, ebensowenig einer Ferien- und Feiertagsregelung. Eine andere Beurteilung könne sich ergeben, wenn B. älter sei und ihrem Willen stärkere Beachtung zu schenken sei, wenn der derzeitige Loyalitätskonflikt abgebaut werden könne. 

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Beschwerdewert: 3.000,-- €.

 

Den Beteiligten zu 2) und 3) wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A bewilligt.

 

Gründe

 

I.

 

Der Beschwerdeführer ist der leibliche, aber nicht rechtliche Vater von B, geboren am .....2012. Das Kind lebt im Haushalt seiner miteinander verheirateten rechtlichen Eltern, den Beteiligten zu 2) und 3). In der Vergangenheit waren bereits mehrere Verfahren betreffend das Umgangsrecht des Beschwerdeführers geführt worden. Unter dem Aktenzeichen … schlossen die Beteiligten eine gerichtliche Umgangsvereinbarung dahin ab, dass der Beschwerdeführer ab 20.8.2016 das Recht hat, seine leibliche Tochter 14-tägig jeweils Samstag von 9.00 bis 18.00 Uhr zu sich zu sehen. Mit seinem vom 29.6.2017 datierenden Antrag begehrte der Beschwerdeführer eine Ausweitung seines Umgangsrechts auf 14-tägig stattfindende Umgänge von Freitag 17.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr und darüber hinaus eine Aufteilung der Ferien sowie eine Feiertagsregelung. In der mündlichen Anhörung vom 24.10.2017 schlossen die Eltern eine Zwischenvereinbarung dahingehend, dass der Beschwerdeführer Umgang mit B auch an jedem ersten Wochenende eines jeden Monats über den bisherigen Umgang hinaus von Samstag, 9.00 Uhr, bis Sonntag, 17.00 Uhr, haben soll. Außerdem vereinbarten die Eltern, dass sie gemeinsame Beratungsgespräche bei der Elternberatungsstelle führen wollten. Das hiesige Verfahren wurde daraufhin zum Ruhen gebracht. Nachdem die Beratungsgespräche scheiterten, beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 6.12.2018 die Fortsetzung des Verfahrens. Die Eltern, die Verfahrensbeiständin und die Vertreter des Jugendamts wurden am 24.1.2019 nochmals persönlich angehört. Ebenfalls am 24.1.2019 erfolgte die persönliche Anhörung des Kindes. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die jeweils gefertigten Anhörungsvermerke. Mit Beschluss vom 14.2.2019 schrieb das Amtsgericht den bereits in der Umgangsvereinbarung geregelten Umgang dahin fest, dass der Antragsteller auch an jedem ersten Umgangswochenende eines jeden Monats von Samstag, 9.00 Uhr, bis Sonntag, 17.00 Uhr, Umgang haben darf. Eine weitergehende Umgangsregelung traf das Amtsgericht nicht.

 

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1), mit der er nach wie vor begehrt, jedes zweite Wochenende von Freitag, 17.00 Uhr, bis Sonntag, 18.00 Uhr, Umgang zu haben sowie umfassende Ferien- und Feiertagsregelung wünscht.

 

Die Kindeseltern haben die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Der Verfahrensbeistand und das Jugendamt haben im Beschwerdeverfahren Stellung genommen.

 

II.

 

Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

 

Dem Beteiligten zu 1) steht kein über die amtsgerichtliche Entscheidung hinausgehendes Recht zur Ausübung seines Umgangsrechts mit dem Kind nach § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB zu.

 

Das Amtsgericht hat zunächst zutreffend den rechtlichen Maßstab für die bereits vorliegende gerichtlich gebilligte Umgangsregelung aus § 1696 Abs. 1 BGB entnommen. Danach kann ein gerichtlich gebilligter Vergleich zum Umgangsrecht geändert werden, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Solche Gründe lagen insoweit vor, als sich im Verfahren durch die vom Amtsgericht getätigten Ermittlungen ergeben hat, dass eine Ausweitung der Umgangskontakte des Beschwerdeführers dem Wohl von B entspricht und dass es deshalb an einem Wochenende im Monat auch zu einer Übernachtung des Kindes bei dem Beschwerdeführer kommen soll.

 

Für einen darüber hinausgehenden Umgang, wie ihn die Beschwerde geltend macht, fehlt es jedoch an den gesetzlichen Voraussetzungen von § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB. Nach § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen ist unzweifelhaft und steht auch nicht im Streit.

 

Die Beschwerde verkennt jedoch, dass sich in Bezug auf den Umfang des Umgangsrechts des Beschwerdeführers dieser sich nicht an den zu Art. 6 Abs. 2 GG i.V.m. § 1684 BGB entwickelten Kriterien beurteilt, da das Umgangsrecht des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters nach § 1686a BGB nicht durch das Elterngrundrecht geschützt wird. Der Umfang des Umgangsrechts des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters hat sich vielmehr an den zu § 1685 BGB entwickelten Maßstäben zu orientieren und nicht am Elternrecht (Staudinger/Dürbeck, § 1686 a BGB, Rn. 18). Selbst ein 14-tägiger Umgang über das Wochenende kann mit Blick auf die weiteren Bezugspersonen des Kindes, insbesondere seiner Eltern, nicht als Regelfall bei § 1686 a BGB angenommen werden (Keuter ZKJ 2013, 484, 487; Heilmann/Gottschalk, Praxiskommentar Kindschaftsrecht 2015, § 1686 a BGB, Rn. 28). Zwar hat sich die konkrete Ausgestaltung des Umgangs dessen ungeachtet im Einzelfall am Kindeswohl zu orientieren. Hierbei ist aber auch zu berücksichtigen, wie groß die Akzeptanz der rechtlichen Familie ist und vor allem der Umstand, ob das Kind durch das Umgangsrecht seines weiteren Vaters in einen Loyalitätskonflikt gebracht wird. Letzteres ist im vorliegenden Fall, wie den ausführlichen Berichten des Verfahrensbeistands entnommen werde kann, offenkundig der Fall. B ist in Bezug auf den Umgang mit ihrem leiblichen Vater den unterschiedlichen Wünschen und Vorstellungen des Beschwerdeführers auf der einen Seite und ihrer Eltern als Hauptbezugspersonen auf der anderen Seite in besonderem Maße ausgesetzt und wird hierdurch erkennbar verunsichert. Sie möchte keinen von ihren drei Elternteilen enttäuschen und dies spiegelt sich auch in ihren widersprüchlichen Willensäußerungen gegenüber beiden Seiten wider. Der Senat teilt ausdrücklich die Einschätzung des Verfahrensbeistands, dass es einer stabilen und verlässlichen Umgangsregelung bedarf, die dem Kind inneren Frieden bringt und nicht zur Gefahr führt, dass das Kind mit der Ablehnung eines Elternteils hierauf reagiert. Mit der vom Amtsgericht getroffenen Umgangsregelung, die von den rechtlichen Eltern des Kindes mitgetragen wird, ist dies gewährleistet. Durch diese Regelung ist zudem der von § 1686a BGB verfolgte Zweck, dem Kind auch Bindungen zu seinem leiblichen Vater zu ermöglichen, ebenfalls gesichert. Es bedarf weder einer darüberhinausgehenden Übernachtungsregelung noch einer Ferienregelung sowie einer Ausweitung der Feiertagsumgänge.

 

Eine andere Beurteilung kann in der Zukunft dann gerechtfertigt sein, wenn B älter ist und ihrem Willen stärkere Beachtung zu schenken ist, was aber auch nur dann der Fall sein kann, wenn der derzeit erhöhte Loyalitätskonflikt des Kindes abgebaut werden kann.

 

Da das Rechtsmittel damit erfolglos ist, trägt der Beschwerdeführer nach § 84 FamFG die Kosten des Verfahrens.

 

 

Der Beschwerdewert folgt aus §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.