Reiserecht


Informationspflicht zu Witterungsverhältnisse am Zielort durch Reiseveranstalter ?

OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.08.2023 - 16 U 54/23 -

Die Klägerin hatte eine Minderung des Reisepreises geltend gemacht, da witterungsbedingt bei einer bei der Beklagten gebuchten Ecuadorrundreise (Festland) Sichtbeeinträchtigungen bestanden hätten. Das Landgericht hatte die Klage (mit Ausnahme für eine nicht durchgeführte Durchquerung einer Fledermaushöhle) abgewiesen; die Berufung der Klägerin wurde durch Beschluss gem. § 522 ZPO wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussichten zurückgewiesen.

 

Eine Informationspflicht des Reiseveranstalters zu Witterungsverhältnissen im Zielgebiet und damit zu damit einhergehenden Sichtbeeinträchtigungen habe nicht bestanden. Es würde die Möglichkeit bestehen, sich über die typischen Witterungsverhältnisse in einem Land zu bestimmten Jahreszeiten selbst zu informieren; hierüber müsse der Reiseveranstalter nicht aufklären. Das Internet biete eine kostenlose Möglichkeit, zudem (anders als eventuell Reiseführer) aktuelle Informationsmöglichkeit, zumal üblicherweise ein Reiseführer (der zudem zu bezahlen sei) regelmäßig erst nach der Entscheidung für ein Zielgebiet erworben würde.

 

Auch könne kein überlegener Wissensvorsprung des Reiseveranstalters eine Informationspflicht begründen, selbst wenn die Beklagte in Ecuador eine Reiseleitung unterhalte. So habe nach Angaben der Klägerin der Reiseleiter erklärt, dass die herrschenden klimatischen Verhältnisse im Dezember in Ecuador „normal“ seien, was zudem auch mit Angaben im Internet korrespondiere, wonach es in Ecuador in den nördlichen Küstenregionen mit tropischen Monsumklima eine ausgeprägte Regenzeit von Dezember bzw. Januar bis Mai und im Andenhochland zwar keine ausgeprägte Regenzeit gäbe, allerdings die Monate November bis Mai als die regenreichsten (mit häufigen Regen nachmittags) gelten würden. Das OLG verwies auf Wikipedia, wetter-atlas.de und wetterkontor.de.   In der Regenzeit könne es auch wiederholt zu Starkregen kommen, der auch länger anhalten könne und je nach damit verbundener Luftabkühlung mit starker Nebelbildung verbunden sein. Dies sei Mitgliedern des Senats bekannt, die zu Regenzeiten in Lateinamerika gewesen seien.

 

Damit ließe sich eine Beratungspflicht des Reiseveranstalters hinsichtlich örtlich üblicher Witterungsbedingungen im Reisemonat auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, dass es sich um eine recht hochpreisige Reise gehandelt habe. Bestimmend für den Reisepreis sei primär gewesen, dass es sich gemäß der Reisebeschreibung um eine exklusive Privatreise der Klägerin und ihres Mitreisenden gehandelt habe und die Flugreise als sogen. Gabelflug in der Business-Class (mit Ausnahme des Inlandfluges) erfolgt sei, weshalb auch eine Störung des Äquivalenzverhältnisses angenommen werden könne, wenn von der Klägerin eigene Recherchetätigkeiten im Hinblick auf Witterungsverhältnisse im Zielgebiet erwartet würden.

 

Auch der Umstand, dass die Beklagte mit Vertragsabschluss die ordnungsgemäße Durchführung der Reiseleitung versprach, trage nicht. Denn die Witterungsverhältnisse hätten der Erbringung der in der Reisebeschreibung benannten Programmpunkten (mit Ausnahme der Durchquerung der Fledermaushöhle, für deren Entfallen das Landgericht eine Minderung zuerkannt hatte) nicht entgegengestanden. Der Charakter einer beschriebenen Erlebnisreise sei erhalten geblieben.

 

 

In dem die Berufung zurückweisenden vorangegangenen Hinweisbeschluss vom 13.06.2023 wies das OLG darauf hin, dass zu witterungsbedingten Verhältnissen etwas anders gelten würde, wenn sich für den Reisezeitraum eine atypische, unvorhergesehenen Wetterlage abzeichne und auf die vereinbarte Reiseleistung auswirken würde (so die Durchführbarkeit geplanter Fahrten oder Wanderungen). Insoweit treffe den Reiseveranstalter eine Erkundigungs- und Umweltbeobachtungspflicht und daraus abgeleitet eine Informationspflicht gegenüber dem Reisenden. Das aber läge hier nach dem Vortrag der Klägerin nicht vor.

 

 

 

 Tenor

 

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15.3.2023 - Az. 2-24 O 102/22 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

 

I.

 

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 550 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

II.

 

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15.3.2023 ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

 

Der Senat verweist zunächst auf den Inhalt seines Hinweisbeschlusses vom 13.6.2023. Die dagegen von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.7.2023 erhobenen Einwände geben zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung.

 

1. Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass eine Informationspflicht der Beklagten über die Witterungsbedingungen im Zielgebiet und damit einhergehende Sichtbeeinträchtigungen nicht bestand.

 

a. Nicht zu folgen vermag der Senat der Argumentation der Klägerin, dass sich an der Informationslage von Reisenden und damit der Informationspflicht des Reiseveranstalters über die Klima- und Witterungsbedingungen in Ecuador angesichts der durch das Internet eröffneten Recherchemöglichkeiten nichts geändert hat gegenüber den bereits vor dem „Internetzeitalter“ zur Verfügung stehenden Reiseführern in Printform. Denn das Internet bietet dem Reisenden eine umfangreichere sowie aktuellere und zudem unentgeltliche Informationsquelle als ein Reiseführer, den der Reisende aufgrund der damit verbundenen Kosten nach allgemeiner Lebenserfahrung erst erwerben wird, nachdem er sich für ein bestimmtes Zielgebiet entschieden hat.

 

b. Ein den Reisenden gegenüber überlegener Wissensvorsprung der Beklagten, der eine diesbezügliche Informationspflicht begründen könnte, ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sie in Ecuador eine Reiseleitung unterhält. Denn dem Vorbringen der Klägerin zufolge bezeichnete der Reiseleiter die während ihrer Reise herrschenden klimatischen Verhältnisse für Mitte Dezember als „normal“. Diese korrespondierten auch mit den Angaben im Internet, wonach es in Ecuador in der nördlichen Küstenregion mit tropischem Monsunklima eine ausgeprägte Regenzeit von Dezember bzw. Januar bis Mai und im Andenhochland zwar keine ausgeprägte Regenzeit gibt, allerdings die Monate von November bis Mai als die regenreicheren gelten und es nachmittags häufig regnet (vgl. etwa Wikipedia, wetter-atlas.de oder wetterkontor.de). Dass in der Regenzeit auch wiederholt Starkregen auftreten kann, der unter Umständen auch länger andauern kann und je nach damit verbundener Luftabkühlung mit starker Nebelbildung verbunden ist (was naturgemäß zu Sichtbeeinträchtigungen führt), ist allgemein erwartbar und nicht ungewöhnlich, wie Mitgliedern des Senats, die ebenfalls schon während der Regenzeit Reisen nach Lateinamerika vorgenommen haben, bekannt ist.

 

c. Eine besondere Beratungspflicht der Beklagten hinsichtlich der üblichen Witterungsbedingungen im Reisemonat lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass es sich um eine recht hochpreisige Reise gehandelt haben mag. Bestimmend für die Höhe des Reisepreises war primär der Umstand, dass es sich laut Reisebeschreibung um eine exklusive Privatreise der Klägerin und ihres Mitreisenden handelte und die Flugreise als sog. Gabelflug in der Business-Class (mit Ausnahme des Inlandsfluges) erfolgte, so dass der Senat eine Störung des Äquivalenz-Verhältnisses nicht zu erkennen vermag, wenn von der Klägerin eigene Recherchetätigkeit in Bezug auf die typischen Witterungsbedingungen im Zielgebiet vor Buchung erwartet wird.

 

d. Soweit die Klägerin nunmehr erstmalig vorbringt, ihre Buchung sei auf den ihr auf ihre Bitte hin unterbreiteten Vorschlag der Beklagten für eine Rundreise für den Reisezeitraum 11.12.2021 bis 1.1.2022 und deren Zusicherung zurückgegangen, Ecuador sei zum Wunschtermin problemlos zu bereisen, ist sie mit diesem Vorbringen präkludiert.

 

Bestand mithin keine Informationspflicht der Beklagten, lassen sich aus deren Unterlassen auch nicht die von der Klägerin geforderten gewährleistungsrechtlichen Minderungsansprüche herleiten. Insoweit kommt auch keine - im Übrigen verspätet - geltend gemachte Minderungsquote wegen Informationspflichtverletzung in Betracht.

 

2. Ebenso wenig verfängt der Hinweis der Klägerin, dass der Reiseveranstalter mit Vertragsabschluss die ordnungsgemäße Durchführung der Reiseleistungen verspricht. Denn die im Zielgebiet herrschenden Witterungsverhältnisse standen der Erbringung der in der Reisebeschreibung aufgeführten Programmpunkte - mit Ausnahme der Durchquerung der Fledermaushöhle am 18.12.2021, wofür der Klägerin und ihrem Mitreisenden vom Landgericht eine Minderung zuerkannt wurde - nicht entgegen. Im Übrigen verweist der Senat auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss unter Ziffer 1 lit. b. Damit blieb auch der Charakter der gebuchten Reise als Erlebnisreise gewahrt.

 

3. Soweit die Klägerin nochmals darauf verweist, dass sie in ihrer Berufungsbegründung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug genommen hat, vermag dies einen Angriff gegen das erstinstanzliche Urteil und die darin vom Landgericht vorgenommene Bemessung der Minderung nicht zu begründen. Eine Auseinandersetzung mit den vom Landgericht angesetzten Minderungsquoten nimmt die Berufung nicht vor, sondern setzt lediglich die von ihr als angemessen empfundene Quote an Stelle der Bewertung seitens des Landgerichts, ohne konkrete Fehler aufzuzeigen.

 

Gleiches gilt in Bezug auf die Nichtinanspruchnahme der Kabine in der zweiten Übernachtung auf dem Katamaran. Eine Auseinandersetzung der Berufung mit der Begründung des Landgerichts, welches diesen Umstand neben der Lärmbelästigung nicht als weiteren Mangel gewertet hat, fehlt. Dass und aus welchen Gründen die vom Landgericht gegebene Begründung für seine Würdigung nicht vertretbar sei, hat die Berufung nicht dargelegt.

 

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713; 522 Abs. 3 ZPO; § 26 Ziff. 8 EGZPO.