Wohnungseigentum


WEG: Die Voraussetzungen für einen „Abmahnbeschluss“ (und Entziehung des Wohnungseigentums) bei rechtsmissbräuchlicher Rechtsausübung

BGH, Urteil vom 05.04.2019 - V ZR 339/17 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Direkt nach einer Wohnungseigentümerversammlung vom 31.08.2016, an der sie nicht teilnahmen,  forderten die Kläger die Verwalterin auf, ihnen eine Kopie aus der Beschlusssammlung bis 05.09.2016 zu überlassen und wiesen die Verwalterin drauf hin, dass diese, komme sie dem nicht nach, aus wichtigen Grund wegen Pflichtverletzung abberufen werden könne. Auf einer von den Klägern begehrten Eigentümerversammlung beschlossen die beklagten Mitglieder der WEG eine Abmahnung der Kläger, in der sie darauf hinwiesen, dass die Kläger es seit Jahren darauf anlegen würden, die jeweiligen Verwalter durch permanente Aufforderung zum Rücktritt und Ankündigung der Abwahl zu zermürben, womit sie es darauf anlegen würden, die Gemeinschaft in eine verwalterlosen Zustand zu treiben. Der Vorverwalter habe deshalb bereits seinen Vertrag nicht verlängert und eine Zerrüttung drohe nun auch mit der erst seit dem 01.01.2016 amtierenden neuen Verwalterin.

 

Die Klage, Berufung und auch (zugelassene) Revision der Kläger gegen diesen Abmahnbeschluss blieb erfolglos.

 

Die Klage sei zulässig. Auch wenn die Abmahnung durch die Verwalterin selbst oder einzelne Wohnungseigentümer hätte ausgesprochen werden können, ohne dass dies anfechtbar wäre (BGH, Urteil vom 19.01.2007 - V ZR 26/06 -), hätte die Eigentümer das Recht, die Abmahnung qua Beschluss auszusprechen und sei dieser Beschluss wie jeder andere Beschluss anfechtbar, auch wenn bei einer erfolgreichen Beschlussanfechtung die rechtliche Wirkung der Abmahnung nicht beseitigt würde, wenn der Beschluss den Anforderungen an eine Abmahnung entspräche.

 

Im Beschlussanfechtungsverfahren würde der Abnahmebeschluss lediglich darauf überprüft, ob die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung eingehalten worden seien, ob das abgemahnte Verhalten einen Entziehungsbeschluss rechtfertigen könnte und ob die Abmahnung hinreichend bestimmt sei. Die Prüfung der materiellen Richtigkeit der Abmahnung (ob also ein entsprechendes Verhalten tatsächlich vorlag) würde aber erst nach einem Entziehungsbeschluss in einem folgenden gerichtlichen Entziehungsprozess geprüft werden (BGH, Urteil vom 08.07.2011 - V ZR 2/11 -).  In diesem im Beschlussanfechtungsverfahren zu prüfenden Umfang sei der Beschluss nicht zu beanstanden.

 

Allerdings könne die Entziehung des Wohnungseigentums im Grundsatz nicht auf die Ausübung von Eigentümerrechten durch den betroffenen Wohnungseigentümer gestützt werden. Der einzelne Wohnungseigentümer habe, auch in Ansehung seines Anspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung (§ 21 Abs. 3 bis 5 WEG) das Recht, sich mit Anträgen an die Verwaltung zu richten, Anträge bei Wohnungseigentümerversammlungen zu stellen und gefasste Beschlüsse durch Anfechtung oder Beschlussersetzungsklage gerichtlich überprüfen zu lassen. Sein diesbezügliches Verhalten könne nicht zur Entziehung des Wohnungseigentums führen, da er ansonsten seine Rechte nicht unbefangen und effizient ausüben könne.

 

Die Geltendmachung von Eigentümerrechten könne aber rechtsmissbräuchlich sein und, wenn dieses Verhalten ein entsprechendes Gewicht habe, auch die Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 WEG rechtfertigen. Die Rechte des Wohnungseigentümers würden unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben  (§ 242 BGB) stehen. So könnte eine Beschlussanfechtungsklage, bei der der Eigentümer in Kenntnis des Verfahrensmangels zugestimmt habe, wegen widersprüchlichen Verhaltens rechtsmissbräuchlich oder mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig sein. Rechtsmissbräuchlichkeit könne aber auch in Ansehung der Ziele vorliegen (so für eine Vollstreckungsgegenklage, die prozessfremden Zielen diene, BGH, Urteil vom 21.10.2016 - V ZR 1/08 -; bei Klagen eines Aktionärs gegen Beschlüsse, nur um die Gesellschaft in eigennütziger Weise zu veranlassen, ihm Leistungen zu gewähren). Entsprechendes gelte für die Wahrnehmung von Eigentümerrechten, wenn diese zur Verfolgung von wohnungseigentumsfremder oder gar –feindlicher Ziele eingesetzt würden. Hier seien aber strenge Anforderungen zu stellen, da es um den Kernbereich der elementarer Mitgliedschaftsrechte ginge. Alleine die fehlende oder unzureichende Begründung einer Beschlussanfechtungsklage reiche nicht, ebenso wenig die der Umfang (wie zahlreiche Anfechtungsklagen). Auch auf den Erfolg dieser Klagen käme es nicht an. Rechtsmissbrauch läge auch nicht bei querulatorischen Anfechtungsklagen vor.

 

Vorliegend sei aber ein Rechtsmissbrauch anzunehmen. Nah dem Beschluss sollen es die Kläger seit Jahren darauf angelegt haben, die jeweiligen Verwalter durch Aufforderungen zum Rücktritt und Ankündigungen einer Abwahl versucht haben zu zermürben und die Gemeinschaft so in einen verwalterlosen Zustand zu treiben (die materielle Richtigkeit wurde nicht geprüft, da dies einem Entziehungsprozess vorbehalten bleibt). Damit stützen sich die Beklagten nicht auf ein Antrags-, Abstimmungs- oder Klageverhalten der Kläger als solchem sondern darauf, dass diese ihre Eigentümerrechte zur Destabilisierung der Wohnungseigentümergemeinschaft missbrauchen würden.

 

 

Ein derartiger Missbrauch könne die Entziehung des Wohnungseigentums  rechtfertigen, da es im diametralen Gegensatz zum Kernanliegen des WEG läge, welches in der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwaltung läge. Dieses Ziel würde nach der Konzeption des WEG im Regelfall nur durch die Bestellung eines Verwalters, insbesondere bei größeren Wohnungseigentümergemeinschaften wie hier, erreicht. Würden die Verwalter vergrault, würden die kontinuierliche Pflege, Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, die geordnete Aufbringung der zu dieser Verwaltung benötigten Mittel, die Erfüllung gemeinschaftlicher Verpflichtungen und das Zustandekommen der für die Verwaltung erforderlichen Beschlüsse nicht mehr gesichert sein. Lege es ein Wohnungseigentümer darauf an, missbrauche er seine Rechte zu wohnungseigentumsfeindlichen Zwecken und verletzte durch diese Instrumentalisierung seiner Rechte die ihm gegenüber den übrigen Eigentümern und der Gemeinschaft obliegenden Pflichten grob, was den übrigen Eigentümern nicht zumutbar sei und die Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertige. 

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

Die Revision gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21. November 2017 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

 

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger nahmen an einer Eigentümerversammlung am 31. August 2016 nicht teil und forderten die Verwalterin am Morgen nach der Eigentümerversammlung per E-Mail auf, ihnen eine Kopie der Sammlung der Beschlüsse vom Vortag bis zum 5. September 2016 zuzusenden. Für den Fall, dass die Verwalterin dem nicht nachkomme, wiesen sie auf die Möglichkeit einer Abberufung aus wichtigem Grund wegen Pflichtverletzung hin. Bei einer auf Betreiben der Kläger einberufenen außerordentlichen Eigentümerversammlung am 30. November 2016 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 4 einstimmig die folgende Abmahnung gegenüber den Klägern:

 

„Die Wohnungseigentümer W.      W. und E.   M. Ko.     haben bereits in den vergangenen Jahren mehrfach gegen die ihnen gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft bestehenden Verpflichtungen verstoßen. Insbesondere legen sie es seit Jahren darauf an, die jeweiligen Verwalter durch permanente Aufforderung zum Rücktritt und Ankündigung der Abwahl zu zermürben. Sie legen es so darauf an, die Gemeinschaft in einen verwalterlosen Zustand zu treiben. Die Hausverwaltung L.   und Partner GmbH hat ihren Vertrag mit der Gemeinschaft aus diesem Grund nicht mehr verlängert. Dies wiederholt sich jetzt in Bezug auf die erst seit dem 01.01.2016 amtierende Fa. A.      Immobilien KG. Auch hier droht die Zerrüttung. Unter diesen Umständen wird die Gemeinschaft nötigenfalls keinen neuen Verwalter mehr finden.

 

Dadurch entsteht allen Miteigentümern und der Gemeinschaft ein nicht unerheblicher Schaden.

 

Die Eigentümergemeinschaft respektiert, dass die Eheleute Ko.      seit Jahren nicht mehr zu Eigentümerversammlungen erscheinen. Sie wurden aber zeitnah und zutreffend auch über die Beschlüsse der ETV vom 31.08.2016 informiert. Sie haben auch fristgerecht eine umfangreiche Beschlussanfechtungsklage diesbezüglich erhoben, was ebenfalls den Respekt der Eigentümergemeinschaft erhält. Gleichwohl haben die Eheleute Ko.      nun unter Berufung auf eine nicht ordnungsgemäße Beschlusssammlung für den 30.11.2016 eine außerordentliche Eigentümerversammlung erzwungen.

 

Nach ihrem hierzu eingereichten Beschlussantrag Nr. 2 soll nun wegen ungenügender Beschlusssammlung beschlossen werden, den Vertrag mit der Verwalterin A.      Immobilien KG zum Ende des Probejahres zum 31.12.2016 zu beenden, falls die Verwalterin ihr Amt nicht bis zum 31. Dezember 2016 freiwillig niederlegen sollte.‘

 

Derartiges Vorgehen der Eheleute Ko.      ist ausschließlich destruktiv und für die Gemeinschaft schädlich. Nach dem Willen der Eheleute Ko.      soll die Eigentümergemeinschaft also ohne Verwalter sein.

 

Die Eheleute W.     W. und E.    M. Ko.     werden aufgefordert, sich im Rahmen der Ausübung ihrer Eigentümerrechte zu mäßigen. Bei Fortsetzung dieses missbilligten Verhaltens wird die Eigentümergemeinschaft in Bezug auf die Eheleute W.      W. und E.    M. Ko.      über die Einleitung des Verfahrens auf die Entziehung ihres Wohnungseigentums nach §§ 18 f. WEG entscheiden.

Die übrigen Eigentümer missbilligen dieses für die Gemeinschaft schädliche Verhalten und beschließen vor diesem Hintergrund, gegen die Wohnungseigentümer W.     W. und E.    M. Ko.     eine Abmahnung auszusprechen.“

 

Mit ihrer am 19. Dezember 2016 eingegangenen Anfechtungsklage haben die Kläger diesen Beschluss angefochten. In der Klageschrift haben sie ausgeführt, der angegriffene Beschluss sei nicht nur ordnungswidrig, sondern auch nichtig, da in ihre elementaren Rechte als Wohnungseigentümer eingegriffen werde, wobei es der Wohnungseigentümergemeinschaft insoweit bereits an der Beschlusskompetenz fehle. Im Anschluss daran haben sie einen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Februar 2004 (NJW-RR 2004, 877) auszugsweise wörtlich wiedergegeben.

 

Das Amtsgericht hat die Beschlussanfechtungsklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Kläger mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, möchten die Kläger weiterhin erreichen, dass der Beschluss über die Abmahnung für ungültig erklärt wird.

 

Entscheidungsgründe

 

I.

 

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der angefochtene Abmahnungsbeschluss weder nichtig noch für ungültig zu erklären. Entgegen der Auffassung der Kläger und anders als in dem zitierten Fall des Oberlandesgerichts Köln würden sie durch den Abmahnungsbeschluss nicht in unzulässiger Weise in ihren elementaren Rechten als Wohnungseigentümer beschnitten. Mit dem angefochtenen Beschluss sollten nämlich nicht die Möglichkeiten der Kläger, Beschlüsse der Wohnungseigentümer anzufechten, eingeschränkt werden. Sie sollten lediglich davon abgehalten werden, in rechtsmissbräuchlicher Weise die jeweilige Hausverwaltung durch permanente Aufforderungen zum Rücktritt und Ankündigungen von Abwahl aus dem Amt zu treiben. Der Beschluss sei auch nicht deshalb für ungültig zu erklären, weil das von den Klägern abzustellende Verhalten nicht hinreichend bestimmt beschrieben worden sei. Ein etwaiger Mangel der Bestimmtheit führe nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses; die fehlende Bestimmtheit hätten die Kläger innerhalb der Klage- und der Begründungsfrist nicht geltend gemacht. Der Abmahnungsbeschluss sei aber auch hinreichend bestimmt. Den übrigen Wohnungseigentümern gehe es nur darum, dass die Kläger von ihren Rechten lediglich in einem Umfang Gebrauch machten, wie es jeder besonnen und vernünftig denkende Miteigentümer auch tun würde. Sie hätten, was allerdings erst im gerichtlichen Entziehungsverfahren zu prüfen sei, allein im Zeitraum zwischen 2012 und 2016 in jedem Jahr aus nichtigen Gründen mindestens einen unbegründeten Antrag auf Abwahl der Verwaltung gestellt und dies in den meisten Fällen durch die vorangegangene Aufforderung an die Verwaltung, „freiwillig“ das Amt niederzulegen sowie durch E-Mails an die jeweiligen Verwaltungen und an die anderen Miteigentümer sowie weitere schriftliche Eingaben flankiert. Das entspreche nicht dem Verhalten eines vernünftig und besonnen denkenden Miteigentümers.

 

II.

 

Die Revision hat keinen Erfolg.

 

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Klage aus. Ein Abmahnungsbeschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG ist anfechtbar; das Rechtsschutzinteresse für eine Beschlussanfechtungsklage fehlt nicht deshalb, weil die Abmahnung auch durch den Verwalter oder durch einen einzelnen Wohnungseigentümer hätte ausgesprochen werden können (vgl. dazu: Senat, Urteile vom 19. Januar 2007 - V ZR 26/06, WM 2007, 664 Rn. 19, insoweit nicht in BGHZ 170, 369 abgedruckt und vom 8. Juli 2011 - V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 8) und eine solche Abmahnung nicht anfechtbar wäre (vgl. dazu: Senat, Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 26/06, aaO). Die Wohnungseigentümer haben das Recht, die Abmahnung durch Beschluss auszusprechen (Senat, Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 26/06, BGHZ 170, 369 Rn. 24). Machen sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, ist dieser Abmahnungsbeschluss wie jeder andere Beschluss der Wohnungseigentümer anfechtbar (BayObLG, NJW-RR 1996, 12, 13; AG Hannover, ZMR 2006, 402; LG München I, ZWE 2010, 411, 413; Heinemann in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 18 Rn. 24; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 18 Rn. 7; Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 18 Rn. 14; Abramenko, ZMR 2012, 73, 77). Entgegen einer vereinzelt vertretenen Auffassung (Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 18 Rn. 36) scheitert eine solche Klage auch nicht daran, dass sie die tatsächlichen Wirkungen des Beschlusses nicht beseitigen könnte und ihr deshalb das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt. Die tatsächliche Wirkung einer Abmahnung könnte ein aufgehobener Abmahnungsbeschluss nur haben, wenn er den Anforderungen an eine Abmahnung genügt (vgl. Senat, Urteile vom 19. Januar 2007 - V ZR 26/06, BGHZ 190, 369 Rn. 24 und vom 8. Juli 2011 - V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 8 für die Geltung eines aufgehobenen Entziehungsbeschlusses als Abmahnung). Ob ein Abmahnungsbeschluss, der allein wegen der Verletzung des bei der Beschlussfassung einzuhaltenden Verfahrens aufgehoben wird, als Abmahnung gewertet werden könnte, bedarf keiner Entscheidung. Denn in einem solchen Fall ergibt sich das Rechtsschutzinteresse des abgemahnten Wohnungseigentümers an der Anfechtungsklage daraus, dass auch ein solcher Beschluss ihn in seinem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verletzt (BayObLG NZM 2004, 383; vgl. zu diesem Gesichtspunkt allgemein: Senat, Urteile vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 13 und vom 2. Oktober 2015 - V ZR 5/15, ZfIR 2016, 29 Rn. 8). Deshalb lässt sich das Rechtsschutzinteresse an der Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen Abmahnungsbeschluss nicht verneinen.

 

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

 

a) Der angefochtene Abmahnungsbeschluss ist im Beschlussanfechtungsverfahren nur eingeschränkt, nämlich darauf überprüfbar, ob die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung eingehalten sind, ob das abgemahnte Verhalten einen Entziehungsbeschluss rechtfertigen kann und ob die Abmahnung hinreichend bestimmt ist. Die Prüfung der materiellen Richtigkeit der Abmahnung ist dagegen dem auf den Entziehungsbeschluss folgenden gerichtlichen Entziehungsprozess vorbehalten. Es liegt nicht anders als bei einer Beschlussanfechtungsklage gegen den an die Abmahnung anschließenden Entziehungsbeschluss nach § 18 Abs. 3 WEG (dazu: Senat, Urteil vom 8. Juli 2011 - V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 6 ff.).

 

Nach herrschender Meinung beschränkt sich die Überprüfung des Abmahnungsbeschlusses darauf, ob der Beschluss an formellen Mängeln leidet. Überwiegend wird mit dieser Formulierung aber keine Einschränkung des Gegenstands der formellen Prüfung, sondern nur zum Ausdruck gebracht, dass auch bei einer Klage gegen den Abmahnungsbeschluss keine Richtigkeitsprüfung stattfindet (BayObLG, NJW-RR 1996, 12, 13; LG Hannover, ZMR 2006, 723; BeckOK WEG/Hogenschurz [1.2.2019], § 18 Rn. 22; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 18 Rn. 7; jurisPK-BGB/Geiben, 8. Aufl., § 18 WEG Rn. 25; Then in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 18 Rn. 13 a.E.). Teilweise wird aber, darüber hinausgehend, angenommen, dass nur die Förmlichkeiten der Beschlussfassung, nicht aber die Anforderungen an eine Abmahnung zu überprüfen seien (Heinemann in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 18 Rn. 24; Soergel/Weber, BGB, 13. Aufl., § 18 WEG Rn. 26). Dem ist nicht zu folgen. Die Abmahnung entspricht - abgesehen von ihrer im Beschlussanfechtungsverfahren nicht zu prüfenden materiellen Richtigkeit - den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nur, wenn sie hinreichend bestimmt ist und ein Verhalten aufzeigt, das als solches einen Entziehungsbeschluss rechtfertigen kann (zu den Anforderungen: Senat, Urteil vom 8. Juli 2011 - V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 10; zum Bezug zur ordnungsmäßigen Verwaltung: Staudinger/Kreuzer, BGB [2018], § 18 WEG Rn. 38). Diese Anforderungen sind deshalb auch im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen Abmahnungsbeschluss zu prüfen (OLG Hamburg, OLGR 2004, 144; LG München I, ZWE 2010, 411, 413; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 18 Rn. 6b). Das führt auch nicht zu einer unnötigen Doppelprüfung. Zwar ist das Vorliegen einer den beschriebenen Anforderungen entsprechenden Abmahnung bei einer Anfechtung des nachfolgenden Entziehungsbeschlusses zu prüfen (Senat, Urteil vom 8. Juli 2011 - V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 10). Das betrifft aber nur den Fall, dass die Abmahnung nicht durch Beschluss der Wohnungseigentümer ausgesprochen worden ist. Ist sie durch Beschluss ausgesprochen worden und wird dieser Beschluss bestandskräftig, steht das Vorliegen einer gültigen Abmahnung sowohl für eine Anfechtung des Entziehungsbeschlusses nach § 18 Abs. 3 WEG als auch für das anschließende gerichtliche Entziehungsverfahren fest.

 

b) In diesem eingeschränkten Prüfungsumfang ist der angefochtene Abmahnungsbeschluss nicht zu beanstanden.

 

aa) Die Kläger wenden allerdings zu Recht ein, dass die Entziehung des Wohnungseigentums im Grundsatz nicht auf die Ausübung von Eigentümerrechten durch den betroffenen Wohnungseigentümer gestützt werden kann. Hierüber besteht im Anschluss an den von den Klägern zitierten Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Februar 2004 (NJW-RR 2004, 877) bezogen auf Beschlussanfechtungsklagen weitgehend Einigkeit (LG Stuttgart, NJW-RR 1997, 589; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 18 Rn. 20; BeckOK WEG/Hogenschurz [1.2.2019], § 18 Rn. 10; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 4. Aufl., § 3 Rn. 88; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 18 Rn. 12; Heinemann in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 18 Rn. 17; jurisPK-BGB/Geiben, 8. Aufl., § 18 WEG Rn. 21; NK-BGB/Schultzky, 4. Aufl., § 18 WEG Rn. 2; Riecke/Schmid/Riecke, WEG, 5. Aufl., § 18 Rn. 19; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 18 Rn. 3B; Soergel/Weber, BGB, 13. Aufl., § 18 WEG Rn. 11; Then in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 18 Rn. 4; Staudinger/Kreuzer, BGB [2018], § 18 WEG Rn. 21). Dem ist nicht nur für die Erhebung von Beschlussanfechtungsklagen, sondern auch für Anträge an die Verwaltung, Anträge auf der Wohnungseigentümerversammlung und die Wahrnehmung anderer Eigentümerrechte zuzustimmen. Der einzelne Wohnungseigentümer hat aufgrund seines Miteigentums am gemeinschaftlichen Eigentum und seines Sondereigentums, aber auch aufgrund seines Anspruchs auf eine ordnungsmäßige Verwaltung (vgl. § 21 Abs. 3 bis 5 WEG) das Recht, sich mit Anträgen an die Verwaltung zu wenden, bei der Wohnungseigentümerversammlung Anträge zu stellen und die gefassten Beschlüsse im Wege der Beschlussanfechtungs- bzw. der Beschlussersetzungsklage gerichtlich überprüfen zu lassen. Macht er hiervon Gebrauch, ist das nicht pflichtwidrig. Könnte sein Antrags- und Klageverhalten als solches Gegenstand einer Entziehungsklage sein, müsste der betroffene Wohnungseigentümer stets bedenken, wie die Wahrnehmung seiner Rechte bei den übrigen Wohnungseigentümern „ankommt“. Er müsste damit rechnen, dass ein Antrags-, Abstimmungs- oder Klageverhalten, das nicht auf die Zustimmung der Mehrheit der übrigen Wohnungseigentümer stößt, zum Gegenstand eines Entziehungsverfahrens gemacht werden und letztlich zur Entziehung seines Eigentums führen könnte. Im Ergebnis könnte er seine Rechte nicht mehr unbefangen und effizient wahrnehmen (vgl. OLG Köln, NJW-RR 2004, 877). Das entspricht nicht dem Zweck des Entziehungsverfahrens. Der Wohnungseigentümer wird, anders als das Berufungsgericht meint, weder dadurch, dass er Eigentümerrechte geltend macht, die ihm aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zustehen, noch dadurch, dass er von seinen Rechten nicht wie ein „besonnen und vernünftig denkender Miteigentümer“ Gebrauch macht, zum untragbaren „Störenfried“, dessen Entfernung aus der Gemeinschaft das Entziehungsverfahren nach § 18 WEG dient (vgl. dazu: Senat, Urteile vom 25. Januar 2018 - V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 Rn. 9 und vom 14. September 2018 - V ZR 138/17, ZfIR 2019, 147 Rn. 14).

 

bb) Die Geltendmachung von Eigentümerrechten durch einen Wohnungseigentümer kann aber rechtsmissbräuchlich sein und, wenn das rechtsmissbräuchliche Verhalten ein entsprechendes Gewicht hat, auch die Entziehung des Wohnungseigentums nach Maßgabe von § 18 WEG rechtfertigen.

 

(1) Auch die Rechte der Wohnungseigentümer stehen unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Das kann dazu führen, dass die auf einen Verfahrensmangel gestützte Beschlussanfechtungsklage, in dessen Kenntnis der Anfechtungskläger dem Beschluss zugestimmt hatte, wegen widersprüchlichen Verhaltens unbegründet (so Bärmann/Roth, WEG, 14. Aufl., § 46 Rn. 34) oder mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist (so BayObLG, NJW-RR 1992, 910, 911; OLG Karlsruhe, MDR 2003, 621 f.). Die Geltendmachung an sich gegebener Antrags-, Beschlussanfechtungs- oder anderer Rechte eines Wohnungseigentümers kann darüber hinaus aber auch, unabhängig von einem konkreten widersprüchlichen Verhalten, wegen der angestrebten Ziele rechtsmissbräuchlich sein. Anerkannt ist die Möglichkeit der rechtsmissbräuchlichen Ausübung an sich bestehender Rechte etwa für Gebote in der Zwangsversteigerung (Senat, Beschluss vom 17. Juli 2008 - V ZB 1/08, BGHZ 177, 334 Rn. 8 f.), für Vollstreckungsgegenklagen, die ausschließlich der Verfolgung prozesszweckfremder Ziele dienen (Senat, Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 230/15, WM 2016, 2381 Rn. 23), oder für die Beschlussanfechtungsklage nach § 246 AktG, die von vornherein (BGH, Urteil vom 22. Mai 1989 - II ZR 206/88, BGHZ 107, 296, 310 f.) oder im weiteren Verlauf (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1991 - II ZR 249/90, ZIP 1991, 1577, 1579) nur (noch) dazu dient, die Gesellschaft in eigennütziger Weise dazu zu veranlassen, dem anfechtenden Aktionär Leistungen zu gewähren, auf die er keinen Anspruch hat und auf die er billigerweise auch keinen Anspruch erheben kann. Entsprechendes gilt für die Wahrnehmung von Antrags-, Beschlussanfechtungs- und anderen Eigentümerrechten durch einen Wohnungseigentümer. Auch sie kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn solche Rechte zur Verfolgung wohnungseigentumsfremder oder gar -feindlicher Ziele eingesetzt werden.

 

(2) An das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs bei der Geltendmachung von Antrags-, Beschlussanfechtungs- und anderen Eigentümerrechte durch einen Wohnungseigentümer sind aber strenge Anforderungen zu stellen, weil es um einen Eingriff in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte des betroffenen Wohnungseigentümers (dazu allgemein: Senat, Urteil vom 10. Dezember 2010 - V ZR 60/10, ZfIR 2011, 321 Rn. 10) geht. Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs genügt es deshalb nicht, wenn der Wohnungseigentümer Beschlussanfechtungsklagen nicht oder nicht nachvollziehbar begründet (so aber inhaltlich: AG Bonn, Urteil vom 14. Januar 2011 - 27 C 246/09, juris Rn. 23, 32 ff. - „willkürliche“ Klagen) oder von seinen Rechten in großem Umfang, etwa durch die Erhebung zahlreicher Anfechtungsklagen, Gebrauch macht. Es kommt auch nicht darauf an, ob solche Klagen im Ergebnis Erfolg haben (in der Tendenz aber anders: LG Berlin, GE 1995, 1217 a.E., in casu offen gelassen). Ein Rechtsmissbrauch kann ferner bei „bloß“ querulatorischen Beschlussanfechtungsklagen nicht angenommen werden. Das gilt selbst dann, wenn sie einen Umfang angenommen haben, der, was die Instanzgerichte bislang aber, soweit ersichtlich nur in einem Fall angenommen haben (KG, NJW 1992, 1901, 1902 und OLG Düsseldorf, NJW 1997, 1079 betr. dieselbe Anlage) und der Senat bislang nicht entschieden hat, bei dem Verkauf einer Wohnung in der Anlage dem Erwerber auch ohne Nachfrage offenzulegen wäre (aM: Vandenhouten in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 18 Rn. 8 f.; Erman/Grziwotz, BGB, 15. Aufl., § 18 WEG Rn. 2 Buchstabe a). In all diesen Fällen könnte der betroffene Wohnungseigentümer nämlich nicht, jedenfalls nicht hinreichend sicher beurteilen, welche Wahrnehmung seiner verschiedenen Rechte zur Entziehung seines Wohnungseigentums führen soll. Als Grundlage für die Entziehung von Wohnungseigentum gemäß § 18 WEG kommt die Wahrnehmung von Antrags-, Beschlussanfechtungs- und sonstigen Eigentümerrechten deshalb nur in Betracht, wenn sie rechtsmissbräuchlich erfolgt, mithin, wenn sie ausschließlich einem wohnungseigentumsfremden oder -feindlichen Ziel - hier: der Herbeiführung eines verwalterlosen Zustands - dient und nach Intensität und Umfang ihrer Instrumentalisierung für solche Ziele den übrigen Wohnungseigentümern nicht mehr zuzumuten ist.

 

cc) Um einen solchen Rechtsmissbrauch geht es hier.

 

(1) Die Beklagten haben die Kläger zwar zu Beginn des letzten Absatzes ihres Abmahnungsbeschlusses dazu aufgefordert, sich „im Rahmen der Ausübung ihrer Eigentümerrechte zu mäßigen“. Das mit der Abmahnung verfolgte Sachinteresse ergibt sich aber nicht allein aus dieser zusammenfassenden Aufforderung, sondern vor allem aus dem ersten Absatz des Abmahnungsbeschlusses, in welchem die Beklagten beschreiben, was sie den Klägern vorhalten wollen, nämlich, dass diese es seit Jahren darauf anlegten, die jeweiligen Verwalter durch permanente Aufforderung zum Rücktritt und die Ankündigung einer Abwahl zu zermürben und die Gemeinschaft so in einen verwalterlosen Zustand zu treiben. Die beklagten Wohnungseigentümer stützen die angefochtene Abmahnung damit nicht auf das Antrags-, Abstimmungs- oder Klageverhalten der Kläger als solches, sondern darauf, dass diese ihre Eigentümerrechte zur Destabilisierung der Wohnungseigentümergemeinschaft missbrauchen.

 

(2) Ein solcher Missbrauch kann die Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen. Eine Destabilisierung der Wohnungseigentümergemeinschaft steht im diametralen Gegensatz zu Kernanliegen des Wohnungseigentumsgesetzes. Diese bestehen in der Sicherstellung einer ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 3 bis 5, § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 2 WEG) und in der Absicherung eines geordneten Zusammenlebens der Wohnungseigentümer (§§ 14, 15 WEG). Nach dem Grundkonzept des Wohnungseigentumsgesetzes sind diese Ziele im Regelfall nur durch die Bestellung eines Verwalters zu erreichen. Das Gesetz lässt es zwar zu, dass die Wohnungseigentümer von der Bestellung eines Verwalters absehen. Jedenfalls in einer größeren Wohnungseigentumsanlage wie der der Parteien werden die Wohnungseigentümer aber regelmäßig schon wegen des Umfangs der Aufgabe nicht in der Lage sein, selbst in der Anlage kontinuierlich nach dem Rechten zu sehen, die Eigentümerversammlungen und die erforderliche Beschlussfassung sachgerecht vorzubereiten und die gefassten Beschlüsse zügig und in der gebotenen Weise umzusetzen. Das wird regelmäßig nur durch die Bestellung eines Verwalters zu erreichen sein. In solchen Anlagen führt das Vergraulen des jeweiligen Verwalters letztlich dazu, dass sich kein Verwalter mehr findet, der diese Aufgabe übernehmen möchte. Im Ergebnis wären dann die kontinuierliche Pflege, Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums, die geordnete Aufbringung der zu dessen Verwaltung benötigten Mittel, die Erfüllung der gemeinschaftlichen Verpflichtungen und das Zustandekommen der für die Verwaltung erforderlichen Beschlüsse der Wohnungseigentümer nicht mehr gewährleistet. Ein Wohnungseigentümer, der es bei der Wahrnehmung seiner Eigentümerrechte darauf anlegt, die Gemeinschaft in einen solchen Zustand zu führen, missbraucht seine Rechte für einen wohnungseigentumsfeindlichen Zweck und verletzt durch diese Instrumentalisierung seiner Rechte die ihm gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft obliegenden Pflichten gröblich. Ein solches Verhalten ist den anderen Wohnungseigentümern nicht zumutbar. Es kann deshalb die Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen.

 

c) Der angefochtene Abmahnungsbeschluss ist hinreichend bestimmt.

 

aa) Das ergibt sich allerdings entgegen dem Hauptargument des Berufungsgerichts nicht schon daraus, dass die Kläger mit ihrem Einwand gegen die Bestimmtheit nach § 46 Abs. 1 WEG ausgeschlossen sind. Das Berufungsgericht nimmt zwar zutreffend an, dass die Nichteinhaltung des Bestimmtheitserfordernisses nicht zur Nichtigkeit eines Abmahnungsbeschlusses führt, sondern „nur“ zu seiner Anfechtbarkeit. Die Wohnungseigentümer handeln nämlich auch in einem solchen Fall nicht außerhalb der ihnen zugewiesenen Kompetenzen. Ihnen unterläuft vielmehr bei der Ausübung der ihnen mit § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG zugewiesenen Kompetenz ein sachlicher Fehler. Nicht erkannt hat das Berufungsgericht aber, dass die Kläger ihren Bestimmtheitseinwand schon in der Klageschrift angeführt haben. Er ergibt sich inhaltlich aus dem von ihnen zitierten Ausschnitt der Begründung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Köln. Darin wird ausgeführt, dass Wohnungseigentümer, die nach einem Abmahnungsbeschluss „das serienhafte Anfechten von Beschlüssen der Gemeinschaft unterlassen“ sollen, stets damit rechnen müssten, dass ihr Abstimmungs- und Klageverhalten zur Entziehung des Wohnungseigentums führe, sie also letztlich nicht beurteilen könnten, was sie genau unterlassen sollten. Das reicht zur Wahrung der Fristen des § 46 Abs. 1 WEG aus.

 

bb) Der Einwand der Kläger, der angefochtene Abmahnungsbeschluss genüge dem Bestimmtheitserfordernis nicht, trifft aber nicht zu. Der Beschluss ist hinreichend bestimmt.

 

(1) Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Abmahnung ergeben sich unabhängig davon, ob diese - wie hier - in Form eines Beschlusses der Wohnungseigentümer oder in Form eines Schreibens des Verwalters oder eines Wohnungseigentümers erfolgt, aus deren Zweck. Dieser besteht darin, dem Wohnungseigentümer ein bestimmtes, als Entziehungsgrund beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen, verbunden mit der Aufforderung, das Verhalten zur Vermeidung eines Entziehungsbeschlusses aufzugeben oder zu ändern (vgl. Senat, Urteile vom 8. Juli 2011 - V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 8 und vom 25. Januar 2018 - V ZR 141/17, NJW-RR 2018, 649 Rn. 10). Soll dem Wohnungseigentümer vorgehalten werden, dass er seine Eigentümerrechte zur Destabilisierung der Wohnungseigentümergemeinschaft missbraucht, darf sich die Abmahnung nicht auf die Beschreibung des Antrags-, Abstimmungs- oder Klageverhaltens des Wohnungseigentümers beschränken. Sie muss ihm vielmehr auch vor Augen führen, was die beanstandete Wahrnehmung der Eigentümerrechte rechtsmissbräuchlich macht und aus welchen konkreten Umständen der Missbrauch der Antrags-, Beschlussanfechtungs- oder sonstigen Eigentümerrechte abgeleitet wird. Dazu muss die Abmahnung die Vorgänge, die sie ausgelöst haben, nicht im Einzelnen auflisten und auch nicht beschreiben, welche konkreten Verhaltensweisen künftig Ausdruck des beanstandeten Rechtsmissbrauchs sein könnten. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn der abgemahnte Wohnungseigentümer der Abmahnung den gegen ihn erhobenen Missbrauchsvorwurf in seinem Wesenskern entnehmen und erkennen kann, an welcher Ausprägung seiner Rechtswahrnehmung dieser Vorwurf festgemacht wird. Das lässt sich auch, unter Umständen sogar besser, durch die Benennung eines oder mehrerer aussagekräftiger Beispielsfälle erreichen.

 

(2) Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Abmahnungsbeschluss.

 

Die Wohnungseigentümer haben das von den Klägern abzustellende, den Gemeinschaftsfrieden störende Verhalten in dem Abmahnungsbeschluss hinreichend deutlich benannt. Sie sehen es darin, dass die Kläger seit Jahren die jeweilige Verwaltung durch permanente Rücktrittsaufforderungen und Abberufungsankündigungen zermürben, ihnen die Verwaltung der Anlage der Parteien verleiden und es darauf anlegen, die Anlage in einen verwalterlosen Zustand zu führen. Sie haben ausdrücklich klargestellt, dass sie das Rechtsmissbräuchliche im Verhalten der Kläger nicht darin sehen, dass diese sich überhaupt mit begründeten oder nicht begründeten Anträgen an die Verwaltung wenden, Anträge zur Tagesordnung der Wohnungseigentümerversammlungen anmelden, ohne dann an den Versammlungen teilzunehmen, oder die auf den Versammlungen gefassten Beschlüsse (in großem Umfang) anfechten. Sie sehen das Rechtsmissbräuchliche an dem Verhalten der Kläger vielmehr darin, dass diese immer wieder ohne nachvollziehbaren oder auch nur erkennbaren Anlass Anliegen, die sie an den jeweiligen Verwalter der Anlage herantragen, mit Abberufungsankündigungen versehen, die jeweiligen Verwalter selbst dann zum Rücktritt auffordern, deren Abberufung beantragen und eine Beschlussfassung hierüber notfalls erzwingen, wenn ihre Anliegen seitens der Verwaltung erfüllt worden sind. In der Abmahnung zeigen sie auf, dass dieses Verhalten letztlich nur dazu führt, dass die jeweilige Verwaltung fortwährend ohne erkennbaren Anlass massiv und in einem Ausmaß kritisiert wird, welches einer Verwaltung nicht zugemutet werden kann.

 

Dieser Vorwurf wird in der Abmahnung durch zwei sehr aussagekräftige Vorgänge illustriert: Die bisherige Verwaltung, so heißt es gleich zu Beginn des Abmahnungsbeschlusses, habe die ihr angetragene Verlängerung des Verwaltervertrages gerade wegen der permanenten Aufforderungen der Kläger zum Rücktritt und deren ständigen Abberufungsankündigungen abgelehnt. Das den jeweiligen Verwalter Zermürbende wird an einem in der Abmahnung beispielhaft benannten Verhalten der Kläger erläutert: Die Kläger haben an der Eigentümerversammlung vom 31. August 2016 nicht teilgenommen. Sie haben von der Verwaltung mit einer am nächsten Morgen dort eingegangenen E-Mail unter Setzung einer Frist von drei Arbeitstagen die Übersendung von Kopien der Sammlung der auf der Eigentümerversammlung am Vortag gefassten Beschlüsse verlangt und diese darauf hingewiesen, dass sie wegen Verletzung ihrer Verpflichtung zur Führung der Beschlusssammlung abberufen werden könne, wenn sie ihrem Anliegen nicht entspreche. Sie haben dann die Abwahl der Verwaltung beantragt, obwohl diese ihrem Anliegen zeitnah entsprochen hat, und eine außerordentliche Eigentümerversammlung erzwungen, bei der über diesen Antrag abgestimmt werden sollte. Dieses Beispiel zeigt eingängig auf, worum es in der Abmahnung geht: Ein nachvollziehbarer Anlass, ihre Bitte um Übersendung einer Kopie der Sammlung der auf der Eigentümerversammlung am Vortag gefassten Beschlüsse mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Abberufung wegen unzureichender Führung der Beschlusssammlung zu versehen, war nicht erkennbar. Weshalb die Kläger, wie angekündigt, die Abberufung der Verwaltung beantragt und zur Beschlussfassung darüber auch eine außerordentliche Eigentümerversammlung beantragt haben, obwohl sie die erbetene Kopie zeitnah erhalten hatten, erschließt sich ebenfalls nicht. Die Kläger sollen mithin für sie erkennbar nicht von ernsthaften Anliegen, sondern lediglich von anlasslosen Angriffen gegen die Verwaltung abgehalten werden. Das geht aus den zitierten beiden Vorgängen hinreichend deutlich hervor. Einer weitergehenden Verbalisierung und Konkretisierung bedarf es deshalb nicht.

 

(3) Ob diese Vorwürfe zutreffen, ist, wie ausgeführt, nicht im Verfahren über die Anfechtung des Abmahnungs- oder des weiter erforderlichen Entziehungsbeschlusses gemäß § 18 Abs. 3 WEG, sondern in dem gerichtlichen Entziehungsverfahren zu prüfen.

 

III.

 

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.