Prozessrecht


Gerichtsstand: Gesellschaft mit lediglich statuarischen Sitz in einer Gemeinde mit mehreren Amtsgerichtsbezirken

OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.04.2021 - 11 SV 16/21 -

Kurze Inhaltsangabe (mit Anmerkungen):

 

Die Gläubigerin wollte auf der Grundlage eines Vollstreckungsbescheides gegen die GmbH einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirken. Diesen Antrag stellte sie bei dem AG Gießen. Die Schuldnerin (GmbH) war mit einer Anschrift in Hungen benannt (dem Verwaltungssitz). Das AG Gießen hat nach Anhörung der Gläubigerin den Antrag an das AG Berlin-Charlottenburg verwiesen, da dort der statuarische Sitz (Sitz der Gesellschaft gemäß Gesellschaftsvertrag, gewahrt im Handelsregister) der GmbH (wenn auch ohne Anschrift in Berlin) war. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg negierte seine Zuständigkeit auch, weshalb letztlich der Vorgang dem OLG Frankfurt am Main zur Gerichtstandsbestimmung vorgelegt wurde, § 36 Abs. 2 ZPO. Dieses bestimmte das AG Berlin-Charlottenburg als zuständiges Gericht.

 

Da sich beide Amtsgerichte für örtlich unzuständig hielten lagen die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor und war das OLG Frankfurt nach § 36 Abs. 2 dafür zuständig, da das zunächst zuständige höhere gemeinschaftliche Gericht für das AG Gießen und das AG Berlin-Charlottenburg der BGH wäre und in diesem Fall das OLG des Gerichtsbezirks zur Zuständigkeitsbestimmung zuständig ist, in dessen Bezirk das Amtsgericht (Gericht) liegt, welches zuerst mit der Sache befasst war (hier: AG Gießen).

 

Eine Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des AG Gießen nach § 281 ZPO sei nicht eingetreten. Die Bindungswirkung träte nicht lediglich in dem Fall der Willkür (die hier nicht vorlag) nicht ein, sondern auch dann nicht, wenn die Verweisung auf Antrag (wie hier) erfolge, § 828 Abs. 3 S. 2 ZPO.

 

Der allgemeine Gerichtsstand einer juristischen Person (hier GmbH) bestimmt sich nach deren Sitz (§ 17 ZPO). Der Sitz einer Gesellschaft muss nicht mit dem Verwaltungssitz übereinstimmen. Das OLG verweist darauf, dass der Sitz nach § 4a GmbHG der Ort im Inland sei, den der Gesellschaftsvertrag bestimme, unabhängig vom Verwaltungssitz (RGZ 59, 106, 107f). Das bedeute, dass der Sitz nicht im örtlichen Zusammenhang mit einer betrieblichen Einrichtung stehen müsse. Selbst wenn die Betriebsstätte und die Verwaltung der Gesellschaft an einem anderen Ort sind, könne ein fiktiver Satzungssitz im Inland gewählt werden. [Anm.: Dies Trennung von Verwaltungssitz und statuarischen Sitz kommt häufig vor, wenn eine Gesellschaft ihre Verwaltung und Betriebsstätte aus einem Ort in einen anderen verlegt, ohne aber den in der Satzung benannten Sitz zu ändern.]

 

Vorliegend war als statuarischer Sitz (Sitz gemäß Gesellschaftsvertrag und damit Eintragung im Handelsregister) Berlin. Da es in Berlin verschiedene Amtsgerichtsbezirke gibt (wie z.B. auch in Duisburg), musste sich das OLG damit mit der Frage auseinandersetzen, welches Amtsgericht zuständig sein soll, da die Ermittlung eines bestimmten Amtsgerichts durch Benennung einer Anschrift in Berlin nicht möglich war. Das OLG verweist darauf, dass in der Literatur darauf verwiesen würde, dass ein bei Existenz mehrerer Amtsgerichtsbezirke ein zentrales Registergericht eingerichtet sei, ohne dass allerdings auf die Frage der notwendigen genauen Bestimmung eingegangen würde, mit der der Sitz als Anknüpfungspunkt  gerichtlicher Zuständigkeit hinreichend festgelegt werden könne. 

 

Vorliegend sei die Schuldnerin im beim AG Berlin-Charlottenburg geführten Handelsregister mit Sitz in Berlin eingetragen. § 7 GmbHG fordert, dass die Gesellschaft bei dem Gericht zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sei, in dessen Bezirk sie ihren Sitz habe. Da aber das AG Berlin-Charlottenburg das zentrale Registergericht für Berlin sei., könne aus der Eintragung nicht gefolgert werden, dass aus der dortigen Eintragung sich ein Sitz in Berlin-Charlottenburg ergäbe. Ein zentrales Gericht für Vollstreckungsmaßnahmen sei in Berlin nicht eingerichtet. Das AG Berlin-Mitte sei zwar nach dem Orts- und Gerichtsverzeichnis als zentrales Vollstreckungsgericht eingerichtet, allerdings lediglich zuständig für die zentrale Verwaltung der Schuldner- und Vermögensverzeichnisse; die Zuständigkeit für Vollstreckungsmaßnahmen (wie hier den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses) bliebe davon aber unberührt.

 

Das AG Charlottenburg habe darauf verwiesen, dass sich der satzungsmäßige Sitz der Gesellschaft in Berlin nicht näher bestimmen ließe. Allerdings würde dies entgegen der Auffassung des (für Berlin als Oberlandesgericht zuständigen) Kammergerichts (Beschluss vom 11.10.2007 - 2 AR 41/07 -) nicht bedeuten, dass deshalb auf einen außerhalb Berlins liegenden Verwaltungsort abzustellen sei (hier Hungen mit der daraus sich ergebenden Zuständigkeit des AG Gießen). Dagegen spreche schon der Umstand, dass sich der allgemeine Gerichtsstand der GmbH bei Zuständigkeit des Landgerichts Berlin nach dem Sitz, bei Zuständigkeit des Amtsgerichts außerhalb Berlin ergeben würde, mithin eine Aufspaltung je nachdem ergäbe, ob nun das Amtsgericht zur Entscheidung berufen ist oder das Landgericht.

 

Damit würde in den Fällen, in denen der Sitz in der Gemeinde unbestimmt ist, da es mehrere Gerichtsbezirke und nur ein zentrales Handelsregister gäbe, sich der Sitz auf das Gebiet der politischen Gemeinde (Anm.: resp. das Gebiet des Registergerichts) erstrecke, der Sitz in allen erfassten Amtsgerichtsbezirken befände. Dies habe zur Folge, dass die Gläubigerin (Anm.: bei Klagen die Klägerin/der Kläger) das zuständige Gericht gemäß § 35 ZPO unter den damit in Betracht kommenden Gerichten in den erfassten Gerichtsbezirken des Sitzes auswählen könne. Die damit in Betracht kommenden Gerichte wären dann nur in Bezug auf andere Amtsgerichte gem. § 802 ZPO ausschließlich zuständig. Zutreffend verweist das OLG darauf, dass dies der Situation bei Annahme eines Doppelsitzes einer Gesellschaft entspräche.

 

In einem Beschluss vom 04.04.2019 – 11 SV 12/19 – habe der Senat noch zur Konkretisierung auf eine frühere Geschäftsdresse der Schuldnerin in diesem Ort mit mehreren in Betracht kommenden Amtsgerichten abgestellt. Daran würde ausdrücklich nicht mehr festgehalten. Es sei bei dieser Entscheidung nicht berücksichtigt worden, dass die Sitzbestimmung als notwendiger Satzungsbestandteil von der Geschäftsadresse (hier der Verwaltungssitz) abzugrenzen sei, die mit dem Sitz nicht übereinstimmen müsse. Nicht zu entscheiden sei der Fall (und offen bleibt daher), ob bei einer noch bestehenden Geschäftsadresse in der als Sitz bestimmten Gemeinde nach § 17 Abs. 1 S. 2 ZPO („gilt“) konkretisiert werden könne, da sie ohne Widerspruch zur Satzung bestimme, was sich aus dieser an näherer Bestimmung nicht ergebe.

 

 Von einer Vorlage an den BGH sah das OLG ab, § 36 Abs. 3 ZPO. Zur Begründung führte das OLG aus, die von der eigenen Auffassung abweichende Ansicht des Kammergerichts sei für die dortige Entscheidung nicht tragend gewesen, da dorr (anders als hier) ein bindender Verweisungsbeschluss vorgelegen habe und damit die Verweisung des zuerst angerufene Amtsgericht Gültigkeit hatte.

 

Anmerkung: Der Entscheidung des OLG Frankfurt ist zuzustimmen. Würde man sich der als obiter dictum zu bewertenden Annahme des Kammergerichts anschließen, hätte dies zur Konsequenz, dass die Zuständigkeit des örtlichen Gerichts im Hinblick auf den Sitz einer Gesellschaft von dem Streitwert abhängig wäre. Bei einem Streitwert von bis zu € 5.000,00 müsste am Verwaltungssitz, bei einem Streitwert ab € 5.000,00 bei dem Gericht des Sitzes geklagt werden. Das Auseinanderklaffen der Gerichtsstände nach dem Streitwert wäre aber prozessual nicht zu vertreten.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Charlottenburg.

 

Gründe

 

I.

 

Die Gläubigerin hat bei dem Amtsgericht Hagen einen Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von 1.408,30 Euro nebst Zinsen und Kosten gegen die in diesem mit der Anschrift „Straße1, Stadt1“ bezeichnete Schuldnerin erwirkt. Mit am 10.12.2020 beim Amtsgericht Gießen eingegangenem Antrag vom 02.12.2020 hat sie den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die Drittschuldnerin beantragt. Mit Beschluss vom 11.12.2020 hat das Amtsgericht Gießen (Az …/20) die Sache nach Anhörung des Gläubigers auf dessen Antrag an das von diesem bezeichnete Amtsgericht Berlin-Charlottenburg verwiesen. Es hat den Beschluss auf §§ 281, 802, 828 ZPO gestützt und zur Begründung ausgeführt, der von der Gläubigerin angegebene Wohnsitz liege dort. Mit Beschluss vom 24.02.2021 hat das Amtsgericht Charlottenburg (Az. 32 M 308/21) die Übernahme abgelehnt und das Verfahren an das Amtsgericht Gießen zurückgegeben. Der durch § 17 ZPO bestimmte Gerichtsstand werde durch den Sitz der Gesellschaft bestimmt. Sitz der Schuldnerin sei zwar Berlin, doch befinde sich der Verwaltungsort in Hungen, weshalb das Amtsgericht Gießen zuständig sei. Denn es mangele an einer Berliner Geschäftsanschrift, anhand der die örtliche Zuständigkeit innerhalb Berlins bestimmt werden könne. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Charlottenburg als zentrales Registergericht ziehe nicht die Zuständigkeit als Vollstreckungsgericht nach sich.

 

Nachdem das Amtsgericht Gießen die Akte sodann erneut unter Hinweis auf § 281 Abs. 2 ZPO an das Amtsgericht Charlottenburg übersandt hat, hat dieses sie dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Entscheidung nach § 36 II ZPO vorgelegt.

 

II.

 

Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 I Nr. 6 ZPO liegen vor, da sich sowohl das Amtsgericht Gießen, als auch das Amtsgericht Charlottenburg für örtlich unzuständig erklärt haben. Die Zuständigkeitsbestimmung ist gem. § 36 II ZPO durch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main vorzunehmen, da das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der beiden Amtsgerichte der Bundesgerichtshof wäre und das zum hiesigen OLG-Bezirk gehörende Amtsgericht Gießen zuerst mit der Sache befasst gewesen ist.

 

III.

 

1. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Gießen ist eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Charlottenburg nicht durch den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Gießen begründet worden. § 281 ZPO, der in seinem Absatz 2 eine Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen anordnet, die nur in Fällen der Willkür entfällt, ist in Vollstreckungssachen nicht anwendbar. Er wird durch § 828 III ZPO verdrängt, der eine Abgabe auf Antrag des Gläubigers an das zuständige Gericht vorsieht. Diese ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 828 III 2 ZPO nicht bindend.

 

2. Das Amtsgericht Charlottenburg ist sachlich und örtlich zuständig.

 

Zuständiges Vollstreckungsgericht ist gem. § 828 II ZPO das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.

 

Der allgemeine Gerichtsstand der Schuldnerin als juristischer Person wird gem. § 17 I ZPO durch ihren Sitz bestimmt. Der Sitz der Schuldnerin, einer GmbH, ist gem. § 4a GmbHG der Ort im Inland, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt. Das gilt auch, wenn sich der Verwaltungssitz an einem anderen Ort befindet (RGZ 59, 106 (107 f.); Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl. 2021, § 4a Rn. 5). Der Satzungssitz muss nicht in örtlichem Zusammenhang mit der Betriebsstätte oder der Hauptverwaltung stehen. Am Satzungssitz müssen sich keine betrieblichen Einrichtungen befinden. Auch die Wahl eines rein fiktiven Satzungssitzes im Inland ist zulässig (Altmeppen aaO, § 4a Rn. 7).

 

Notwendig ist die Angabe einer bestimmten Gemeinde im Inland. Soweit eine Gemeinde - wie Berlin - in mehrere (Amts-) Gerichtsbezirke zerfällt, bedarf es genauerer Bestimmung, um den Sitz als Anknüpfungspunkt gerichtlicher Zuständigkeiten hinreichend festzulegen. In der Kommentarliteratur wird dies meist für den Fall für entbehrlich gehalten, dass ein zentrales Registergericht eingerichtet ist, ohne auf die mangelnde Bestimmbarkeit des allgemeinen Gerichtsstands einzugehen (so Altmeppen, aaO, § 4a Rn. 6; MüKoGmbHG/Heinze, 3. Aufl. 2018, § 4a Rn. 5; Wicke, GmbHG, 4. Aufl. 2020, § 4a Rn. 3; Rowedder/Schmidt-Leithoff/C. Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl. 2017, § 4a Rn. 4; ohne diese Einschränkung indessen Scholz/Cziupka, GmbHG, 12. Aufl. Rn. 9).

 

Satzungsgemäßer Sitz der Schuldnerin ist, wovon die beiden Amtsgerichte und auch die Gläubigerin ausgehen und was durch den Umstand der Eintragung der Schuldnerin in das Handelsregister beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bestätigt wird, Berlin. Gemäß § 7 GmbHG ist die Gesellschaft bei dem Gericht zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat. Dabei ist allerdings das Amtsgericht Charlottenburg zentrales Registergericht für Berlin, so dass nicht vom Registergericht auf den Sitz der Schuldnerin gerade in Charlottenburg geschlossen werden kann. Demgegenüber ist ein gerichtsbezirkübergreifendes, für Vollstreckungsmaßnahmen zuständiges Vollstreckungsgericht nicht eingerichtet. Zwar ist das Amtsgericht Mitte ausweislich des Orts- und Gerichtsverzeichnisses als zentrales Vollstreckungsgericht bestimmt, dabei aber lediglich für die zentrale Verwaltung der Schuldner- und Vermögensverzeichnisse zuständig, während die Zuständigkeit für Vollstreckungsmaßnahmen, z. B. den Erlass von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen, unberührt bleibt.

 

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Charlottenburg lässt sich der satzungsmäßige Sitz der Schuldnerin innerhalb Berlins nicht näher bestimmen. Dies rechtfertigt entgegen der Auffassung des Kammergerichts (Beschluss vom 11. 10. 2007 - 2 AR 41/07, NJOZ 2008, 237) nicht, bei der Frage der amtsgerichtlichen Zuständigkeit auf einen außerhalb Berlins liegenden Verwaltungsort abzustellen. Dagegen spricht schon, dass sich dann der allgemeine Gerichtsstand bei sachlicher Zuständigkeit des Landgerichts in Berlin, bei der des Amtsgerichts aber an einem anderen Ort befände (vgl. BeckOK ZPO/Toussaint, 40. Ed. 1.3.2021, § 17 Rn. 11.1). Es steht auch aufgrund der Sitzbestimmung für Berlin fest, dass die Schuldnerin ihren Sitz dort und nicht in Hungen im Bezirk des Amtsgerichts Gießen hat.

 

Vielmehr ist in Fällen, in denen die Registergerichte wegen der Aufteilung der Gerichtsbezirke bei der Eintragung ins Handelsregister unbestimmte, sich auf das Gebiet einer politischen Gemeinde beziehende Sitzfestlegungen zulassen, ein Sitz der Gesellschaft in allen erfassten Amtsgerichtsbezirken, hier in allen Amtsgerichtsbezirken in Berlin, mit der Folge anzunehmen, dass die Gläubigerin das zuständige Gericht gemäß § 35 ZPO auswählen kann. Die in Betracht kommenden Gerichte sind dann (nur) in Bezug auf andere Amtsgerichte gem. § 802 ZPO ausschließlich zuständig. Die Situation entspricht damit derjenigen bei Annahme eines Doppelsitzes einer Gesellschaft (vgl. dazu Toussaint aaO Rn. 10).

 

Soweit der Senat bisher in solchen Fällen zur Konkretisierung des Sitzes in der jeweiligen Stadt auf frühere dortige Geschäftsadressen der Schuldnerin zurückgegriffen hat (vgl. Beschluss vom 04.04.2019, 11 SV 12/19, juris, Rn. 11), wird daran nicht festgehalten. Die bisherige Rechtsprechung des Senats hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Sitzbestimmung als notwendiger Satzungsbestandteil von der Geschäftsadresse abzugrenzen ist (Baumbach/Hueck/Servatius, 22. Aufl. 2019, GmbHG § 4a Rn. 5), die mit dem Sitz wie ausgeführt nicht übereinstimmen muss. Ob eine noch bestehende Geschäftsadresse in der als Sitz bestimmten Gemeinde den Sitz nach § 17 I 2 ZPO im Wege einer Fiktion („gilt“) konkretisieren kann, weil sie ohne Widerspruch zur Satzung bestimmt, was sich aus dieser an näherer Bestimmung nicht ergibt, ist hier nicht zu entscheiden.

 

 

3. Es bedarf im Hinblick auf die o.g. Entscheidung des Kammergerichts keiner Vorlage an den Bundesgerichtshof gem. § 36 III ZPO. Denn die abweichende Auffassung des Kammergerichts war für die dortige Entscheidung nicht tragend. Mit dieser wurde ein grundsätzlich bindender Verweisungsbeschluss des zuerst angerufenen Amtsgerichts aufrechterhalten. Es kam daher für die Entscheidung des Kammergerichts nur darauf an, ob das zuerst angerufene Amtsgericht die Grenzen der Willkür überschritten hatte, nicht aber darauf, wie nach Meinung des Kammergerichts in solchen Fällen richtigerweise zu verfahren ist.