Immer wieder: Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung
Ein kleiner Leitfaden
Es geht hier nicht um die Moral der Steuerhinterziehung. Es geht um die sachliche Frage, was der Steuerpflichtige bei einer Selbstanzeige zu beachten hat und ob er tatsächlich diese
strafbefreiend abgeben kann resp. welche Auswirkungen sie hat, wenn sie nicht strafbefreiend wirkt. Hier wurden mittlerweile Barrieren aufgestellt, die es zu beachten gilt.
1. Die Selbstanzeige kann nur dann wirksam zu einer Strafbefreiung führen, wenn sie rechtzeitig erfolgte. Steht der Außenprüfer des Finanzamtes und/oder die Steuerfahndung
bereits in der Tür, ist es zu spät. Ebenso dann, wenn dem Steuerpflichtigen anderweitig bekannt gegeben wurde, dass gegen ihn ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wurde oder dass eine
Außenprüfung stattfinden soll (Prüfungsanordnung), wie auch dann, wenn er anderweitig wusste, dass ein Verfahren gegen ihn wegen der Tat oder eines Teiles davon eingeleitet wurde bzw. er
„entdeckt“ war, § 371 Abs. 2 AO. Noch gravierender dann die Ausschlussregelung in § 370 Abs. 2 Nr. 3 AO:
„wenn .. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen
Betrag von 50 000 Euro je Tat übersteigt.“
Allerdings gilt nach § 398a AO eine Ausnahme von der Ausnahme: Nämlich dann wenn der Steuerpflichtige bei ansonsten wirksamer Selbstanzeige den Betrag zum einen nachzahlt (ohnehin erforderlich)
und zusätzlich 5% er hinterzogenen Steuer an die Staatskasse zahlt.
Ist der Zeitpunkt noch „geeignet“, eine Selbstanzeige zu machen, muss der Steuerpflichtige berücksichtigen, dass nur die ganze Wahrheit strafbefreiend wirkt. Bis zur Gesetzesnovellierung 2011 war
es möglich, nur Teile zu erklären, die dann nicht mehr strafrechtlich berücksichtigt werden konnten. Heute hingegen wird damit die Strafbefreiung voll umfänglich hinfällig und sind auch die vom
Steuerpflichtigen „rechtzeitig“ erklärten Steuervergehen bei einem Strafverfahren zu berücksichtigen.
Das erschwert dem Steuerpflichtigen häufig die Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige. Er muss nämlich für die zurückliegende Zeit alle in Betracht kommenden Steuerarten erklären, soweit sie noch
nicht verjährt sind. Handelt es sich bei den hinterzogenen Steuern um Gelder aus diversen Handlungen über einen längeren Zeitraum, besteht leicht die Gefahr, dass - auch unbeabsichtigt - etwas
vergessen wird. Stellt dies die Finanzverwaltung fest, ist die Selbstanzeige insgesamt nicht mehr als strafausschließend einzustufen.
In der Selbstanzeige selbst muss der Steuerpflichtige noch nicht en Detail die hinterzogenen Steuern darstellen und/oder berichtigte Steuererklärungen abgeben. Er muss dies aber jedenfalls
innerhalb einer vom Finanzamt gesetzten Frist nachholen.
Was aber, wenn der Steuerpflichtige nicht in der Lage ist, die Selbstanzeige korrekt abzugeben, da ihm selbst die entsprechenden Unterlagen fehlen oder er nicht in der Lage ist, diese sich
innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit zu beschaffen ? In diesem Fall wird er - unter Darlegung aller Umstände - selbst schätzen müssen. Dabei aber sollte er, zur Vermeidung des Risikos eine
unvollständige Selbstanzeige abzugeben, eher zu hoch schätzen als zu niedrig, auch auf die Gefahr hin, dass er bei späterer Feststellung der tatsächlichen (niedrigeren) Grundlagen eine
Berichtigung nicht mehr erreichen kann (FG Hamburg im Urteil vom 07.02.2013 – 3 K 119/12 -):
„Zum anderen wäre, selbst wenn die Beschaffung der Informationen und Unterlagen im Zeitpunkt der Nacherklärung tatsächlich nicht möglich oder
wegen der drohenden Tatentdeckung nicht zumutbar gewesen wäre, das grobe Verschulden aus der Zeit davor in die Beurteilung einzubeziehen. Ein Steuerpflichtiger, der steuerpflichtige Einkünfte
über Jahre nicht nur nicht erklärt, sondern bewusst nicht einmal deren Höhe in Erfahrung bringt und auf Nachweise verzichtet, um das Entdeckungsrisiko möglichst gering zu halten, nimmt dabei
notwendigerweise in Kauf, dass er, wenn sich dieses Risiko plötzlich erhöht, zur Erlangung von Straffreiheit zu einer umgehenden Selbstanzeige in Unkenntnis der tatsächlichen Höhe der
hinterzogenen Einkünfte gezwungen ist. Tritt diese in Kauf genommene Folge dann tatsächlich ein und schätzt der Steuerpflichtige die hinterzogenen Einkünfte bewusst zu hoch, um seine vollständige
Straffreiheit sicherzustellen, ändert dies nichts an der vorherigen grob schuldhaften Pflichtverletzung; der Steuerpflichtige wird durch die Verwirklichung des in Kauf genommenen Risikos nicht
nachträglich exkulpiert (ähnlich BFH-Urteil vom 16.09.2004 IV R 62/02, BFHE 207, 269, BStBl II 2005, 75: Ein leichtes Verschulden bei der Nichtanfechtung eines Bescheides verdrängt nicht ein
grobes Verschulden durch Nichtabgabe der Erklärung).“(FG Hamburg aaO.)
Dies hindert allerdings nicht einen möglichen Einspruch gegen einen auf Grund der Selbstanzeige erlassenen Steuerbescheid innerhalb der gesetzlichen Frist, um im Rahmen des Einspruchs die
möglichen Fehler der zu hohen Schätzung zu korrigieren.
2. Was aber, wenn die Selbstanzeige verspätet oder unvollständig ist ?
Wie oben ausgeführt, entfällt in diesen Fällen die strafbefreiende Wirkung. Ebenso dann, wenn nicht innerhalb angemessener bzw. vorgegebener Frist der hinterzogene Betrag (im Falle des § 398a AO
die Zinsen auf den hinterzogenen Betrag) gezahlt wird. Allerdings kann die Selbstanzeige evtl. auch in diesen Fällen noch eine Strafmilderung begründen.
3. Es empfiehlt sich in jedem Fall im Falle einer beabsichtigten Selbstanzeige sich des Rates eines Steuerberaters und/oder Rechtsanwalts zu bedienen. So können mögliche Fehler
im Zusammenhang mit der Selbstanzeige verhindert werden.