Arzt- und Krankenhaushaftung


Ärztliche Dokumentation und Arzthaftung: Möglichkeit nachträglicher Veränderungen, die nicht dokumentiert werden

BGH, Urteil vom 27.04.2021 - VI ZR 84/19 -

Die Informationspflicht des Arztes umfasst nach § 630c Abs. 2 S. 1 BGB die Pflicht, dem Patienten in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung (und erforderlichen Falls im weiteren Verlauf ergänzend) sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die Diagnosen die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen.  Der Umfang der Dokumentationspflicht des Arztes wird in § 630f Abs. 2 BGB dahingehend festgehalten, dass in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen sind, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen, wie auch Arztbriefe in die Patientenakte aufzunehmen sind.  

 

Der Kläger verlangte wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung von der Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz. Die Beklagte, eine Augenärztin, habe bei der Untersuchung am 07.11.2013 einen Netzhautriss übersehen, da sie es versäumt habe, vor der Untersuchung eine Pupillenweitstellung zu veranlassen. Die Klage wurde von Landgericht und Oberlandesgericht abgewiesen. Auf die Revision erfolgte eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.

 

Zunächst verwies der BGH darauf, dass in § 630h Abs. 3 BGB  nicht die Dokumentationspflicht geregelt würde, sondern nur die Folgen einer fehlenden Dokumentation, wie sie in § 630f Abs. 2 BGB normiert sei. Nach § 630f Abs. 2 BGB seien aber nur die wesentlichen Maßnahmen und Ergebnisse aufzuzeichnen. Durch den Hinweis auf de „fachliche Sicht“ würde dies zum Ausdruck gebracht, weshalb weitergehende Anforderungen an die Dokumentation auch nicht gestellt werden könnten. Die fehlende Dokumentation über eine Kontrollbedürftigkeit der Beschwerden würde daher nicht nach § 630h BGB zur Beweislastumkehr führen.

 

Allerdings sei entgegen der Annahme der Vorinstanzen von einen Befunderhebungsfehler auszugehen. De Sachverständige habe festgestellt, dass bei den geschilderten Beschwerden durch den Kläger eine Untersuchung des Augenhintergrundes dringend geboten gewesen sei. Rechtsfehlerhaft seien die Vorinstanzen davon ausgegangen, der Kläger habe den beweis der unterlassenen Untersuchung nicht erbracht. Dabei würde von der Revision zutreffend gerügt, dass das Oberlandesgericht der mit einer  nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden Software erstellten elektronischen Dokumentation der Beklagten im Rahmen der Beweiswürdigung eine positive Indizwirkung beigemessen habe, nach der die Untersuchung des Augenhintergrundes unter Weitstellung der Pupillen erfolgt sei.

 

Elektronische Dokumente seien gemäß § 371 Abs. 1 S. 2 ZPO Gegenstand des Augenscheinsbeweises und ihr Beweiswert unterliege gem. § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO der freien Beweiswürdigung. Die bis zum Inkrafttreten des Patientenrechtsgesetzes vertretene Ansicht, auch bei elektronisch erstellten Dokumenten, die nachträglich nicht erkennbar verändert werden könnten, sei bei Plausibilität der volle Beweiswert gegeben, sei mit der Gesetzesänderung durch das Patientenrechtsgesetz in den §§ 630a ff BGB nicht mehr haltbar. Die elektronische Dokumentation, die nachträgliche Veränderungen nicht deutlich mache, genüge nicht den Anforderungen von § 630f Abs. 1 S. 2 und 3 BGB, da danach Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte nur zulässig seien, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen wurden. Ziel sei eine fälschungssichere Organisation der Dokumentation. Die Software müsse also gewährleisten, dass nachträgliche Änderungen erkennbar würden (BT-Drucks. 17/10488, S. 26).

 

Allerdings führe (anders als in einem Teil der Literatur vertreten) die Verwendung einer dies nicht kenntlich machende Software nicht zur Beweislastumkehr iSv. § 630h Abs. 3 BGB. Die beweisrechtliche Folge knüpfe nur daran, dass der Behandelnde eine notwendige Dokumentation  nicht aufgezeichnet bzw. in die Patientenakte aufgenommen habe. Der Fall, dass die elektronische Dokumentation mit einer nachträgliche Änderungen nicht aufzeigenden Software erstellt worden sei, würde in § 630h BGB nicht geregelt.

 

Jedenfalls aber käme der elektronischen Dokumentation mittels einer nachträgliche Änderungen nicht kenntlich machenden Software keine positive Beweiswirkung zugunsten des Arztes zu, wie vom Oberlandesgericht angenommen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass anders als bei handschriftlichen Aufzeichnungen Änderungen durch Streichungen, Radierung, Einfügung oder Neufassung nicht auffallen und diese Änderung bei der elektronischen Software jeder schnell durchführen könne, der eine Zugangsberechtigung habe, und zwar fast ohne Entdeckungsrisiko. Hinzu käme auch die Gefahr einer versehentlichen Löschung oder Änderung. Damit würde einer derartigen Dokumentation die für eine Überzeugungsbildung und Zuverlässigkeit erforderliche Indizwirkung fehlen.

 

Dies würde auch dann geltend, wenn wie hier mit dem Oberlandesgericht davon ausgegangen würde, dass der Kläger keine greifbaren Anhaltspunkte für eine nachträgliche Änderung der Dokumentation zu seinen Lasten dargelegt hat. Hier stünde der Patient außerhalb des Geschehensablaufs und sei regelmäßig nicht in der Lage, Anhaltspunkte für eine bewusste oder versehentliche nachträgliche Änderung vorzutragen.

 

 

Der Richter könne zwar diese elektronische Dokumentation mit bei der Beweiswürdigung berücksichtigen, müsse dies aber einer umfassenden und sorgfältigen, angesichts der fehlenden Veränderungssicherheit aber kritischen Würdigung unterziehen. Dies sei hier nicht erfolgt.

 

 

 

Tenor

 

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 6. Februar 2019 aufgehoben.

 

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

 

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.

 

Die Beklagte ist Fachärztin für Augenheilkunde und betreibt eine Augenarztpraxis. Im November 2013 traten beim Kläger plötzlich schwarze Flecken im linken Auge auf. Am 4. November 2013 rief er deshalb in der Praxis der Beklagten an und schilderte seine Beschwerden. Er erhielt einen Termin für den 7. November 2013 und wurde darauf hingewiesen, er möge eine Fahrbegleitung mitbringen, da eine Untersuchung unter Pupillenerweiterung erfolgen werde. Am 7. November 2013 wurde der Kläger von der Beklagten augenärztlich untersucht. Anschließend erklärte ihm die Beklagte, dass es sich bei den Beschwerden um eine altersbedingte Erscheinung infolge einer Glaskörpertrübung handle. Er müsse sich keine Sorgen machen. Ein Termin für eine Wiedervorstellung wurde nicht vereinbart. Am 14. Februar 2014 stellte ein Optiker bei einem Sehtest einen Netzhautriss fest, weshalb sich der Kläger am 18. Februar 2014 erneut bei der Beklagten vorstellte. Diese diagnostizierte eine Netzhautablösung und wies den Kläger darauf hin, dass es sich um einen Notfall handle und er sich sofort ins Krankenhaus begeben müsse. Nach einer Untersuchung im Krankenhaus in Oldenburg wurde der Kläger nach Bremen überwiesen und dort operiert. In der Folge traten Komplikationen auf und er erblindete auf dem linken Auge.

 

Der Kläger hat der Beklagten vorgeworfen, sie habe bei der Untersuchung am 7. November 2013 einen Netzhautriss übersehen. Sie habe versäumt, vor der Untersuchung eine Pupillenweitstellung zu veranlassen. Aus diesem Grund sei eine ordnungsgemäße Untersuchung des Augenhintergrunds nicht möglich gewesen. Sie sei durch ihren während der Behandlung im Behandlungszimmer spielenden Sohn abgelenkt worden, der ihr Bilder gezeigt und sie während der Behandlung angesprochen habe. Außerdem habe sie ihn nicht darauf hingewiesen, dass er sich bei weiteren Beschwerden erneut vorstellen und den Verlauf spätestens nach einem Jahr kontrollieren lassen müsse.

 

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

 

I.

 

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung zu. Behandlungsfehler der Beklagten könnten nicht festgestellt werden. Der Beklagten sei kein Befunderhebungsfehler vorzuwerfen. Dem Kläger sei der Beweis seiner Behauptung, die Untersuchung vom 7. November 2013 sei ohne eine vorherige Weitstellung der Pupillen erfolgt, nicht gelungen. Zwar habe der Kläger nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angegeben, dass seine Pupillen bei der Untersuchung vom 7. November 2013 nicht weit gestellt worden seien. Diese Angaben habe seine als Zeugin vernommene Ehefrau insoweit bestätigt, als sie bekundet habe, sie könne sich noch gut an den Termin erinnern. Es sei für sie schwierig gewesen, ihren Mann zu begleiten, da sie bei der Arbeit viel Stress gehabt habe. Tatsächlich sei dann aber der Kläger selbst zurückgefahren. Darüber habe sie sich seinerzeit gewundert. Die Weitstellung der Pupillen sei also offenbar nicht gemacht worden. Einschränkungen beim Fahren habe der Kläger nicht gehabt. Auch diese Aussage sei nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei.

Den Angaben des Klägers und seiner Ehefrau stehe aber entgegen, dass sich in der Dokumentation der Beklagten zum 7. November 2013 der Eintrag "Pup. in medikam. Mydriasis" finde. Zwar könne sich die Beklagte an die Untersuchung nicht erinnern. Der Dokumentation sei aber zu entnehmen, dass sie beidseits die vorderen Augenabschnitte und den Augenhintergrund nach einer Weitstellung der Pupillen untersucht habe. Der Umstand, dass die Beklagte zur Erstellung ihrer EDV-gestützten Dokumentation keine fälschungssichere Software verwendet habe, führe nicht dazu, dass der Dokumentation im Rahmen der Beweiswürdigung keine Bedeutung zukomme. Zwar verlange § 630f Abs. 1 BGB die Verwendung einer fälschungssicheren Software, welche die ursprünglichen Einträge erhalte und gegen Änderungen sichtbar mache. Eine EDV-Dokumentation ohne Sicherung gegen Veränderungen sei nicht mehr zulässig. Ihr komme nicht der Beweiswert zu wie einer herkömmlichen schriftlichen Dokumentation ohne Änderungen, selbst wenn sie medizinisch plausibel sei und der Arzt nachvollziehbar darlege, dass eine nachträgliche Veränderung nicht erfolgt sei. Die Verwendung einer nicht fälschungssicheren Software führe aber nicht zur Beweislastumkehr gemäß § 630h Abs. 3 BGB. Sie führe auch nicht dazu, dass der Dokumentation keine Indizwirkung zukomme. Der Gesetzgeber habe die Verwendung einer nicht fälschungssicheren Software bei der Dokumentation nicht mit der Folge einer Beweislastumkehr verknüpft. Weshalb dann, wenn der Patient keine greifbaren Anhaltspunkte dafür darlege, dass die Behandlungsdokumentation nachträglich zu seinen Lasten geändert worden sei, dem Vorhandensein einer im Übrigen ordnungsgemäßen Dokumentation keinerlei Indizwirkung zukommen sollte, sei nicht ersichtlich. Im Streitfall seien greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der entsprechende Eintrag erst nachträglich erfolgt sein könnte, nicht ersichtlich.

 

Ein Behandlungsfehler liege auch nicht in Gestalt einer unterlassenen Sicherungsaufklärung vor. Zwar sei es medizinisch geboten gewesen, den Kläger darüber aufzuklären, dass er sich bei einer Verschlechterung der Beschwerden sogleich bzw. nach Ablauf eines Jahres zu Kontrollzwecken bei einem Augenarzt vorzustellen habe. Eine unterbliebene Aufklärung wäre im vorliegenden Kontext als grob behandlungsfehlerhaft einzuordnen. Es könne aber nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die gebotene Belehrung unterlassen habe. Die Angaben der Parteien zu dieser Frage seien jeweils in sich widerspruchsfrei und inhaltlich nachvollziehbar. Es gebe keine Gründe, einer der Schilderungen mehr Glauben zu schenken als der anderen. Der Umstand, dass ein Hinweis auf die Kontrollbedürftigkeit nicht dokumentiert sei, rechtfertige nicht den Schluss, dass eine entsprechende Belehrung nicht erfolgt sei. Eine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten erfolge nämlich nur dann, wenn eine aus medizinischen Gründen dokumentationspflichtige Maßnahme nicht aufgezeichnet worden sei. Demgegenüber sei eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht erforderlich sei, auch aus Rechtsgründen nicht geboten. Eine Dokumentation der hier in Rede stehenden Sicherungsaufklärung sei aus medizinischen Gründen nicht veranlasst gewesen. Ihre Aufzeichnung sei ersichtlich für die weitere ärztliche Behandlung des Klägers ohne Bedeutung gewesen.

 

II.

 

Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Beurteilung nicht in jeder Hinsicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts können die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens nicht verneint werden.

 

1. Die Revision wendet sich allerdings ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei ein Behandlungsfehler in Gestalt einer unterlassenen therapeutischen Information des Klägers nicht vorzuwerfen.

 

a) Zutreffend und von der Revision als ihr günstig nicht beanstandet ist das Berufungsgericht auf der Grundlage der Ausführungen der Sachverständigen davon ausgegangen, dass die Beklagte den Kläger nach Abschluss der augenärztlichen Untersuchung vom 7. November 2013 auf die Notwendigkeit hinweisen musste, sich bei einer Verschlechterung seiner Beschwerden sofort, spätestens aber nach Ablauf eines Jahres zu Kontrollzwecken bei einem Augenarzt vorzustellen. Das Berufungsgericht hat diese Verpflichtung der Beklagten zu Recht aus § 630c Abs. 2 Satz 1 BGB abgeleitet, wonach der Behandelnde dem Patienten in verständlicher Weise sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen erläutern muss. In dieser Bestimmung sind die vom Senat entwickelten Grundsätze zur therapeutischen Aufklärung bzw. Sicherungsaufklärung kodifiziert worden (vgl. BT-Drucks. 17/10488, S. 21 re. Sp.; Senatsurteile vom 14. September 2004 - VI ZR 186/03, VersR 2005, 227, juris Rn. 13; vom 16. November 2004 - VI ZR 328/03, VersR 2005, 228, juris Rn. 7; vom 25. April 1989 - VI ZR 175/88, BGHZ 107, 222, juris Rn. 14, 17). Diese Grundsätze gelten inhaltlich unverändert fort; neu ist lediglich die Bezeichnung als Informationspflicht (BT-Drucks. 17/10488, S. 21 re. Sp. 2. Absatz).

 

Die in § 630c Abs. 2 Satz 1 BGB kodifizierte Pflicht zur therapeutischen Information ist Bestandteil der fachgerechten ärztlichen Behandlung. Sie soll den Erfolg der medizinischen Heilbehandlung durch begleitende Maßnahmen, insbesondere durch Information und Beratung des Patienten, sicherstellen (vgl. BT-Drucks. 17/10488, S. 21 re. Sp.; Senatsurteile vom 25. April 1989 - VI ZR 175/88, BGHZ 107, 222, juris Rn. 14, 17; vom 14. September 2004 - VI ZR 186/03, VersR 2005, 227, juris Rn. 13; vom 16. Juni 2009 - VI ZR 157/08, VersR 2009, 1267 f., juris Rn. 7 ff.). Hierzu zählt auch die Verpflichtung des Arztes, den Patienten über die Dringlichkeit etwa erforderlicher ärztlicher Maßnahmen in Kenntnis zu setzen und ihn auf die mit ihrem Unterbleiben verbundenen Risiken hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2020 - VI ZR 213/19, VersR 2020, 1052 mwN). Versäumnisse auf diesem Gebiet sind Behandlungsfehler und deshalb grundsätzlich vom Patienten zu beweisen (vgl. Senatsurteile vom 14. September 2004 - VI ZR 186/03, VersR 2005, 227, juris Rn. 13; vom 16. Juni 2009 - VI ZR 157/08, VersR 2009, 1267, juris Rn. 8).

 

b) Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, es lasse sich nicht aufklären, ob die Beklagte den Kläger in der gebotenen Weise informiert hat, die Beweisaufnahme habe insoweit ein "non liquet" ergeben.

 

c) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, wirkt sich dieses "non liquet" zum Nachteil des für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers beweisbelasteten Klägers aus. Die Revision kann nichts zu ihren Gunsten daraus herleiten, dass die Beklagte eine Information des Klägers, wonach er bei fortschreitenden Symptomen sofort einen Augenarzt einschalten müsse, in der Patientenakte nicht dokumentiert hat. Dieser Umstand führt nicht zu einer Beweislastumkehr gemäß § 630h Abs. 3 BGB.

 

aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, bei der therapeutischen Information handle es sich um eine "Aufklärung" im Sinne von § 630f Abs. 2 Satz 1 BGB und damit um einen generell aufzeichnungspflichtigen Umstand mit der Folge, dass dem Patienten unabhängig von der Frage, ob die Dokumentation aus medizinischer Sicht erforderlich war, eine Beweislastumkehr gemäß § 630h Abs. 3 BGB zugutekomme. Mit dem Begriff der Aufklärung im Sinne des § 630f Abs. 2 Satz 1 BGB ist lediglich die in § 630e BGB geregelte Selbstbestimmungsaufklärung, nicht hingegen die vom Senat bislang als therapeutische Aufklärung oder Sicherungsaufklärung bezeichnete therapeutische Information des Patienten gemeint. Der Gesetzgeber hat bewusst zwischen den in § 630c Abs. 2 Satz 1 BGB geregelten Informationspflichten und den in § 630e BGB kodifizierten Aufklärungspflichten differenziert und zur Verdeutlichung eine ausdrückliche begriffliche Unterscheidung eingeführt (BT-Drucks. 17/10488, S. 21 re. Sp. 2. Absatz).

 

bb) Aus dem Zweck der in § 630f BGB geregelten Aufzeichnungspflicht folgt nichts anderes. Wie die Revision zu Recht ausführt, dient die Dokumentation in Anknüpfung an die bisherige Senatsrechtsprechung in erster Linie der Sicherstellung wesentlicher medizinischer Daten und Fakten für den Behandlungsverlauf und damit der Therapiesicherung; durch die Aufzeichnung des Behandlungsgeschehens soll eine sachgerechte therapeutische Behandlung und Weiterbehandlung gewährleistet werden (vgl. BT-Drucks. 17/10488, S. 25 re. Sp., 26 li. Sp., S. 29 re. Sp.; Senatsurteile vom 2. Juni 1987 - VI ZR 174/86, NJW 1988, 762, juris Rn. 12; vom 23. März 1993 - VI ZR 26/92, VersR 1993, 836, juris Rn. 9; vom 6. Juli 1999 - VI ZR 290/98, VersR 1999, 1282 Rn. 13). Darüber hinaus soll die Dokumentation - insbesondere im Zusammenspiel mit dem Anspruch des Patienten auf Einsichtnahme in die Krankenunterlagen (§ 630g BGB) - gewährleisten, dass der Arzt seiner Rechenschaftspflicht genügt, die sich aufgrund des Kenntnisvorsprungs gegenüber dem Patienten vor allem als Informationspflicht darstellt (vgl. BT-Drucks. 17/10488, S. 26 li. Sp., S. 29 re. Sp.; Senatsurteil vom 27. Juni 1978 - VI ZR 183/76, BGHZ 72, 132, juris Rn. 28; BeckOK BGB/Katzenmeier, 57. Edition, BGB § 630f Rn. 4 mwN [Stand: 1. Februar 2021]; MünchKommBGB/Wagner, 8. Aufl., BGB § 630f Rn. 3).

 

Soweit in der Gesetzesbegründung als eine letzte Funktion der Dokumentation die "faktische Beweissicherung" genannt wird (BT-Drucks. 17/10488, S. 26 li. Sp. 1. Absatz), werden damit lediglich die im unmittelbar sich daran anschließenden Satz näher beschriebenen Auswirkungen eines Dokumentationsversäumnisses - die in § 630h Abs. 3 BGB geregelte Beweislastumkehr - charakterisiert, nicht hingegen der Umfang der Dokumentationspflicht bestimmt. Dieser ergibt sich vielmehr aus § 630f Abs. 2 BGB (vgl. BT-Drucks. 17/10488, S. 26 li. Sp. 4. Absatz; MünchKommBGB/Wagner, 8. Aufl., BGB § 630f Rn. 8; BeckOK BGB/Katzenmeier, 57. Edition, BGB § 630f Rn. 5, § 630h Rn. 48 [Stand: 1. Februar 2021]; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 202 f.; Wenzel/Weidinger, Patientenrechtegesetz, 2017, § 630f BGB Rn. 837, 857; Frahm/Walter, Arzthaftungsrecht, 7. Aufl., Rn. 297 ff.; jeweils mwN). Danach sind diejenigen für die Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, die aus der fachlichen Sicht des Behandelnden für die Sicherstellung der derzeitigen oder einer künftigen Behandlung wesentlich sind bzw. sein können (BT-Drucks. 17/10488, 26 li. Sp. 4. Absatz; Senatsurteil vom 2. Juni 1987 - VI ZR 174/86, NJW 1988, 762, juris Rn. 12). Hiermit sind ersichtlich solche Maßnahmen und Ergebnisse gemeint, deren Aufzeichnung geboten ist, um Ärzte und Pflegepersonal über den Verlauf der Krankheit und die bisherige Behandlung für ihre künftigen Entscheidungen ausreichend zu informieren (vgl. Senatsurteil vom 23. März 1993 - VI ZR 26/92, VersR 1993, 836, 837, juris Rn. 9; auch BT-Drucks. 17/10488, S. 26 li. Sp. 1. Absatz: "Dokumentation einer medizinisch wesentlichen Information oder Maßnahme"). Mit dem Hinweis auf die "fachliche Sicht" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung bei Verneinung eines medizinischen Erfordernisses eine Dokumentation auch aus Rechtsgründen nicht geboten ist (vgl. Katzenmeier in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 8. Aufl., IX Rn. 50; ders. in BeckOK BGB, 57. Edition, BGB § 630f Rn. 5, § 630h Rn. 48 [Stand: 1. Februar 2021]; MünchKommBGB/Wagner, 8. Aufl., BGB § 630f Rn. 1, 8; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 202 f.; Pauge/Offenloch, Arzthaftungsrecht, 14. Aufl. Rn. 506, 621; Frahm/Walter, Arzthaftungsrecht, 7. Aufl., Rn. 299; jeweils mwN; vgl. zur bisherigen Rechtsprechung: Senatsurteile vom 2. Juni 1987 - VI ZR 174/86, NJW 1988, 762, juris Rn. 12; vom 23. März 1993 - VI ZR 26/92, VersR 1993, 836, juris Rn. 9; vom 6. Juli 1999 - VI ZR 290/98, VersR 1999, 1282 Rn. 13; vom 22. Oktober 2009 - VI ZR 71/17, VersR 2020, 233 Rn. 9; OLG Koblenz, GesR 2017, 731 f., juris Rn. 21).

 

cc) Nach diesen Grundsätzen führt der Umstand, dass die Beklagte eine Information des Klägers über die Kontrollbedürftigkeit seiner Beschwerden nicht dokumentiert hat, nicht zu einer Beweislastumkehr. Die Revision hat keine Verfahrensrüge gegen die Feststellung des Berufungsgerichts erhoben, dass eine Dokumentation der geschuldeten therapeutischen Information im Streitfall aus medizinischer Sicht nicht erforderlich war.

 

2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei ein Befunderhebungsfehler nicht vorzuwerfen.

 

a) Nach den auf die Ausführungen der Sachverständigen gestützten Feststellungen des Berufungsgerichts war es angesichts der vom Kläger geschilderten Beschwerden in der konkreten Behandlungssituation zwingend geboten, eine Untersuchung des Augenhintergrunds unter Pupillenweitstellung vorzunehmen. Diese Feststellung nimmt die Revision als ihr günstig hin.

b) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht den Kläger als beweisbelastet dafür angesehen, dass diese medizinisch gebotene Untersuchung unterblieben ist und der Beklagten der behauptete Behandlungsfehler unterlaufen ist.

 

c) Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht aber zu der Annahme gelangt, der Kläger habe nicht bewiesen, dass die augenärztliche Untersuchung ohne eine vorherige Weitstellung der Pupillen erfolgt sei. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht der mit einer - nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden - Software erstellten Dokumentation der Beklagten im Rahmen der Beweiswürdigung eine positive Indizwirkung beigemessen hat.

 

aa) Grundsätzlich ist die Würdigung der Beweise allerdings dem Tatrichter vorbehalten. Dieser ist insbesondere grundsätzlich darin frei, welche Beweiskraft er Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor, wenn der Tatrichter Tatsachen Indizwirkungen zuerkennt, die sie nicht haben (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1991 - VI ZR 97/90, VersR 1991, 566, juris Rn. 13; vom 3. Februar 1998 - VI ZR 356/96, VersR 1998, 634, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935, juris Rn. 21).

 

bb) So verhält es sich im Streitfall. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht der mit einer - nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden - Software erstellten elektronischen Dokumentation der Beklagten eine Indizwirkung dahingehend beigemessen, dass die für den 7. November 2013 dokumentierte Untersuchung des Augenhintergrunds unter Weitstellung der Pupillen tatsächlich erfolgt ist.

 

(1) Elektronische Dokumente sind gemäß § 371 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gegenstand des Augenscheinsbeweises. Ihr konkreter Beweiswert unterliegt der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 371a ZPO, Rn. 1; BeckOGK/U. Walter, BGB § 630f Rn. 5 [Stand: 1. April 2020]; Wenzel/Weidinger, Patientenrechtegesetz, 2017, § 630f BGB Rn. 854; vgl. auch Senatsurteil vom 3. Februar 1998 - VI ZR 356/96, VersR 1998, 634, juris Rn. 10 f.).

 

(2) Bis zum Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes wurde einer elektronisch erstellten Dokumentation in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich auch dann, wenn sie nachträgliche Änderungen nicht sichtbar machte, der volle Beweiswert eingeräumt, sofern die Dokumentation medizinisch plausibel war und der Arzt nachvollziehbar darlegte, keine Änderungen vorgenommen zu haben (vgl. OLG Hamm, VersR 2006, 842, juris Rn. 16; OLG Oldenburg, MedR 2011, 163 juris Rn. 19; OLG Naumburg, GesR 2012, 762 juris Rn. 19: "kann bis zum Beweis des Gegenteils Glauben geschenkt werden"; OLG Köln, GesR 2012, 434 juris Rn. 46; OLG Frankfurt, Urteil vom 13. Januar 2015 - 8 U 141/13, juris Rn. 9; OLG Dresden, Beschluss vom 4. Januar 2018 - 4 U 1079/17, juris Rn. 10).

 

(3) Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat, ist diese Auffassung unter Geltung der mit dem Patientenrechtegesetz eingeführten §§ 630a ff. BGB nicht mehr haltbar. Eine elektronische Dokumentation, die nachträgliche Änderungen nicht erkennbar macht, genügt nicht den Anforderungen des § 630f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Nach diesen Bestimmungen sind Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen. Ziel dieser Neuregelungen ist es, eine fälschungssichere Organisation der Dokumentation sicherzustellen. Deshalb muss im Falle einer elektronisch geführten Patientenakte die eingesetzte Softwarekonstruktion gewährleisten, dass nachträgliche Änderungen erkennbar werden (BT-Drucks. 17/10488, S. 26 li. Sp. 3. Absatz; BeckOGK/U. Walter, BGB § 630f Rn. 4 ff. [Stand: 1. April 2020]; BeckOK BGB/Katzenmeier, 57. Edition, BGB § 630h Rn. 46 [Stand: 1. Februar 2021]; ders. in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 8. Aufl., IX Rn. 53; K. Schmidt in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 630f Rn. 40; Frahm/Walter, Arzthaftungsrecht, 7. Aufl., Rn. 307; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 204; Wenzel/Weidinger, Patientenrechtegesetz, 2017, § 630f BGB Rn. 852 f.; Martis/Winkhart-Martis, Arzthaftungsrecht, 5. Aufl. 2018, Rn. D 441, P 79; vgl. auch § 10 Abs. 5 MBO-Ä).

 

(4) Anders als in der Literatur zum Teil vertreten wird (BeckOK BGB/Katzenmeier, 57. Edition, BGB § 630h Rn. 46 [Stand: 1. Februar 2021]; Glanzmann in Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 3. Aufl., BGB § 630f Rn. 16; Martis/Winkhart-Martis, Arzthaftungsrecht, 5. Aufl. 2018, Rn. D 441), führt die Verwendung einer nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden Software allerdings nicht zur Vermutung des § 630h Abs. 3 BGB (so auch Wenzel/Weidinger, Patientenrechtegesetz, 2017, § 630f BGB Rn. 857). In dieser Bestimmung ist die bisherige Rechtsprechung zur Beweislastumkehr bei Dokumentationsversäumnissen kodifiziert worden. Im Einklang mit dieser knüpft sie beweisrechtliche Folgen nur daran, dass der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f BGB nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder die Patientenakte nicht aufbewahrt hat. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, erstreckt sich die Vermutung damit auf die unterbliebene, lückenhafte, nicht zeitnahe, nicht auffindbare oder entgegen § 630f Abs. 3 BGB nicht aufbewahrte Dokumentation (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 630h Rn. 6). Den Fall, dass die medizinische Maßnahme zwar elektronisch dokumentiert, die Dokumentation aber mit einer nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden Software erstellt wurde, regelt die Bestimmung dagegen nicht. Dies entspricht auch der Auffassung der Revision.

 

(5) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt einer elektronischen Dokumentation, die nachträgliche Änderungen entgegen § 630f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht erkennbar macht, aber auch keine positive Indizwirkung dahingehend zu, dass die dokumentierte Maßnahme von dem Behandelnden tatsächlich getroffen worden ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 13. Januar 2015 - 8 U 141/13, juris Rn. 9; K. Schmidt in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 630f Rn. 40; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 204; Glanzmann in Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 3. Aufl., BGB § 630f Rn. 16). Anders als bei der herkömmlichen hand- oder maschinenschriftlichen Dokumentation, bei der nachträgliche Änderungen durch Streichung, Radierung, Einfügung oder Neufassung regelmäßig auffallen, bietet die mit Hilfe einer - nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden - Software geführte elektronische Dokumentation jedem Zugriffsberechtigten die Möglichkeit, den bisher aufgezeichneten Inhalt in kurzer Zeit, mit geringem Aufwand und fast ohne Entdeckungsrisiko nachträglich zu ändern. Darüber hinaus besteht die Gefahr der versehentlichen Löschung oder Veränderung des Inhalts (Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 204). Einer solchen Dokumentation fehlt es an der für die Annahme einer Indizwirkung erforderlichen Überzeugungskraft und Zuverlässigkeit (vgl. Senatsurteile vom 3. Februar 1998 - VI ZR 356/96, VersR 1998, 634, 635, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935 juris Rn. 21; vgl. auch Senatsurteil vom 14. März 1978 - VI ZR 213/76, VersR 1978, 542, juris Rn. 25: "allgemeine Vertrauenswürdigkeit der Aufzeichnung"). Sie rechtfertigt nicht den ausreichend sicheren Schluss, die dokumentierte Maßnahme sei tatsächlich erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935 juris Rn. 21).

 

Anders als das Berufungsgericht meint, gilt dies auch dann, wenn der Patient keine greifbaren Anhaltspunkte dafür darlegt, dass die Dokumentation nachträglich zu seinen Lasten geändert worden ist. Einer elektronischen Dokumentation, die nachträgliche Änderungen entgegen § 630f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht erkennbar macht, fehlt es gerade deshalb an der Zuverlässigkeit, weil sie Veränderungen so zulässt, dass sie unbemerkt bleiben. Der Patient steht insoweit außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs. Er wird deshalb regelmäßig nicht in der Lage sein, Anhaltspunkte für eine - bewusste oder versehentliche - nachträgliche Abänderung der elektronischen Dokumentation vorzutragen. Bei dieser Sachlage erhöht der Umstand, dass es insoweit an Vortrag des Patienten fehlt, den Indizwert - die abstrakte Beweiskraft - der Dokumentation nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91, NJW 1993, 935 juris Rn. 21).

 

(6) Dies bedeutet nicht, dass eine elektronische Dokumentation, die nachträgliche Änderungen nicht erkennbar macht, bei der Beweiswürdigung vollständig unberücksichtigt zu bleiben hat. Sie bildet vielmehr einen tatsächlichen Umstand, den der Tatrichter bei seiner Überzeugungsbildung unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer umfassenden und sorgfältigen, angesichts der fehlenden Veränderungssicherheit aber auch kritischen Würdigung zu unterziehen hat (§ 286 ZPO).

 

(7) Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Zwar hat es die Dokumentation der Beklagten in einer Gesamtschau mit anderen für und gegen eine erfolgte Weitstellung der Pupillen sprechenden Umständen gewürdigt. Mit der Begründung, es seien keine greifbaren Anhaltspunkte für eine nachträgliche Veränderung ersichtlich, hat es der Dokumentation jedoch eine positive Indizwirkung und damit eine abstrakte Beweiskraft beigemessen, die ihr nach dem Vorstehenden nicht zukommt.

 

III.

 

 

Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).