Schadensersatz


Zur Räum- und Streupflicht des Vermieters im öffentlichen Bereich

BGH, Urteil vom 21.02.2018 - VIII ZR 255/16 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Der Kläger ist der Lebensgefährte des Mieters der Beklagten und wohnte mit dem Mieter in einer Wohnung der Beklagten in München. Nach der Satzung der Stadt München (der Streithelferin der Beklagten) oblag dieser im fraglichen Bereich die Räum- und Streupflicht.

 

Der Kläger machte gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend, da er anlässlich von Schneeglätte beim Verlassen des Hauses in dem nicht geräumten Bereich des öffentlichen Gehweges vor der Hauseingangstür am 17.01.2010 gegen 9.10 Uhr stürzte. Die Stadt München hatte zwar den Gehweg (häufiger) geräumt, aber nicht auf der ganzen Breite und nicht bis zur Schwelle des unmittelbar an den Gehweg angrenzenden Anwesens der Beklagten.

 

Die Klage und die Berufung des Klägers blieben erfolglos. Der BGH wies die Revision als  unbegründet zurück.

 

Grundsätzlich richtig sei die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten und seiner Lebensgefährtin abgeschlossenen Mietvertrages miteinbezogen worden sei. Allerdings würden vertragliche und auch deliktische Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte scheitern, da eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vorläge. Zwar sei der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zu dieser zu ermöglichen. Dazu gehöre auch die Erhaltungspflicht von Zugängen ebenso wie die Pflicht, diese in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten. Vor diesem Hintergrund sei der Vermieter verpflichtet, Wege auf dem Grundstück bis zum öffentlichen Straßenraum in den Wintermonaten zu räumen und zu streuen. Diese Verpflichtung würde den Eigentümer auch im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht dem Mieter gegenüber wie auch gegenüber anderen Personen, wie Besuchern und Lieferanten, obliegen.

 

Allerdings stürzte der Kläger im öffentlichen Bereich. Die Pflichten des Vermieters würden sich aber grundsätzlich nur auf das eigene Grundstück erstrecken. Dies würde auch für die allgemeine Verkehrssicherungspflicht gelten, wenn (wie hier) die Räum- und Streupflicht von der Gemeidne nicht auf den Eigentümer übertragen worden sei.

 

Die von der Revision vertretene Rechtsauffassung, die Räum- und Streupflicht würde selbst bei fehlender Übertragung derselben für den öffentlichen Bereich dem Eigentümer/Vermieter obliegen, und er müsse für einen ungehinderten Zugang zu dem geräumten Teil des Gehweges sorgen, teilt der BGH nicht. Der Vermieter habe für den öffentlichen Weg keine vertragliche Schutzpflicht übernommen noch eine Gefahrenquelle geschaffen. Der öffentliche Bereich sei einzig Sache der Gemeinde, die dies nicht an die Anlieger (Eigentümer) delegiert habe. Vergleichbar sei dies auch nicht mit dem Fall RGZ 165, 155; dort sei das vermietete Gebäude auf einem nicht erschlossenen Grundstück errichtet worden, und mangels eines (behelfsmäßigen) Zugangs vom Grundstück zur nächstbelegenen Straße habe eine besondere Gefahrensituation bestanden. Diese besondere Gefahrensituation läge hier nicht vor.

 

 

Im Übrigen würde die Revision verkennen, dass der Winterdienst auf öffentlichen Gehwegen nicht uneingeschränkt daran auszurichten sei, jedwede Gefahr des Ausgleitens von Fußgängern unter allen Umständen völlig auszuschließen. Der Fußgänger sei bei winterlichen Witterungsverhältnissen weiterhin verpflichtet, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen. Es sei anerkannt, dass auf Gehwegen nur eine Breite von 1 bis 1,20m zu räumen, wenn nicht (bei Haltestellen u.ä.) besonders stark frequentierte Bereiche vorliegen. Es sei auch nicht erforderlich, den Gehweg bis zum Gehwegrand zu (und damit zur Grenze des anschließenden Grundstücks) zu räumen. Der Fußgänger müsse sich darauf einstellen, ggf. einen gewissen Bereich ungeräumten Weges zu passieren. Lässt er dabei nicht die erforderliche Sorgfalt obwalten, verwirkliche sich das allgemeine Lebensrisiko.  

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München - 1. Zivilsenat - vom 6. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

 

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

 

Die Beklagte ist Eigentümerin eines Anwesens in München, in welchem eine Wohnung an die Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau des Klägers vermietet war.

 

Am 17. Januar 2010 herrschte Schneeglätte; der Kläger stürzte gegen 9.10 Uhr beim Verlassen des Mietshauses auf dem Kopfsteinpflaster des nicht geräumten Streifens des öffentlichen Gehwegs im Bereich des Grundstückseingangs vor dem Anwesen der Beklagten. Durch den Sturz zog er sich Frakturverletzungen am rechten Innenknöchel zu.

 

Für den Gehweg nimmt die Stadt München, Streithelferin der Beklagten, den Räum- und Streudienst wahr, § 12 der Verordnung über die Reinigung und Sicherung der öffentlichen Wege, Straßen und Plätze der Landeshauptstadt München (Straßenreinigungs- und -sicherungsverordnung) vom 20. Dezember 1990 (ABl. der Landeshauptstadt München 1990, S. 472 ff. - im Folgenden: Verordnung).

 

Die Streithelferin hatte den Gehweg mehrfach geräumt und gestreut, wenn auch nicht auf der ganzen Breite und auch nicht bis zur Schwelle des unmittelbar an den Gehweg angrenzenden Anwesens der Beklagten. Die Beklagte hatte keine Schneeräumarbeiten vorgenommen, weil sie sich dazu nicht verpflichtet sah.

 

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Zahlung materiellen Schadensersatzes in Höhe von 4.291,20 € und eines angemessenen Schmerzensgeldes, jeweils nebst Zinsen, sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfall geltend.

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

 

Die Revision hat keinen Erfolg.

 

I.

 

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

 

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergebe sich weder aus einer Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB noch aus einer Nebenpflichtverletzung aus dem Mietvertrag gemäß § 535 Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

 

Die Verkehrssicherungspflicht für den Gehweg, auf dem der Kläger gestürzt sei, habe der Streithelferin oblegen. Die Beklagte sei insoweit gemäß § 12 Abs. 1 der Verordnung von Reinigungs- und Sicherungsmaßnahmen befreit.

Nicht zu folgen sei der Ansicht des Klägers, die Befreiung der Anlieger erstrecke sich - zumindest nach Sinn und Zweck der Verordnung - nicht auf den Bereich des Gehwegs zwischen dem jeweiligen Hauseingang und dem von der Streithelferin (lediglich) zu räumenden Mittelstreifen des Gehwegs.

Selbst wenn die Beklagte nicht von der Verkehrssicherungspflicht für den Gehweg befreit gewesen wäre, hätte sie den Gehweg gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung nur in "ausreichender Breite" zu räumen gehabt. Die Räum- und Streupflicht sei nach der einschlägigen Rechtsprechung grundsätzlich auf die für den allgemeinen Fußgängerverkehr erforderliche Breite von 1 bis 1,20 Meter im mittleren Bereich der Gehbahn beschränkt. In diesem Bereich sei der Kläger jedoch unstreitig nicht gestürzt.

 

Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich auch nicht wegen Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag nach §§ 535, 280 Abs. 1 BGB.

 

Zwar müsse der Vermieter zum Schutz des Mieters und der in den Schutzbereich des Mietvertrags einbezogenen Personen - wie hier des Klägers als damaligem Lebensgefährten der Mieterin - bei Schnee- und Eisglätte den unmittelbaren Zugang zum Mietobjekt sichern. Die Sicherungspflicht sei aber in der Regel auf das Mietgrundstück beschränkt. Nur unter außergewöhnlichen Umständen umfasse sie auch eine zum Grundstück führende öffentliche Verkehrsfläche. Solche außergewöhnlichen Umstände lägen aber nicht vor.

 

Die Bejahung einer solchen Pflicht führte den Regelungsgehalt der Verordnung "ad absurdum". Denn dann müssten alle Vermieter innerhalb geschlossener Ortschaften ungeachtet der Beschränkung der Räum- und Streupflicht in jedem Fall auch die Anschlussstücke zum geräumten und gestreuten Teil des Gehweges selbst räumen. Ein Winterdienst auf Gehwegen könne jedoch nicht das Ziel haben, jede Gefahr des Ausgleitens für Fußgänger völlig auszuschließen. Einem Mieter und dessen Angehörigen sei es grundsätzlich zumutbar, zwischen der Grenze des gesicherten Mietgrundstücks und dem "in ausreichender Breite" geräumten und gestreuten Streifen auf dem öffentlichen Gehweg einen oder mehrere Schritte auf eigenes Risiko zu unternehmen.

 

II.

 

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.

 

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte wegen des Unfalls vom 17. Januar 2010 Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld weder aufgrund einer Verletzung mietvertraglicher Nebenpflichten (§ 280 Abs. 1, § 535 Abs. 1, § 253 BGB) noch wegen einer Verletzung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten (§ 823 Abs. 1, § 253 BGB) zu. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, war die Beklagte nicht verpflichtet, den von ihrer Streithelferin nicht geräumten Streifen des Gehwegs im Bereich des Grundstückseingangs zu räumen und zu streuen. Daher hat das Berufungsgericht sowohl die Zahlungs- als auch die Feststellungsklage zu Recht abgewiesen.

 

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten und seiner damaligen Lebensgefährtin geschlossenen Mietvertrags miteinbezogen war (vgl. hierzu nur Senatsurteil vom 10. Januar 1968 - VIII ZR 104/65, MDR 1968, 402 unter A 1 a), so dass grundsätzlich neben deliktischen Ansprüchen wegen Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht auch entsprechende vertragliche Schadensersatzansprüche (§ 280 Abs. 1, § 535 Abs. 1 BGB) in Betracht kommen.

 

2. Vertragliche Ansprüche des Klägers scheitern aber - ebenso wie deliktische Ansprüche - daran, dass der Beklagten eine Pflichtverletzung nicht zur Last fällt.

 

a) Allerdings ist der Vermieter aus dem Mietvertrag heraus verpflichtet, dem Mieter während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zur Mietsache zu gewähren (vgl. Senatsurteile vom 15. Juni 1988 - VIII ZR 183/87, NJW-RR 1989, 76 unter 3 a mwN; vom 15. Oktober 2008 - VIII ZR 321/07, NJW 2009, 143 Rn. 13). Die dem Vermieter obliegende Erhaltungspflicht erstreckt sich auch auf die nicht ausdrücklich mitvermieteten Hausteile wie Zugänge und Treppen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1966 - VIII ZR 93/64, NJW 1967, 154 unter 2 a; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. November 2006 - V ZR 46/06, NJW 2007, 146 Rn. 9) und insbesondere darauf, dass sich diese Räume und Flächen in einem verkehrssicheren Zustand befinden. Dazu gehört es grundsätzlich, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum in den Wintermonaten zu räumen und zu streuen (vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 1964 - VI ZR 212/63, VersR 1965, 364 unter 3; vom 12. Juli 1968 - VI ZR 134/67, VersR 1968, 1161 unter II 1; vom 26. Januar 1977 - VIII ZR 208/75, VersR 1977, 431 unter II; vom 15. Juni 1988 - VIII ZR 183/87, aaO; vom 22. Januar 2008 - VI ZR 126/07, NJW 2008, 1440 Rn. 11).

 

Die gleiche Pflicht trifft den Eigentümer eines Grundstücks im Übrigen auch im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) unter dem Gesichtspunkt der Eröffnung eines Verkehrs etwa gegenüber Mietern, Besuchern und Lieferanten.

 

b) Vorliegend ist der Kläger indes nicht auf dem Grundstück, sondern auf dem öffentlichen Gehweg gestürzt. Die dem Vermieter einer Wohnung gegenüber seinen Mietern obliegende Verkehrssicherungspflicht beschränkt sich jedoch grundsätzlich auf den Bereich des Grundstücks des Vermieters (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 13. Aufl., § 535 BGB Rn. 139; RGZ 165, 155, 159). Entsprechendes gilt für die allgemeine Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers, sofern die Räum- und Streupflicht für den öffentlichen Gehweg von der Gemeinde nicht auf die Eigentümer (Anlieger) übertragen worden ist. Insoweit hat das Berufungsgericht aber rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen hier allein bei der Streithelferin und nicht bei der insoweit vom Winterdienst befreiten Beklagten lag.

 

c) Dies nimmt die Revision zwar im Grundsatz hin, meint aber, dass für den von der Streithelferin nicht geräumten schmalen Streifen des Gehwegs im unmittelbaren Eingangsbereich (Hoftor) zum Grundstück der Beklagten etwas anderes zu gelten habe. Die Beklagte müsse jedenfalls ihren Mietern und den in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogenen Personen den sicheren Zugang zu und von der vermieteten Wohnung gewährleisten. Hieraus folgert die Revision, dass die Beklagte auch den von der Streithelferin nicht geräumten Teil des öffentlichen Weges an der Grundstücksgrenze hätte räumen und streuen müssen (so wohl auch Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 535 Rn. 350). Die Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers könne nicht an der Grundstücksgrenze enden, vielmehr müssten auch "Zugänge auf öffentlichen Flächen" gewissermaßen "als Bestandteile des Grundstücks im Sinne der Verkehrssicherungspflicht" angesehen werden, auf die sich die Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers und insbesondere des Vermieters regelmäßig erstrecke.

 

Damit dringt die Revision nicht durch. Sie verkennt, dass der Vermieter bezüglich des öffentlichen Gehwegs weder eine vertragliche Schutzpflicht übernommen noch eine - eine deliktische Verkehrssicherungspflicht auslösende - Gefahrenquelle geschaffen hat. Zuständig für die Sicherheit des öffentlichen Gehwegs ist hier allein die Gemeinde, die diese Pflicht nicht an den Anlieger und Vermieter delegiert hat. Vor diesem Hintergrund kann eine Ausweitung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters über die Mietsache hinaus allenfalls ausnahmsweise bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher - hier nicht gegebener - Umstände in Betracht kommen. Einen Rechtsfehler der vom Berufungsgericht insoweit vorgenommenen tatrichterlichen Würdigung zeigt die Revision nicht auf.

 

aa) Zwar hat das Reichsgericht in einer auch von der Revision angeführten Entscheidung (RGZ 165, 155) eine Ausdehnung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters in einem Fall angenommen, in dem das vermietete Gebäude auf einem noch nicht erschlossenen Grundstück errichtet worden war und für die Mieter mangels eines auch nur behelfsmäßigen Zugangs vom Grundstück zur nächstgelegenen Straße eine besondere Gefahrenlage bestand.

 

An einer solchen - zudem vom Vermieter verursachten - gesteigerten Gefahrenlage fehlt es hier aber. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger vom Grundstück der Beklagten lediglich einen schmalen Streifen des Gehwegs überqueren musste, um zu dem geräumten Bereich zu gelangen, also mit entsprechender besonderer Vorsicht allenfalls wenige Schritte zu gehen hatte. Dass das Berufungsgericht dies als zumutbar angesehen und eine "ergänzende" Räumungspflicht der Beklagten für das "Anschlussstück" des Gehwegs verneint hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

 

bb) Die Revision verkennt im Übrigen, dass der Winterdienst auf öffentlichen Gehwegen sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht uneingeschränkt danach auszurichten hat, jedwede Gefahr des Ausgleitens für Fußgänger unter allen Umständen völlig auszuschließen. Die Erwartung, bei winterlichen Witterungsverhältnissen ordnungsgemäß geräumte oder gestreute Wege vorzufinden, enthebt den Fußgänger nicht der eigenen Verpflichtung, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 8/03, NJW 2003, 3622 unter 4 c aa). Bezüglich des erforderlichen Umfangs des Winterdienstes sind neben der Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges und der Gefährlichkeit und Stärke des Verkehrs auch Gesichtspunkte der Zumutbarkeit für die Sicherungspflichtigen zu berücksichtigen (BGH, Urteile vom 23. Juli 2015 - III ZR 86/15, VersR 2016, 63 Rn. 10; vom 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11, NJW 2012, 2727 Rn. 10 mwN).

 

So ist es bei Gehwegen von der Rechtsprechung seit jeher als ausreichend erachtet worden, einen Streifen von 1 bis 1,20 m zu räumen, sofern nicht besondere Gefahrenstellen oder stark frequentierte Stellen wie Haltestellen und Bahnhöfe betroffen sind (vgl. zum Ganzen nur BGH, Urteile vom 13. Juli 1967 - III ZR 165/66, VersR 1967, 981 unter II 1 b; vom 27. Januar 1987 - VI ZR 114/86, NJW 1987, 2671 unter II 2 a; vom 9. Oktober 2003 - III ZR 8/03, aaO; OLG Nürnberg, NJW-RR 2002, 23; vgl. ferner BGH, Urteil vom 22. November 1965 - III ZR 32/65, NJW 1966, 202, 203). Insbesondere ist es regelmäßig nicht erforderlich, den Gehweg bis zum Gehwegrand (und damit bis zur Grenze des sich daran anschließenden Grundstücks) zu räumen (vgl. OLG Nürnberg, aaO). Hieraus ergibt sich, dass ein Fußgänger im Einzelfall auch eine kurze Distanz auf einem nicht geräumten Teil des Gehwegs zurücklegen muss (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1965 - III ZR 32/65, aaO; siehe auch BayObLG VersR 1991, 666, 667). Lässt er hierbei nicht die von ihm zu verlangende Sorgfalt walten, verwirklicht sich insoweit sein allgemeines Lebensrisiko (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05, NJW 2006, 2326 Rn. 7 f. [zum Austausch eines Glasausschnitts einer Zimmertür]; vgl. auch Senatsurteil vom 15. Oktober 2008 - VIII ZR 321/07, aaO Rn. 18 [zur Inspektion von Elektroleitungen]).

 

Die vorstehenden Maßstäbe hat das Berufungsgericht zugrunde gelegt und - wie bereits ausgeführt - eine Räum- und Streupflicht der Beklagten für die Unfallstelle rechtsfehlerfrei verneint; übergangener Sachvortrag wird von der Revision nicht geltend gemacht.