Arbeitsrecht


Abfindungsvereinbarung und Zahlung vor Fälligkeit

BAG, Urteil vom 23.06.2016 – 8 AZR 757/14 -

Kurze Inhaltsangabe mit Anmerkung:

 

Es stellt sich nicht als Ausnahme dar, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses die Parteien eine Vereinbarung über eine vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu zahlende Abfindung vereinbaren und damit den Rechtsstreit eischließlich das Arbeitsverhältnis beenden. Doch auch hier sind Fallstricke zu beachten.

 

In dem Ausgangsverfahren hatten die Parteien am 19.04.2011 einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2011 enden solle, bis zu diesem Zeitpunkt das Gehalt weiter gezahlt werden sollte, aber der Kläger als Arbeitnehmer das Recht haben sollte, vorzeitig das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Weiter wurde eine Abfindung in Höhe von € 47.500,00 vereinbart, die „mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonats folgenden Kalendermonats ausbezahlt“ werden sollte. Der Kläger schied zum 31.12.2011 aus; die Beklagte zahlte die Abfindung zusammen mit dem Dezembergehalt aus, so dass es zur Gutschrift bei dem Kläger am 30.12.2011 kam.

 

Der Kläger begehrte nunmehr im Folgeverfahren von der Beklagten die Zahlung von € 4.655,72 zuzüglich Steuerberaterkosten mit der Begründung, die Zahlung im Dezember 20911 sei nach dem Vergleich verfrüht gewesen und habe durch die zu frühe Ausgleichung zu dem benannten Steuerschaden bei ihm geführt. Klage und Berufung blieben erfolglos. Das BAG wies auch die Revision zurück.

 

Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts, der das BAG folgt, haben die Parteien in dem Vergleich eine Fälligkeitsvereinbarung getroffen und keinen fixen Auszahlungstermin bestimmt. Damit aber greift die Auslegungsregel des § 271 Abs. 2 BGB, wonach zwar der Kläger die Zahlung der Abfindung nicht vor dem 31.12.2011 fordern konnte, die Beklagte sie aber gleichwohl vorher bewirken durfte. Für die Auslegung ist auf §§ 133, 157 BGB zurückzugreifen. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut, der hier nicht für die Auffassung des Klägers spricht, dass die beklagte erst mit Ablauf des 31.12. hätte zahlen dürfen. Weiterhin sind außerhalb der Vereinbarung liegende Umstände wie auch die Interessenslage zu berücksichtigen. Aus der Natur des Prozessvergleichs ergäbe sich nicht, dass der Kläger ein Interesse daran haben könnte, die Abfindung erst im Monat nach dem Vertragsende entgegen nehmen zu müssen. Auch wenn mit dem Vergleich ein gewisser Ausgleich geschaffen werden sollte, ergäbe sich daraus nur, dass zwischen der Abfindung und der Beendigung ein gewisser Zusammenhang bestand, nicht aber, dass eine vorzeitige Zahlung ausgeschlossen werden sollte. Auch gäbe es keine Verkehrssitte, wonach Abfindungen aus steuerlichen Gründen erst im Folgejahr gezahlt würden. Das BAG weist darauf hin, dass sich der steuerlich günstigste Zuflusszeitpunkt in der Regel auch nicht im Vorhinein bestimmen lasse, da dies von den individuellen Verhältnissen und Einkünften in den Jahren abhänge.

 

 

Anmerkung: Der Arbeitnehmer wird am ehesten prüfen und feststellen können, wann eventuell eine Zahlung der Abfindung für ihn am Günstigsten ist. Dies sollte er berücksichtigen und die entsprechenden Zahlungen im Rahmen des Vergleichs terminlich bindend unter Ausschluß einer Vorauszahlungsmöglichkeit fixieren.

 

Aus den Gründen:

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 23. September 2014 - 6 Sa 230/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Der Kläger war aufgrund Arbeitsvertrages vom 15. Februar 2001 bei der Beklagten, einem milchverarbeitenden Unternehmen, bzw. bei deren Rechtsvorgängerin seit dem 12. März 2001 als Sachbearbeiter Marketing beschäftigt. Unter Ziff. 11 des Arbeitsvertrages heißt es:

        

„Alle weiteren hier nicht geregelten Fragen richten sich nach dem Tarifvertrag für das Molkerei- und Käsereigewerbe in Bayern und den gesetzlichen Bestimmungen.“

Der „M a n t e l t a r i f v e r t r a g vom 15. 11. 1999 für die Arbeitnehmer in den Betrieben der Milchindustrie, für das Molkerei- und Käsereigewerbe sowie für die Arbeitnehmer in den Betrieben der Schmelzkäseindustrie in Bayern - gültig ab 1. 1. 2000 -“ (im Folgenden MTV) sieht in § 22 Nr. 2 für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher wegen unrichtiger Eingruppierung - eine Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit vor.

Mit Schreiben vom 10. März 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 30. Juni 2011 und stellte den Kläger mit sofortiger Wirkung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Der Kläger hat gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben und im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens seine Weiterbeschäftigung verlangt. Am 19. April 2011 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens zur Beendigung dieses Verfahrens sowie des Kündigungsschutzverfahrens einen Vergleich mit folgendem Inhalt:

        

„1.     

Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung vom 10.03.2011 mit Ablauf des 31.12.2011 sein Ende finden.

        

…       

        

        

3.    

Der Kläger wird bis zum Beendigungstermin unter Fortzahlung der regelmäßigen Vergütung in Höhe von 3.608,50 € von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Im Rahmen der Freistellung werden Zeitguthaben des Klägers angerechnet. Der Urlaub wurde dem Kläger in natura gewährt.

        

4.    

Während der Freistellung wird das Arbeitsverhältnis des Klägers ordnungsgemäß unter Zugrundelegung einer monatlichen Vergütung von 3.608,50 € abgerechnet und der sich daraus ergebende Nettobetrag an den Kläger monatlich ausbezahlt.

        

5.    

Der Kläger ist berechtigt, das Anstellungsverhältnis vor Ablauf des Beendigungstermins mit einer Ankündigungsfrist von 14 Tagen vorzeitig zu beenden. Eine vorzeitige Beendigung entspricht ausdrücklich dem Interesse und dem Wunsch des Arbeitgebers.

        

6.    

Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 47.500,-- € (i.W.: siebenundvierzigtausendfünfhundert EURO) brutto.

        

        

Die Abfindung erhöht sich für jeden vollen Monat des vorzeitigen Ausscheidens gemäß voranstehender Ziffer um 3.608,50 € brutto. Anteilige Monate werden anteilig berechnet.

        

7.    

Die Abfindung in Höhe von 47.500,-- € brutto ist sofort entstanden und vererblich. Die gesamte Abfindung wird mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonat folgenden Kalendermonats ausbezahlt.

        

…       

        

        

9.    

Mit Erfüllung dieses Vergleiches sind alle zwischen den Parteien bestehenden finanziellen Ansprüche, gleich ob bekannt oder unbekannt, gleich ob gegenwärtig oder zukünftig, gleich aus welchem Rechtsgrund, endgültig abgegolten und erledigt.

        

…       

        

        

12.     

Der Vergleich wird rechtswirksam, wenn er nicht von einer der Parteien durch schriftliche Erklärung widerrufen wird, die bis spätestens 21.04.2011 beim Arbeitsgericht Rosenheim in Rosenheim eingegangen sein muss.“

Der Vergleich wurde in der Folgezeit nicht widerrufen. Der Kläger machte von der Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung nach Ziff. 5 des Vergleichs keinen Gebrauch und schied zum 31. Dezember 2011 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus. Die Beklagte rechnete die vereinbarte Abfindung iHv. 47.500,00 Euro brutto zusammen mit dem Entgelt für den Monat Dezember 2011 ab und überwies den sich ergebenden Nettobetrag auf das Konto des Klägers, dem es am 30. Dezember 2011 gutgeschrieben wurde.

Mit Schreiben vom 27. März 2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Ersatz eines Steuerschadens iHv. insgesamt 4.655,72 Euro geltend. Mit seiner Klage verfolgt er dieses Begehren weiter. Zudem verlangt er von der Beklagten die Erstattung von Steuerberaterkosten iHv. 571,20 Euro.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei ihm zum Schadensersatz verpflichtet, da sie ihre Verpflichtungen aus dem Vergleich verletzt habe. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Abfindung bereits im Dezember 2011 auszuzahlen. Nach Ziff. 7 Satz 2 des Vergleichs habe die Zahlung vielmehr erst mit dem Gehaltslauf des auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Monats, dh. erst im Januar 2012 erfolgen dürfen. Die Parteien hätten in dem Vergleich einen festen Auszahlungstermin vereinbart und keine Fälligkeitsabrede getroffen. Insoweit sei bereits der Wortlaut des Vergleichs eindeutig. Im Übrigen sei es ihm mit der Verschiebung der Zahlung auf den Folgemonat seines Ausscheidens darum gegangen, die Abfindung bei einem Ausscheiden mit Ablauf des 31. Dezember 2011 erst im Jahr 2012 versteuern zu müssen. Aber selbst wenn von einer Fälligkeitsabrede auszugehen sein sollte, habe die Beklagte gegen ihre Verpflichtungen aus dem Vergleich verstoßen. Sie habe die Zahlung nicht vorfällig vornehmen dürfen, da dadurch seine rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt worden seien. Ihm bzw. seiner Ehefrau sei durch die Auszahlung der Abfindung noch im Kalenderjahr 2011 der von ihm geltend gemachte Steuerschaden entstanden. Zur Ermittlung des Schadens habe er einen Steuerberater einschalten müssen. Dessen Kosten habe die Beklagte ggf. auch zu ersetzen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.655,72 Euro nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.,

        

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 571,20 Euro nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, bei der Vereinbarung in Ziff. 7 Satz 2 des Vergleichs handele es sich um eine Fälligkeitsabrede, nicht aber um die Abrede eines fixen Zahlungszeitpunkts. Sie hat behauptet, Ziff. 7 Satz 2 des Vergleichs sei auf ihren Wunsch hin aufgenommen worden, um der Gefahr des Verzugs entgegenzuwirken. Nach Ziff. 5 des Vergleichs sei der Kläger berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des in Ziff. 1 des Vergleichs auf den 31. Dezember 2011 bestimmten Beendigungstermins mit einer Ankündigungsfrist von 14 Tagen vorzeitig zu beenden. Hätte der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, hätte sie die Abfindung aufgrund des Abrechnungsschlusses für diesen Monat nicht mehr berücksichtigen und demgemäß nicht fristgemäß auszahlen können. Soweit der vom Kläger geltend gemachte Schaden auf der steuerlichen Behandlung des Einkommens seiner Ehefrau beruhe, fehle es schon an der Aktivlegitimation des Klägers.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen.

I. Es kann dahinstehen, ob der Kläger berechtigt war, von der Beklagten Schadensersatz auch insoweit zu fordern, als der geltend gemachte Schaden auf der steuerlichen Behandlung des Einkommens seiner Ehefrau - sei es im Rahmen einer gemeinsamen oder einer getrennten Veranlagung - beruht. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger schon deshalb keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz nach dem hier als Anspruchsgrundlage ausschließlich in Betracht kommenden § 280 Abs. 1 BGB hat, weil die Beklagte ihre Pflichten aus dem Prozessvergleich vom 19. April 2011 nicht verletzt hatte, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte war berechtigt, die in Ziff. 6 des Vergleichs vereinbarte Abfindung bereits im Dezember 2011 an den Kläger auszuzahlen.

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Prozessvergleich vom 19. April 2011 bedürfe der Auslegung. Diese ergebe, dass die Parteien in Ziff. 7 Satz 2 des Vergleichs lediglich eine Fälligkeitsabrede getroffen und keinen fixen Auszahlungszeitpunkt vereinbart hätten. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers lasse sich dem Wortlaut von Ziff. 7 Satz 2 des Vergleichs kein eindeutiges Ergebnis entnehmen. Die Auslegung der Vereinbarung unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte, der Äußerungen der Parteien hierzu sowie deren Interessenlage sprächen für eine bloße Fälligkeitsabrede und damit gegen die Vereinbarung eines festen Auszahlungstermins. Vor diesem Hintergrund sei die Beklagte nach § 271 Abs. 2 BGB berechtigt gewesen, vor Fälligkeit zu leisten. § 271 Abs. 2 BGB sei anwendbar. Eine vorfällige Abfindungszahlung sei nicht gesetzlich ausgeschlossen. Ebenso liege keine dahingehende Parteibestimmung vor. Auch ein besonderes Interesse des Klägers an einer Leistung erst in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Monat sei nicht erkennbar.

2. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, wobei diese Überprüfung, soweit das Landesarbeitsgericht den Prozessvergleich vom 19. April 2011 ausgelegt hat, ohnehin eingeschränkt ist. Der Prozessvergleich vom 19. April 2011 enthält atypische und damit individuelle Erklärungen der Parteien. Die Auslegung solcher Willenserklärungen kann der Senat als Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (vgl. etwa BAG 23. Februar 2016 - 3 AZR 44/14 - Rn. 29; 19. November 2015 - 6 AZR 844/14 - Rn. 32).

a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Parteien im Prozessvergleich vom 19. April 2011 eine Leistungszeit bestimmt haben. Sie haben unter Ziff. 7 Satz 2 des Vergleichs vereinbart, dass die gesamte Abfindung mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonat folgenden Kalendermonats ausgezahlt wird.

b) Das Landesarbeitsgericht hat ferner zutreffend angenommen, dass diese Vereinbarung nach der in § 271 Abs. 2 BGB getroffenen Auslegungsregel (vgl. etwa BGH 25. Oktober 2006 - VIII ZR 23/06 - Rn. 10, BGHZ 170, 1) dahin auszulegen ist, dass zwar der Kläger die Abfindung nicht vor Ablauf des 31. Dezember 2011 verlangen, die Beklagte sie aber vorher bewirken konnte.

aa) Nach § 271 Abs. 2 BGB ist, sofern eine Leistungszeit bestimmt ist, im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner sie aber vorher bewirken kann. Diese Bestimmung ist vorliegend anwendbar, weil sich - wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat - weder aus dem Gesetz noch aus einer Vereinbarung der Parteien noch aus den Umständen (vgl. BGH 25. Oktober 2006 - VIII ZR 23/06 - Rn. 10 mwN, BGHZ 170, 1) ergibt, dass die Beklagte nicht berechtigt sein sollte, die Abfindung vor Fälligkeit zu zahlen.

bb) Da eine gesetzliche Bestimmung, die die Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber vor deren Fälligkeit ausschließt, nicht existiert, hat das Landesarbeitsgericht zunächst zu Recht geprüft, ob die Parteien mit der in Ziff. 7 Satz 2 des Prozessvergleichs bestimmten Leistungszeit zugleich einen festen Zahlungstermin, mithin nicht nur die Fälligkeit, also den Zeitpunkt, zu dem der Kläger die Abfindung verlangen konnte (zum Begriff der Fälligkeit vgl. etwa BAG 19. Februar 2014 - 5 AZR 700/12 - Rn. 22), sondern auch die Erfüllbarkeit der Forderung, mithin den Zeitpunkt, von dem ab die Beklagte leisten durfte (zum Begriff der Erfüllbarkeit vgl. etwa BGH 24. Juni 2002 - II ZR 256/01 - zu I 1 b der Gründe), vereinbart haben. Es ist nach Auslegung des Prozessvergleichs zu dem Ergebnis gelangt, dass die Parteien keine Vereinbarung des Inhalts geschlossen haben, dass die Beklagte nicht berechtigt sein sollte, die Abfindung vor deren Fälligkeit zu zahlen. Diese Auslegung hält einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle stand. Das Landesarbeitsgericht hat weder Auslegungsregeln verletzt, noch gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat die Auslegung des Prozessvergleichs zutreffend anhand der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB vorgenommen, wonach Verträge - und damit auch Prozessvergleiche - so auszulegen sind, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 21 mwN).

(2) In Anwendung dieser Auslegungsregeln ist das Landesarbeitsgericht zunächst vom Wortlaut der Ziff. 7 Satz 2 des Prozessvergleichs ausgegangen und hat angenommen, dass sich hieraus nicht eindeutig ergebe, ob die Zahlung der Abfindung „erst“ bzw. „frühestens“ oder „spätestens“ mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonat folgenden Kalendermonats erfolgen durfte. Diese Annahme begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist die in Ziff. 7 Satz 2 des Prozessvergleichs getroffene Vereinbarung schon deshalb nicht mit einer Abrede vergleichbar, nach der die Auszahlung eines Betrages zu einem bestimmten Termin zu erfolgen hat, weil sie sich nicht auf die Bestimmung eines Auszahlungstermins beschränkt, sondern an den regulären Gehaltslauf und damit an die monatliche Abrechnung anknüpft.

(3) Das Landesarbeitsgericht hat sodann geprüft, ob sich aus der Entstehungsgeschichte des Prozessvergleichs, den Äußerungen der Parteien hierzu sowie aus deren Interessenlage ergab, dass die Parteien - wie der Kläger meint - einen festen Auszahlungstermin, mithin auch die Erfüllbarkeit der Leistung durch die Beklagte vereinbart hatten und hat dies verneint.

Auch diese Annahme begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Interessenlage bzw. die (einseitigen) Vorstellungen einer Partei im Rahmen der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB überhaupt nur dann maßgeblich sein können, wenn sie für die andere Vertragspartei bei Vertragsschluss erkennbar waren (vgl. BAG 8. April 2014 - 9 AZR 856/11 - Rn. 27, 41 ff.; 21. September 2011 - 7 AZR 150/10 - Rn. 23; 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 21; 24. September 2003 - 10 AZR 34/03 - zu II 1 b der Gründe) und dass diese Voraussetzungen nicht vorlagen. Der Kläger hatte nicht vorgetragen, die Beklagte bei Vergleichsschluss auf sein Interesse hingewiesen zu haben, die Abfindung jedenfalls bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Dezember 2011 erst im Steuerjahr 2012 zu erhalten. Es sind auch keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer dieses Interesse des Klägers für die Beklagte sonst wie erkennbar gewesen wäre. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, war der Kläger nach Ziff. 5 des Vergleichs berechtigt, das Anstellungsverhältnis vor Ablauf des in Ziff. 1 des Vergleichs auf den 31. Dezember 2011 bestimmten Beendigungstermins mit einer Ankündigungsfrist von 14 Tagen vorzeitig zu beenden, weshalb sich die in Ziff. 7 Satz 2 des Vergleichs getroffene Vereinbarung auf das Jahr, in dem die Abfindung zu versteuern war, nur dann auswirken konnte, wenn der Kläger von der ihm nach Ziff. 5 des Prozessvergleichs eingeräumten Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses keinen Gebrauch machte. Dass er zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bereits entschlossen war, erst mit Ablauf des 31. Dezember 2011 aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden und dass die Beklagte von diesem Entschluss wusste, hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers begegnet die Auslegung des Prozessvergleichs durch das Landesarbeitsgericht auch nicht deshalb revisionsrechtlichen Bedenken, weil das Landesarbeitsgericht angenommen hat, es spreche alles für eine bloße Fälligkeitsvereinbarung und dies ua. damit begründet hat, es sei davon auszugehen, dass die Beklagte auf der Formulierung in Ziff. 7 Satz 2 des Vergleichs bestanden habe, um ein eigenes Verzugsrisiko auszuschließen. Selbst wenn das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang ein Bestreiten des Klägers übergangen haben sollte, kann der Kläger hieraus nichts zu seinen Gunsten ableiten. Für die Anwendbarkeit der in § 271 Abs. 2 BGB bestimmten Auslegungsregel ist es nämlich nicht entscheidend, ob mehr oder weniger für die Annahme einer reinen Fälligkeitsabrede spricht. Vielmehr würde eine Anwendung von § 271 Abs. 2 BGB nur dann ausscheiden, wenn die Parteien im Prozessvergleich vereinbart hätten, dass die Beklagte nicht berechtigt sein sollte, die Abfindung vor Fälligkeit zu zahlen. Eine solche Vereinbarung hat das Landesarbeitsgericht aber in zutreffender Anwendung der in §§ 133, 157 BGB bestimmten Auslegungsgrundsätze gerade nicht angenommen.

cc) Das Landesarbeitsgericht hat schließlich auch zu Recht angenommen, dass sich auch aus den Umständen nicht ergab, dass § 271 Abs. 2 BGB nicht anwendbar sein sollte.

(1) Ein Ausschluss von vorfälligen Leistungen ergibt sich aus den Umständen, wenn die Leistungszeit nicht nur im Interesse des Schuldners hinausgeschoben ist, sondern wenn auch der Gläubiger ein rechtlich geschütztes Interesse daran hat, die Leistung nicht vor Fälligkeit entgegennehmen zu müssen (vgl. etwa BGH 25. Oktober 2006 - VIII ZR 23/06 - Rn. 11, BGHZ 170, 1; 16. Juni 1993 - XII ZR 6/92 - zu 2 d der Gründe, BGHZ 123, 49). Ob diese Voraussetzung gegeben ist, bestimmt sich insbesondere nach der Natur des Schuldverhältnisses und der Verkehrssitte.

(2) Aus der Natur des Prozessvergleichs, mit dem die Parteien sich ua. auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verständigt haben, ergibt sich kein rechtlich geschütztes Interesse des Klägers, die Abfindung nicht bereits im Monat der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern erst im Folgemonat entgegennehmen zu müssen. Zwar hat die Abfindung nach Ziff. 6 Satz 1 des Prozessvergleichs die Funktion, einen gewissen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes zu schaffen. Hieraus folgt allerdings nur, dass zwischen der Abfindung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zusammenhang bestand und die Abfindung deshalb mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig sein sollte (vgl. BAG 15. Juli 2004 - 2 AZR 630/03 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 111, 240; 29. November 1983 - 1 AZR 523/82 - zu 2 der Gründe, BAGE 44, 260). Dass sie auch erst zu diesem Zeitpunkt erfüllbar war, ergibt sich hieraus aber nicht.

Es besteht auch keine Verkehrssitte, wonach eine Abfindung im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende eines Jahres aus steuerlichen Gründen stets erst im Folgejahr gezahlt wird. Welcher Zuflusszeitpunkt sich für den Arbeitnehmer aus steuerlichen Gründen als günstiger erweist, lässt sich nicht im Voraus für alle Fälle gleich beantworten, sondern hängt von individuellen Faktoren ab, ua. von dem (zu erwartenden) Einkommen des Arbeitnehmers in den jeweiligen Steuerjahren und kann deshalb erst im Nachhinein beurteilt werden.

(3) Damit verbleibt es dabei, dass ein Arbeitnehmer, der aus steuerlichen Gründen eine Abfindung erst zu einem bestimmten Zeitpunkt entgegennehmen möchte, dies mit dem Arbeitgeber verbindlich vereinbaren muss, was vorliegend nicht geschehen ist.

3. Auf die Frage, ob etwaigen Ansprüchen des Klägers die in Ziff. 9 des Prozessvergleichs vereinbarte Abgeltungs- bzw. Verfallklausel entgegensteht, und ob der Kläger die Ausschlussfrist in § 22 Nr. 2 MTV gewahrt hat, kommt es nach alledem nicht an.

4. Über den mit dem Antrag zu 2. vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Steuerberaterkosten war nicht zu befinden, weil der Antrag zu 2. nur für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. gestellt ist.

II. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.