Werkvertragsrecht


Schwarzgeldabrede –  Gründe für die Annahme einer solchen und die rechtlichen Folgen beim Werkvertrag

OLG Schleswig, Hinweisbeschluss vom 07.01.2019 - 7 U 103/18 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Kläger machten einen Vorschussanspruch zur Mängelbeseitigung gem. §§ 63Nr. 2, 637 BGB geltend. Das Landgericht wies die Klage ab, da der Werkvertrag nach § 134 BGB iVm. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig sei. Im Rahmen der Berufung wies das OLG die Kläger darauf hin, dass es gedenke, die Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit zurückzuweisen, da eine Nichtigkeit vorläge du diese zum Ausschluss von Gewährleistungsrechten führe (BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13 -).

 

§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG lautet

 

„Schwarzarbeit leistet, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei

                  …

                  2. als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten

                  nicht erfüllt,

                …“

 

und enthalte das Verbot, einen Werkvertrag abzuschließen, wenn die steuerpflichtige Vertragspartei ihre steuerlichen Pflichten nicht erfülle. Dieses Verbot würde („jedenfalls“) dann die Nichtigkeit des Werkvertrages begründen, wenn der steuerpflichtige Unternehmer vorsätzliche gegen die Pflicht verstößt, und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kenne und bewusst für sich als Vorteil nutze. Ein solcher Fall sei vorliegend im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO durch das Landgericht angenommen, ohne dass ein Verstoß gegen Denk- und Naturgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze erkennbar wäre.   

 

Die Kläger hatten eine Barzahlung in Höhe von € 3.860,00 zu Beginn der Arbeiten erbracht. Es sei unglaubhaft, dass es sich um eine Vorschusszahlung gehandelt habe. Zwar sei rechtlich die Barzahlung zulässig, allerdings in dieser Größenordnung  und im Hinblick auf die Gefahr beim Transport eines solchen Betrages eher ungewöhnlich, wobei hinzu komme, dass der Betrag extra bei der Bank abgehoben worden sei und unverständlich sei, weshalb nicht bei diesem ohnehin erfolgten Bankbesuch gleich eine Überweisung getätigt wurde. Hinzu käme, dass zwar über den Betrag eine Quittung ausgestellt worden sei, aber ohne Angabe des betreff und ohne Ausweisung der Mehrwertsteuer. Allerdings würde die Unredlichkeit der Kläger spätestens in Ansehung auf ihre fehlende Reaktion auf die Abrechnung vom 09.06.2015 deutlich, da dort nicht (wie ansonsten üblich) der Vorschuss vermerkt und abgezogen worden sei und darüber hinaus auch die berechnete Umsatzsteuer nicht den Betrag erfasse, der nach Quittung in bar gezahlt worden sei, der Rechnungsbetrag aber nur unter Berücksichtigung der Barzahlung überhaupt plausibel sei. Da die Quittung die Mehrwertsteuer nicht auswies, sei es eindeutig, dass die Umsatzsteuer verkürzt werden sollte. Ein redlicher Besteller, so das OLG, hätte die Rechnung bemängelt und die Aufnahme der Vorauszahlung sowie eines Umsatzsteuerausweises verlangt.  

 

 

Es könne auf sich beruhen, ob der Beklagte zwischenzeitlich die Barzahlung ordentlich verbucht habe. Zur steuerlichen Pflicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG gehöre auch die Vorauszahlungspflicht zur Umsatzsteuer nach § 18 UStG, der hier der Beklagte nicht rechtzeitig nachgekommen gewesen sei wäre.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

I.                   Die Kläger werden gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

 

II.                 Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.

 

III.               Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf 20.168,46 € festzusetzen.

 

Gründe

Die Berufung ist offensichtlich unbegründet. Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur auf eine Rechtsverletzung oder darauf gestützt werden, dass die gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigenden Feststellungen ein anderes als das landgerichtliche Ergebnis rechtfertigen. Beides liegt nicht vor. Denn das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

 

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Vorschussanspruch aus §§ 634 Nr. 2, 637 BGB zu. Denn der von den Parteien geschlossene Werkvertrag ist gemäß § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig.

 

§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn die steuerpflichtige Vertragspartei ihre aufgrund der Werkleistungen ergebenen steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Die Nichtigkeit des Werkvertrags führt dazu, dass Mängelansprüche des Bestellers grundsätzlich ausscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 1. 8. 2013 – VII ZR 6/13NJW 2013, 3167).

 

Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Landgericht hat die Behauptung des Beklagten als erwiesen angesehen, dass die Parteien im vorliegenden Fall eine Abrede getroffen haben, nach der der Beklagte einen Teil des Werklohns erhalten sollte, ohne die hieraus erwachsenden steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen.

 

Das ist nicht zu beanstanden. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) berechtigt das Gericht, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten, wobei der Richter lediglich an die Denk- und Naturgesetze sowie sonstigen Erfahrungssätze gebunden ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. § 286, Rn. 13). Dabei hat das Gericht seine Erkenntnisquellen im Rahmen der Beweiswürdigung nicht auf die Durchführung einer Beweisaufnahme zu beschränken, sondern den gesamten Inhalt der Verhandlung zu berücksichtigen, also auch den Sachvortrag der Parteien und die Würdigung von Parteibehauptungen (vgl. Zöller/Greger (a.a.O.), Rn. 14).

 

Ein Verstoß gegen diese Grundsätze ist nicht erkennbar. Aufgrund der vorliegenden Umstände hat das Landgericht zu Recht einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG angenommen.

 

Die unstreitige Barzahlung des Klägers zu 2) an den Beklagten über 3.860 € zu Beginn der Arbeiten ist zur Überzeugung des Senats nur so zu erklären, dass der Beklagte diesen Teil der Zahlung mit Billigung der Kläger nicht versteuern wollte.

 

Die Angabe der Kläger, hierbei habe es sich nach ihrem Verständnis um einen „Vorschuss“ gehandelt, ist ersichtlich eine Schutzbehauptung. Zum einen ist nicht plausibel, warum eine Zahlung dieser Größenordnung nicht mittels Überweisung erfolgt ist. Auch wenn Barzahlungen in dieser Höhe grundsätzlich rechtlich unproblematisch zulässig sind, haftet ihnen gleichwohl ein Risiko an, etwa des Verlustes auf dem Transportweg, das im Rechtsverkehr zumeist bei Beträgen dieser Größenordnung vermieden wird. Einen einleuchtenden Grund dafür, warum der Kläger zu 2), der nach seiner Darstellung das Geld „von der Bank“ geholt habe (Bl. 38 d. A.), nicht den Bankbesuch zur Überweisung des Betrags an den Beklagten nutzte, hat er nicht mitgeteilt.

 

Die Unredlichkeit der Kläger im Hinblick auf die Barzahlung wird spätestens mit ihrer Nichtreaktion auf die Abrechnung vom 9. Juni 2015 (Anlage K1) deutlich, weil dort zum einen nicht (wie bei Schlussrechnungen nach Vorschuss üblich) die Vorschusszahlung in Abzug gebracht wurde. Zum anderen geht aus der Rechnung hervor, dass der Umsatzsteuerbetrag nur auf eine Nettoauftragssumme von 6.027,14 € bezogen war. Die Kläger haben aber eingeräumt, dass der Rechnungsbetrag nur unter Berücksichtigung der Barzahlung plausibel war (Bl. 20 d. A.). Da die Quittung einen Mehrwertsteueranteil nicht aufwies, lag die Absicht der Verkürzung der Umsatzsteuer auf der Hand. Ein redlicher Besteller hätte im Wissen um die Barzahlung bei Kenntnisnahme der Rechnung remonstriert und um Aufnahme der Vorschusszahlung und Ausweisung des Umsatzsteueranteils gebeten. Dies taten die Kläger allerdings nicht.

 

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die vorgelegte Quittung über die Barzahlung nicht als entscheidendes Indiz bei der Beurteilung des Vorliegens einer Schwarzgeldabrede angesehen hat. Denn die Quittung (Anlage K8) enthält einen Mehrwertsteuerausweis gerade nicht und ebenso wenig einen Betreff. Sie ist mithin für die Dokumentation gegenüber Behörden und Finanzämtern offensichtlich ungeeignet. Der einzig plausible Zweck kann darin bestehen, dass damit im Verhältnis zwischen den Parteien im Streitfall eine Zahlung dokumentiert werden kann. Dazu passt auch die Erklärung des Klägers zu 2), er habe einen „Nachweis“ haben wollen. Dies beseitigt aber keineswegs den Zweck einer Schwarzgeldzahlung.

 

Ob der Beklagte die Barzahlung inzwischen ordnungsgemäß verbucht hat und seiner Steuerpflicht nachgekommen ist, ist unbeachtlich. Auch für Abschläge gilt die Rechnungslegungs- und Vorauszahlungspflicht des Unternehmers. Denn steuerliche Pflicht im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG ist auch die Vorauszahlungspflicht bei der Umsatzsteuer nach § 18 UStG (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 07.06.2016 - 24 U 152/15, BeckRS 2016, 112660, Rn. 61). Da der Beklagte für den Vorschuss keine Rechnung ausgestellt hat, ist er jedenfalls seiner Zahlungspflicht innerhalb des Voranmeldungszeitraums nicht nachgekommen.

 

 

Der beiderseitige Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG führt zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags gemäß § 134 BGB (vgl. Röttger, Zur Beurteilung von Bauverträgen bei Verdacht eines Verstoßes gegen das SchwarzArbG, SchlHA 2017, 127 und 128). Dass sich die Schwarzgeldabrede nur auf einen Teil des Rechtsgeschäfts bezog, ist ohne Bedeutung. Nach § 139 BGB ist ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft im Zweifel insgesamt nichtig, es sei denn, es wäre auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden. Dies kommt bei Werkverträgen nur dann in Frage, wenn den unter Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG erbrachten Arbeiten konkrete Einzelleistungen zugeordnet werden (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2014, VII ZR 241/13NJW 2014, 1805). Eine solche Abgrenzung haben die Parteien aber nicht vorgenommen.