Mietrecht


Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB: Nachweis des dem Vermieter entstehenden erheblichen Nachteils

BGH, Urteil vom 27.09.2017 - VIII ZR 243/16 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis über Wohnraum  gegenüber den Beklagten  und begründete die Kündigung damit, dass das Gebäude abgerissen werden solle, eine Abrissgenehmigung auch bereits vorläge. Auf dem Gelände solle ein Objekt mit Gewerberäumen zur Erweiterung eines Modegeschäfts, deren Geschäftsführerin die Klägerin sei, errichtet werden. Nur der Abriss mit der Neuerrichtung von Gewerberaum würde eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks ermöglichen.

 

Der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage wurde in den Vorinstanzen stattgegeben. Der BGH hat auf die zugelassene Revision der Beklagten das Urteil aufgehoben  und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Der BGH wies darauf hin, dass die von der Klägerin geltend gemachten Gründe eine Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht rechtfertigen könne. Es ermangele hier an dem erheblichen Nachteil, der ohne die Verwertungskündigung drohe. Die Frage des Nachteil sei vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und dem damit einhergehenden Bestandsinteresse des Mieters zu prüfen. Das Eigentum gewähre dem Vermieter vor diesem Hintergrund keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder Nutzung mit größtmöglichen Vorteil. Die Nachteile des Vermieters bei Versagung einer Verwertungskündigung dürften aber auch keinen Umfang annehmen, der die Nachteile des Mieters bei Verlust der Wohnung wesentlich übersteige. Eine Generalisierung sei nicht möglich, sondern auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es handele sich dabei um eine tatrichterliche Frage, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt geprüft werden könne.

 

Weder seien von dem Berufungsgericht tatsächliche Umstände festgestellt worden, die begründen könnten, dass die Klägerin mit der Verwertung langfristig Pachteinnahmen aus allen ihren Grundstücken zu sichern noch dafür, dass es sich bei der Erweiterung des Modegeschäfts um eine „existentielle Frage“ handele, noch sei von der Klägerin dazu etwas vorgetragen worden. Es würden insbesondere Feststellungen zu konkreten Nachteilen für die wirtschaftliche Situation der Klägerin fehlen. Eine vom Berufungsgericht vorgenommene pauschale Betrachtungsweise sei verfehlt, da dies letztlich dazu führe, dass der Vermieter zur bloßen Gewinnoptimierung nach Belieben verfahren könne.

 

Auch soweit seitens der Klägerin die Sicherung einer Schwestergesellschaft benannt worden sei, würde dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen können. § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB stelle auf den Vermieter ab, nicht auf ein mögliches Interesse eines Dritten. Damit unterscheide sich dieser Kündigungsgrund von der Eigenbedarfskündigung, mit der auch zugunsten eines bestimmten Personenkreises die Kündigung ausgesprochen werden könne.

 

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens könnten nur solche Gründe berücksichtigt werden, die der Vermieter in der Kündigungserklärung mitteilt. Die Interessen der Schwestergesellschaft seien nicht einmal in dem Kündigungsschreiben benannt worden.

 

 

Eine Zurückverweisung erfolgte, da sich das Landgericht mit anderen Kündigungsgründen (aus seiner Warte richtig) nicht auseinandergesetzt hat und dies nun nachzuholen hat.

 

Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen - 2. Zivilkammer - vom 13. Oktober 2016 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 29. November 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Beklagten schlossen am 1. Dezember 2012 mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Mietvertrag über eine rund 190 qm große 7-Zimmer-Wohnung in einem Wohn- und Geschäftshaus in St. Blasien für eine monatliche Nettomiete von 850 €. Weitere Räumlichkeiten waren an eine Ärztin und an einen Apotheker verpachtet. Die Klägerin erwarb das Anwesen im Jahr 2015 und trat dadurch in den Mietvertrag mit den Beklagten ein. Die Klägerin ist überdies Eigentümerin des mit Gewerberäumen bebauten Nachbargrundstücks, das sie an die S.  GmbH & Co. KG verpachtet hat, die dort ein Modegeschäft betreibt. Bei beiden Gesellschaften werden die jeweiligen Komplementärinnen von derselben Geschäftsführerin, Frau  K. , vertreten, die auch jeweils Alleingesellschafterin der Komplementärinnen ist.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2015 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ordentlich zum 30. September 2015. Darin heißt es zur Begründung der Kündigung:

"Das gesamte Gebäude soll abgerissen werden. Eine Abrissgenehmigung des Landratsamts Waldshut-Tiengen liegt bereits vor. Nach dem Abriss wird auf dem Grundstück ein Objekt mit Gewerberäumen erstellt zur Erweiterung des Modegeschäfts S.            , dessen Geschäftsführerin ich bin. Die Unterlagen für den Bauantrag werden derzeit vorbereitet.

Nur durch den Abriss und den Neubau von Gewerberäumen ist eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks möglich. Selbst unter Berücksichtigung der Investitionskosten ist durch die langfristige Verpachtung an die S.            GmbH & Co. KG ein deutlich höherer Ertrag zu erwirtschaften als bei Fortführung der bisherigen Mietverhältnisse.

Solange das Mietverhältnis mit Ihnen besteht, sind wir an einem Abriss des gesamten Objekts gehindert. Durch die Fortsetzung ihres Mietverhältnisses entsteht uns daher ein erheblicher Nachteil."

Darüber hinaus hat die Klägerin weitere, auf behauptete Vertragsverletzungen gestützte Kündigungen ausgesprochen.

Die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe gemäß § 546 Abs. 1, § 985 BGB zu. Mit der ausgesprochenen Kündigung sei das Mietverhältnis wirksam gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB beendet worden.

Die von der Klägerin gewünschte wirtschaftliche Verwertung beruhe auf vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen. Denn der Abriss und der geplante Neubau dienten der Vergrößerung der Geschäftsräume des von ihrer Schwestergesellschaft betriebenen Modegeschäfts S.      

Die im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorzunehmende Abwägung führe dazu, dass die der Klägerin bei Fortbestand des Mietverhältnisses mit den Beklagten entstehenden Nachteile weit höher zu gewichten seien als das Bestandsinteresse der Beklagten. Hierbei seien nicht nur die Belange der Klägerin, sondern - aufgrund der rechtlichen und persönlichen Verflechtung mit der S.  GmbH & Co. KG - auch deren Belange zu berücksichtigen. Frau  K.  sei sowohl Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Komplementärin der klagenden Gesellschaft als auch der Komplementärin der S. GmbH & Co. KG. Zudem seien beide Gesellschaften jeweils an der anderen beteiligt. Für die S.  GmbH & Co. KG stelle die Erweiterung ihrer Verkaufsfläche eine Existenzfrage dar, da sie mit der Ausweitung ihr Bestehen für die Zukunft sichere. Bei Fortbestand des Mietverhältnisses könne das Geschäft demgegenüber nicht ausgedehnt werden, was ein erheblicher Nachteil sei.

Die Klägerin müsse sich auch nicht darauf verweisen lassen, dass eine Erweiterung auf andere Weise möglich wäre. Denn die Erweiterung des Geschäfts durch die Verwendung des streitgegenständlichen Grundstücks stelle eine gut zu realisierende Möglichkeit dar, während die anderen Varianten mit wesentlich größeren Schwierigkeiten und Kosten verbunden seien. Da bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Nachteils der Klägerin auch die Belange der S.  GmbH & Co. KG zu berücksichtigen seien, könne insoweit auch dahinstehen, ob die Klägerin mit der Verpachtung des zu errichtenden Gebäudes tatsächlich höhere Pachteinnahmen als die derzeit vereinnahmten Beträge erzielen werde. Allerdings sichere sich die Klägerin mit der von ihr beabsichtigten Verwertung nicht nur langfristig die Pachteinnahmen bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks, sondern auch bezüglich jener Räumlichkeiten, die bereits an die S.  GmbH & Co. KG verpachtet seien.

Die Klägerin müsse sich auch nicht entgegenhalten lassen, dass sie das Anwesen aufgrund längerfristig bestehender Pachtverhältnisse derzeit ohnehin nicht abreißen könne. Es sei bereits fraglich, ob die Kausalität zwischen der Fortsetzung des Mietverhältnisses und der Verhinderung der Verwertung überhaupt dadurch ausgeschlossen werden könne, dass auch andere Pachtverhältnisse, die ebenfalls gekündigt seien oder gekündigt werden sollten, weitere Hindernisse darstellten. Dagegen spreche, dass ansonsten die Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertung bei größeren Einheiten erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich werde. Jedenfalls sei gegen die Pächterin einer Arztpraxis zwischenzeitlich ein Räumungsurteil ergangen, so dass in dem Anwesen kein längerfristiges Pachtverhältnis bestehe, welches einem Abriss entgegenstehen könne.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Mietverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Klägerin vom 29. Juni 2015 nicht beendet worden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die von der Klägerin geltend gemachten Gründe rechtfertigten eine Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, ist in mehrfacher Hinsicht von Rechtsfehlern beeinflusst.

1. Noch zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der geplante Abriss des Gebäudes, um ein Objekt mit Gewerberäumen zur Erweiterung des benachbarten Modegeschäfts zu errichten und auf diese Weise höhere Pachteinnahmen zu erzielen, eine angemessene wirtschaftliche Verwertung darstellt und von vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen getragen ist. Insbesondere handelt es sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht um eine mangels hinreichend konkretisierten Verwertungsinteresses unzulässige Vorratskündigung.

a) Der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB setzt zunächst voraus, dass der Vermieter durch das bestehende Wohnraummietverhältnis an einer wirtschaftlichen Verwertung "des Grundstücks", also an einer Realisierung des diesem innewohnenden materiellen Werts, gehindert ist, die in erster Linie durch Veräußerung oder Vermietung geschieht (Senatsurteile vom 24. März 2004 - VIII ZR 188/03, NJW 2004, 1736 unter II 1 a aa; vom 10. Mai 2017 - VIII ZR 292/15, NJW-RR 2017, 976 Rn. 24). Eine wirtschaftliche Verwertung liegt auch dann vor, wenn das Gebäude mit der Mietwohnung zunächst abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll, der dann veräußert - oder wie hier - vermietet beziehungsweise verpachtet werden soll (vgl. Senatsurteile vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, BGHZ 179, 289 Rn. 11; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, NJW 2011, 1135 Rn. 17).

b) Die von der Klägerin geplante wirtschaftliche Verwertung ist auch angemessen. Sie ist, wie das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen festgestellt hat, von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, aaO Rn. 17; vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, aaO Rn. 12).

c) Entgegen der Auffassung der Revision verfolgt die Klägerin ihre Verwertungspläne auch mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und plant deren alsbaldige Umsetzung, so dass es sich nicht um eine - unzulässige - bloße Vorratskündigung handelt.

Für die Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB hat der Senat bereits entschieden, dass ein noch unbestimmtes Interesse einer möglichen späteren Nutzung (sogenannte Vorratskündigung) nicht ausreicht. Vielmehr muss sich der Nutzungswunsch soweit "verdichtet" haben, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht (Senatsurteile vom 23. September 2015 - VIII ZR 297/14, NJW 2015, 3368 Rn. 22; vom 29. März 2017 - VIII ZR 44/16, WuM 2017, 342 Rn. 22; Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2016 - VIII ZR 300/15, NJW-RR 2017, 75 Rn. 19).

Für die Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB gilt nichts anderes. Auch insoweit ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob lediglich das - nicht ausreichende - noch unbestimmte Interesse einer möglichen späteren Verwertung besteht oder ob sich der Verwertungswunsch bereits soweit verdichtet hat, dass ein konkretes Interesse an der alsbaldigen Umsetzung der im Kündigungsschreiben dargelegten Pläne angenommen werden kann. Dass bei der Klägerin bezüglich des von ihr geplanten Abrisses und anschließenden Neubaus eine derartige konkrete Umsetzungsabsicht besteht, ist angesichts der von der Klägerin zur Umsetzung des geplanten Abrisses und anschließenden Neubaus ergriffenen Maßnahmen nicht ernstlich zu bezweifeln. Die Klägerin hat sich nach dem Erwerb des Grundstücks im Jahr 2015 im darauffolgenden Jahr um die Beendigung der bestehenden Pachtverhältnisse durch Kündigung oder einvernehmliche Aufhebung bemüht und das Mietverhältnis mit den Beklagten mit Schreiben vom 29. Juni 2015 unter Hinweis auf eine schon vorliegende Abrissgenehmigung und die bereits laufenden Vorbereitungen der Bauantragsunterlagen gekündigt. Die Verfahrensrügen, die die Revision in diesem Zusammenhang im Hinblick auf die Pachtverhältnisse bezüglich der Arztpraxis sowie der Apotheke erhoben hat, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung wird gemäß § 564 Abs. 1 ZPO abgesehen.

2. Mit Rechtsfehlern behaftet ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin drohten bei Fortbestand des Mietverhältnisses erhebliche Nachteile.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrags ein erheblicher Nachteil entsteht, vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) und damit des grundsätzlichen Bestandsinteresses des Mieters, in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt zu verbleiben, vorzunehmen. Das Eigentum gewährt dem Vermieter vor diesem Hintergrund - anders als das Berufungsgericht offenbar meint - keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder auf Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeit, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil verspricht. Denn auch das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und deshalb grundgesetzlich geschützt. Folglich begründet nicht bereits jeder aus dem Fortbestand des Mietverhältnisses dem Vermieter erwachsende wirtschaftliche Nachteil einen Anspruch des Vermieters auf Räumung der Mietwohnung (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, NJW 2017, 2018 Rn. 40).

Auf der anderen Seite dürfen die dem Vermieter entstehenden Nachteile jedoch auch keinen Umfang annehmen, welcher die Nachteile weit übersteigt, die dem Mieter im Falle des Verlustes der Wohnung erwachsen (Senatsurteile vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, aaO Rn. 14; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, aaO Rn. 19; vom 8. Juni 2011 - VIII ZR 226/09, NZM 2011, 773 Rn. 11; vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO; vom 10. Mai 2017 - VIII ZR 292/15, aaO Rn. 45). Insbesondere darf das Kündigungsrecht des Eigentümers bei einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht auf die Fälle andernfalls drohenden Existenzverlusts reduziert oder so restriktiv gehandhabt werden, dass die Verwertung als wirtschaftlich sinnlos erscheint (Senatsurteile vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO; vom 10. Mai 2017 - VIII ZR 292/15, aaO Rn. 45 mwN).

Diese im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB erforderliche Abwägung zwischen dem grundsätzlichen Bestandsinteresse des Mieters und dem Verwertungsinteresse des Eigentümers entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; sie lässt sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der konkreten Situation des Vermieters treffen (Senatsurteile vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, aaO Rn. 15; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10 aaO; vom 10. Mai 2017 - VIII ZR 292/15, aaO Rn. 31). Dabei handelt es sich um eine tatrichterliche Frage, die vom Revisionsgericht nur eingeschränkt dahin überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht die Wertungsgrenzen erkannt, die tatsächliche Wertungsgrundlage ausgeschöpft und die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat (Senatsurteile vom 28. Januar 2009 - VIII ZR 8/08, aaO; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 155/10, aaO; vom 8. Juni 2011 - VIII ZR 226/09, aaO Rn. 12; vom 10. Mai 2017 - VIII ZR 292/15, aaO).

b) Gemessen an den vorstehend angeführten Maßstäben hält die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung einer revisionsrechtlichen Überprüfung aus mehreren Gründen nicht stand.

Soweit das Berufungsgericht hinsichtlich des erheblichen Nachteils maßgeblich auf die Sicherstellung der Pachteinnahmen der Klägerin sowie auf die Erweiterung des von der Schwestergesellschaft betriebenen Modegeschäfts und die langfristige Sicherung der Existenzgrundlage dieses Unternehmens abstellt, fehlt es bereits an jeglichen tatsächlichen Feststellungen, die geeignet wären, eine solche Beurteilung zu tragen (dazu nachfolgend unter aa).

Zudem hat das Berufungsgericht grundlegend verkannt, dass eine Verwertungskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB erhebliche, beim Vermieter selbst eintretende Nachteile erfordert und die Berücksichtigung der Interessen eines davon personenverschiedenen Dritten (hier der "Schwestergesellschaft" der Klägerin) deshalb ausgeschlossen ist (dazu nachfolgend unter bb).

Schließlich hat das Berufungsgericht übersehen, dass gemäß § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB (soweit sie nicht nachträglich entstanden sind) nur die in der Kündigungserklärung angegebenen Kündigungsgründe - zu denen hier die nun geltend gemachte Existenzsicherung der "Schwestergesellschaft" gerade nicht gehört - berücksichtigt werden können (dazu nachfolgend unter cc).

aa) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass sich die Klägerin mit der beabsichtigten Verwertung langfristig die Pachteinnahmen aus allen in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken "sichere" und es sich bei der Erweiterung des Modegeschäftes um eine "existentielle Frage" handele. Tatsächliche Umstände, die diese Beurteilung tragen, sind jedoch nicht einmal ansatzweise festgestellt und von der Klägerin offenbar auch nicht vorgetragen. Insbesondere fehlen jegliche Feststellungen dazu, inwiefern bei der gegenwärtigen Lage (konkrete) Nachteile für die wirtschaftliche Situation der Klägerin zu besorgen sind. Die pauschale Betrachtungsweise des Berufungsgerichts läuft letztlich darauf hinaus, einen zur Kündigung berechtigenden Nachteil schon dann zu bejahen, wenn der Eigentümer einer vermieteten Wohnung mit dieser - im Interesse gewünschter Investitionen oder einer möglichen bloßen Gewinnoptimierung - nicht nach Belieben verfahren kann. Dies ist indes mit der gesetzlichen Regelung des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, der dem Eigentümer einer zu Wohnzwecken vermieteten Immobilie mit Rücksicht auf die Interessen des Wohnraummieters im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums Grenzen setzt und deshalb (konkrete) wirtschaftliche Nachteile voraussetzt, nicht vereinbar.

bb) Das Berufungsgericht ist zudem rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass bei der Abwägung im Rahmen der Verwertungskündigung auf Seiten der Klägerin auch die Belange der S. GmbH & Co. KG berücksichtigungsfähig seien.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB setzt ein berechtigtes Interesse des Vermieters voraus, dass der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert wäre und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Maßgeblich ist damit allein die Interessenlage des Vermieters und nicht, inwieweit bei Fortsetzung des Mietverhältnisses Belange Dritter berührt werden. Anders als bei der Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, bei der ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses (auch) besteht, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt, sind bei der Verwertungskündigung - im Rahmen der "erheblichen Nachteile" - mithin allein solche zu berücksichtigen, die dem Vermieter selbst entstehen.

Bei der S.  GmbH & Co. KG, die das Modegeschäft betreibt, handelt es sich aber um eine von der Klägerin, die die Immobilien hält, verschiedene Personengesellschaft. Die wirtschaftlichen Interessen dieser Personenhandelsgesellschaft sind daher im Rahmen der Abwägung im Rahmen einer Verwertungskündigung auf Seiten der Klägerin nicht zu berücksichtigen. Die persönliche und wirtschaftliche Verflechtung der beiden Gesellschaften ändert daran entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nichts. Insbesondere ergibt sich aus den von dieser angeführten "allgemeinen konzernrechtlichen Wertungen der §§ 17 ff. AktG" nichts Gegenteiliges. Diesen Vorschriften, die völlig andere Sachverhalte in den Blick nehmen, lässt sich eine für das Wohnungsmietrecht relevante Wertung nicht entnehmen. Auch auf die persönlichen Interessen von Frau K.     als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der jeweiligen Komplementärin beider Gesellschaften kann im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht abgestellt werden.

cc) Schließlich hat das Berufungsgericht übersehen, dass gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung nur die Gründe berücksichtigt werden können, die in der Kündigung angegeben worden sind; eine Ausnahme ist lediglich für nachträglich entstandene Gründe vorgesehen (§ 573 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Interessen der Schwestergesellschaft an einer Sicherung ihrer Existenzgrundlage sind aber in dem Kündigungsschreiben, das ausschließlich mit der Aussicht auf eine Steigerung der Mieteinnahmen der Klägerin begründet ist, nicht ansatzweise aufgeführt. Vielmehr ist darin als Kündigungsgrund lediglich angegeben, die Klägerin wolle durch den geplanten Neubau höhere Pachteinnahmen erzielen; insoweit handelt es sich aber um einen anderen Kündigungsgrund als die später geltend gemachte Sicherung der Existenzgrundlage des von der Schwestergesellschaft betriebenen Modegeschäfts.

Auf den von der Revisionserwiderung herangezogenen Tatsachenvortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 23. Februar 2016, an dem Gebäude müssten (nicht näher bezeichnete) Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, die neben dem Kapitaldienst der Erwerbskosten nicht aus den laufenden Mieteinnahmen finanziert werden könnten, kommt es schon deshalb nicht an, weil ein entsprechender Kündigungsgrund in der Kündigungserklärung nicht einmal angedeutet ist. Davon abgesehen wäre mit diesen pauschalen Angaben ein erheblicher Nachteil im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch nicht schlüssig dargelegt. Das Gleiche gilt für den von der Revisionserwiderung geltend gemachten Gesichtspunkt einer "einheitlichen Bewirtschaftung" der beiden Nachbargrundstücke der Klägerin, der im Übrigen in der Kündigungserklärung gleichfalls nicht angegeben ist.

3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die von der Klägerin erklärte Kündigung auch nicht nach der Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB begründet. Eine Kündigung nach der Generalklausel kommt nach der Rechtsprechung des Senats nur dann in Betracht, wenn die für die Kündigung maßgeblichen Gründe ebenso schwer wiegen wie die in § 573 Abs. 2 BGB beispielhaft aufgeführten Kündigungsgründe (Senatsurteile vom 9. Mai 2012 - VIII ZR 238/11, NJW 2012, 2342 Rn. 13; vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, aaO Rn. 24; vom 10. Mai 2017 - VIII ZR 292/15, aaO Rn. 35). Die Frage, ob insoweit die wirtschaftlichen Interessen einer von der Vermietergesellschaft verschiedenen, aber mit ihr verflochtenen "Schwestergesellschaft" ein berechtigtes Interesse von einem solchen Gewicht überhaupt begründen können, bedarf hier schon deshalb keiner Entscheidung, weil die Kündigungserklärung vom 29. Juni 2015 nicht auf gewichtige Interessen der Schwestergesellschaft gestützt wurde und im Übrigen mit der später erfolgten nur pauschalen Berufung auf eine "Sicherung der Existenzgrundlage" ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses ohnehin nicht ausreichend dargelegt ist.

III.

Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu den weiteren Kündigungen getroffen hat, die die Klägerin auf behauptete Vertragsverletzungen der Beklagten gestützt und mit der Anschlussberufung geltend gemacht hat. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.