Kostenrecht


Sachverständigenvergütung bei Feststellung dessen Befangenheit und (gleichwohl) erfolgter Verwertung des Gutachten

OLG Rostock, Beschluss vom 15.02.2021 – 4 W 38/20 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Der im selbständigen Beweisverfahren zunächst berufene Sachverständige wurde erfolgreich wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Er hatte seine Kosten abgerechnet, dem die Antragstellerin widersprach. Die wurden gleichwohl ausgezahlt und als Teil der Gerichtskosten erhoben. Das Landgericht begründete dies damit, dass der Sachverständige das Gutachten und drei Ergänzungsgutachten erstellt habe, ehe er wegen eines Privatgutachtens für eine zu der Antragstellerin gehörenden Wohnungseigentümerin einige Jahre zuvor erstellten Gutachten in einer identischen Teilfrage (erfolgreich) abgelehnt worden sei. Es sei glaubhaft vom Sachverständigen dargestellt worden, dass er bei seiner gerichtlichen Beauftragung in Ansehung der Zahl der gerichtlichen und privaten Gutachten erst nach konkreten Vorhalt des Privatgutachtens erinnerlich wurde, dieses erstellt zu haben. Zudem sei es treuwidrig, wenn sich die Antragstellerin auf eine Kostenfreiheit nach § 8a JVEG berufe, da sie die Offenbarung der Vorbefassung des Sachverständigen selbst versäumt habe.

 

Der Erinnerung gegen den Kostenansatz in der Gerichtskostenrechnung half das Landgericht nicht ab. Die Beschwerde war erfolgreich. Der Sachverständiger habe es in von ihm zu vertretener Weise unterlassen, dem Gericht unverzüglich nach seiner Beauftragung Umstände aufzuzeigen, die zu seiner Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigen würden. Nach §§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 3 Abs. 2 GKG iVm. Nr. 9005 KV-GKG müssten die Parteien eine Sachverständigenvergütung nur erstatten, wenn sie nach dem JVEG zu zahlen war. Nicht entscheidend sei, ob die Beträge gezahlt wurden. Die gerichtliche Entscheidung zur Zahlung würde nur im Verhältnis zwischen dem Sachverständigen und Staatskasse ergehen, ohne Beteiligung der Parteien, § 4 JVEG. Hat damit die Festsetzung der Vergütung keine Wirkung zu Lasten der Parteien, sind sie auch nicht mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz ausgeschlossen. Im Festsetzungsverfahren gegenüber dem Sachverständigen sei die  erfolgreiche Ablehnung wegen Befangenheit auch nicht bindend, da der Befangenheitsgrund nur glaubhaft zu machen sei, dem Sachverständigen aber sein Entschädigungsanspruch nur genommen werden könne, wenn ein die Erfüllung seiner Gutachtertätigkeit unmöglich machendes Verhalten bewiesen sei (OLG Hamm, Beschluss vom 22.05.1979 - 23 W 44/77 -).  

 

Dem Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen habe das Landgericht zutreffend stattgegeben. Die vorherige Tätigkeit für eine der Parteien in derselben Sache bilde einen ausreichenden Grund für seien Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO (BGH, Urteil vom 01.02.1972 - VI ZR 134/70 -). Damit sei nach § 8a Abs. 1 JVEG der Vergütungsanspruch entfallen, da er es unterließ, das ihn beauftragende Gericht unverzüglich Umstände aufzuzeigen, die seine Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigen könnten und dieses Unterlassen auch zu vertreten habe. Ander als im Fall des § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 JVEG eine Reduzierung des Haftungsmaßstabes auf grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz fehle genüge vorliegend für § 8a Abs. 1 JVEG bereits einfache Fahrlässigkeit. Infolge der damit verbundenen Verschuldensvermutung obläge es dem Sachverständigen ihn entlastende Umstände aufzuzeigen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.05.2017 - 18 W 58/17 -).

 

Das Landgericht habe selbst ausgeführt, dass der Sachverständige in einer Vielzahl von Verfahren gerichtlich und außergerichtlich tätig sei. Damit habe er aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen müssen, dass er nicht Aufträge übernimmt, in denen er möglicherweise befangen sein könnte. Hat er diese Prüfung unterlassen oder nicht sorgfältig genug durchgeführt läge jedenfalls eine ausreichende leichte Fahrlässigkeit vor, die zum Verlust des Vergütungsanspruchs führe (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.06.2002 - 14 W 363/02 -). Auch eine rechtliche Fehlbeurteilung durch den Sachverständigen würde hier nicht eine anderweitige Entscheidung begründen können, da es nicht nachvollziehbar wäre, dass dem Sachverständigen trotz Teilnahme an Fortbildungen nicht zumindest Bedenken gekommen sind bzw. er zumindest vorsorglich das Gericht informierte.

 

Auch eine vom Landgericht angenommene Verwertbarkeit des Gutachtens führe nicht zu einem Gebührenanspruch. Dabei könne auf sich beruhen, ob § 8a Abs. 1 JVEG eine unbeabsichtigte Lücke enthält, insoweit dort anders als in § 8a Abs. 2 JVEG die Verwertbarkeit nicht erwähnt wurde. Denn vorliegend handele es sich um ein Gutachten in einem selbständigen Beweisverfahren und nur der Tatrichter des Hauptsacheverfahrens könne über die Verwertbarkeit entscheiden.

 

 

Im Übrigen spreche einiges dafür, dass in § 8a Abs. 2 S. 1 1 Nr. 2 JVEG mit seinem Verweis auf § 407a Abs. 2 ZPO ein redaktionellen Versehen ist: § 407a Abs. 2 ZPO sei in der jetzigen Fassung erst am 15.10.2016  in Kraft getreten, mit dem die bisherigen Absätze 2 bis 5 als Absätze 3 bis 6 verschoben worden seien. Während insoweit in § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JVEG nun der Verweis auf § 407a Abs. 1 – 4 ZPOO statt bisher auf § 407a Abs. 1 – 3 JVEG aufgenommen wurde, unterblieb eine Anpassung in § 8a Abs. 1 JVEG. Das spräche dafür, das bei § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 JVEG ein redaktionelles Versehen vorliege.

 

Aus den Gründen:

 

 Tenor

 

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 30.10.2020 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

 

Die in der Gerichtskostenrechnung vom 07.07.2020 enthaltene Vergütung für die Tätigkeit des Sachverständigen Dipl.-Ing. …in Höhe von … € wird nicht erhoben.

 

II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

 

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Ansatz der Auslagen für die Vergütung eines im Verlaufe des vorliegenden selbständigen Beweisverfahrens erfolgreich abgelehnten Sachverständigen in der Gerichtskostenrechnung.

 

Der betreffende Sachverständige war mit der Erstellung eines Gutachtens im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit einer Fußbodenheizungsanlage in dem Objekt der als Antragstellerin auftretenden Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt worden. Er hat in der Folge neben dem Hauptgutachten drei Ergänzungsgutachten erstellt und seine Feststellungen in zwei Terminen mündlich erläutert. Nachdem in dem letzteren dieser beiden Termine bekannt wurde, dass der Sachverständige einige Jahre zuvor ein Privatgutachten für eine der zu der Antragstellerin gehörenden Wohnungseigentümerinnen zu einer identischen Teilfrage erstellt hatte, lehnten ihn die Antragsgegnerin und die Streithelferin zu 1) als befangen ab; das Landgericht erklärte das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 19.03.2019 für begründet.

 

Das Landgericht hat im weiteren Verlauf mit Beschluss vom 26.09.2019 die Vergütung des Sachverständigen auf…€ festgesetzt und gleichzeitig einen Antrag der Antragstellerin auf Versagung der Vergütung zurückgewiesen. Das Landgericht hat dazu unter anderem ausgeführt, ein zu vertretendes Unterlassen des Sachverständigen bezüglich der Anzeige von Umständen, die zu seiner Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigten, sei nicht festzustellen. Angesichts des Zeitablaufes zwischen der Erstellung des Privatgutachtens Ende des Jahres 2012 und seiner Beauftragung in der vorliegenden Sache im Juni 2016 sei bei der Zahl ihm seitens des Gerichts und privater Dritter erteilter Aufträge seine Angabe glaubhaft und nachvollziehbar, dass ihm erst auf den konkreten Vorhalt des Privatgutachtens in dem Erläuterungstermin am 01.02.2019 wieder die Erinnerung an die betreffende Beauftragung durch die Wohnungseigentümerin gekommen sei. Hinzukomme, dass die Leistung des Sachverständigen im Hinblick auf die Antragstellerin als Kostenschuldnerin bis auf einen geringfügigen, von dem Ablehnungsgrund betroffenen Teilbereich verwertbar sei. Die Antragstellerin könne sich im Übrigen nach Treu und Glauben nicht auf eine Kostenfreiheit gemäß § 8a JVEG berufen, weil sie eine Offenbarung der Vorbefassung des Gutachters selbst versäumt habe.

 

Die für den abgelehnten Sachverständigen festgesetzte Vergütung ist der Antragstellerin nach dem Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens mit Datum vom 07.07.2020 im Rahmen der Gerichtskosten in Rechnung gestellt worden.

 

Dagegen hat die Antragstellerin Erinnerung erhoben. Sie hat geltend gemacht, der Sachverständige habe nach seiner Bestellung unverzüglich darauf hinweisen müssen, dass er mit der Angelegenheit durch eine der Wohnungseigentümerinnen der Antragstellerin bereits befasst gewesen sei. Weil sich die jeweils verfolgten Ziele gedeckt hätten, sei ein Interessenkonflikt für den Sachverständigen von vornherein erkennbar gewesen. Auf Vorhalt habe er zudem eingeräumt, dass er sich an die Erstellung des Privatgutachtens jedenfalls "dunkel" erinnere. Wegen des von ihm geschilderten Besuches zahlreicher Fortbildungen zum Thema Befangenheit habe dem Sachverständigen die Problematik geläufig sein müssen. Im Übrigen werde das Vertretenmüssen im Rahmen von § 8a Abs. 1 JVEG vermutet. Ein Verweis auf den Zeitablauf sei nicht geeignet, diese Vermutung zu widerlegen, weil es keine klaren zeitlichen Beschränkungen für das Erinnerungsvermögen gebe. Teilleistungen seien nicht zu berücksichtigen, weil das Gutachten in Folge der festgestellten Befangenheit insgesamt unverwertbar sei.

 

Der Bezirksrevisor hat demgegenüber darauf verwiesen, soweit der Sachverständige erklärt habe, seiner Auffassung nach könne die Erstellung des Privatgutachtens nicht zu einer Befangenheit führen, habe er trotz zu dem Thema absolvierter Fortbildungen keine Gründe erkennen können, welche seiner Objektivität entgegenstünden. Da er sich an die Vorbefassung nur dunkel erinnert habe, sei er der Sache unvoreingenommen gegenübergetreten. Die unparteiische Beurteilung des Sachverhaltes werde dadurch bestätigt, dass das dritte Ergänzungsgutachten in Teilen zu Gunsten der Antragsgegnerin und abweichend von dem Privatgutachten ausgefallen sei; demgemäß habe das Landgericht die Gutachten selbst nach der Erklärung des Ablehnungsgesuches für begründet als verwertbar angesehen. Die Antragstellerin hätte ihrerseits den Umstand, welcher zu der Ablehnung führte, selbst im Verfahren mitteilen können; sie habe die sich daraus ergebenden Folgen jedoch in Kauf genommen und den Ablehnungsgrund erst nach der Abweichung der gerichtlichen Begutachtung von dem Privatgutachten offenbart. Wenn nach dem Wortlaut von § 8a Abs. 1 JVEG anders als im Falle von § 8a Abs. 2 JVEG die Verwertbarkeit eines bereits erstellten Gutachtens im Zusammenhang mit der dort geregelten Fallgestaltung nicht zu prüfen sei, handele es sich um eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke.

 

Das Landgericht hat die Erinnerung mit dem hier angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Bezirksrevisors zurückgewiesen und der dagegen eingelegten Beschwerde der Antragstellerin nicht abgeholfen.

 

II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet; sie ist nicht verpflichtet, Kosten des Gutachtens des erfolgreich abgelehnten Sachverständigen zu erstatten, weil dieser es gemäß § 8a Abs. 1 JVEG in zu vertretender Weise unterlassen hat, der heranziehenden Stelle unverzüglich solche Umstände anzuzeigen, die zu seiner Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigten.

 

1. Gemäß §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 9005 KV-GKG haben die Parteien als Kostenschuldner eine Sachverständigenvergütung nur dann zu erstatten, wenn sie nach dem JVEG zu zahlen war. Es kommt also nicht darauf an, ob das Gericht Beträge gezahlt hat, sondern darauf, ob es zur Zahlung verpflichtet war. Dies ist im Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz selbständig zu prüfen. Eine gerichtliche Entscheidung über Vergütungsansprüche eines Sachverständigen ergeht immer nur in seinem Verhältnis zur Staatskasse. Die Parteien sind an diesem Festsetzungsverfahren nach § 4 JVEG nicht beteiligt und daher gemäß dem dortigen Abs. 3 auch nicht beschwerdeberechtigt. Dementsprechend hat die gerichtliche Festsetzung der Vergütung gemäß § 4 Abs. 9 JVEG keine Wirkungen zu ihren Lasten, wenn sie als Kostenschuldner herangezogen werden. In dem Festsetzungsverfahren nach § 4 JVEG hat die erfolgreiche Ablehnung im Hauptsacheverfahren keine bindende Wirkung zu Lasten des Sachverständigen, weil der Ablehnungsgrund im Ablehnungsverfahren lediglich glaubhaft gemacht zu werden braucht, während dem Sachverständigen der Entschädigungsanspruch nur genommen werden kann, wenn ein die Erfüllung seiner Gutachtertätigkeit unmöglich machendes Verhalten bewiesen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22.05.1979, Az.: 23 W 44/77, - zitiert nach juris -, Rn. 11 m. w. N.), und gemäß § 406 Abs. 5 ZPO ein Beschwerderecht bei für begründet erklärter Ablehnung weder für den Sachverständigen noch für die Parteien besteht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.09.2017, Az.: 6 WF 133/17, - zitiert nach juris -, Rn. 7); umgekehrt entfaltet das Festsetzungsverfahren nach dem zuvor Gesagten in entsprechender Weise seinerseits keine Bindungswirkung für den Kostenansatz (vgl. Binz/Dörndorfer/Zimmermann-Binz, GKG, FamGKG und JVEG, 4. Aufl., 2019, § 4 JVEG Rn. 20 m. w. N).

 

2. Das Landgericht hat für den erfolgreich abgelehnten Sachverständigen in dem Beschluss vom 26.09.2019 zu Unrecht eine Vergütung festgesetzt.

 

a. Zutreffend ist das Ablehnungsgesuch gegen den fraglichen Sachverständigen durch das Landgericht für begründet erklärt worden. Eine Tätigkeit des ernannten Sachverständigen schon zuvor im Auftrag einer Partei in derselben Sache bildet einen hinreichenden Grund für seine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit nach §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.1972, Az.: VI ZR 134/70, - zitiert nach juris -, Rn. 11 f. m. w. N.).

 

b. Gemäß § 8a Abs. 1 JVEG entfiel der Vergütungsanspruch des Sachverständigen in der Folge, weil er es unterlassen hat, der heranziehenden Stelle unverzüglich solche Umstände anzuzeigen, die zu seiner Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigten, und er die Unterlassung zu vertreten hatte.

 

aa. Da in der eingangs genannten Regelung anders als in § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JVEG eine Reduzierung des Haftungsmaßstabes auf grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz fehlt, genügt im Hinblick auf die von § 8a Abs. 1 JVEG erfassten "Anfangsfehler" schon einfache Fahrlässigkeit (vgl. Dörndorfer/Neie/Wendtland/Gerlach-Bleutge, BeckOK Kostenrecht, Stand: 01.09.2020, § 8a JVEG Rn. 2 und 3b m. w. N.); aufgrund der damit verbundenen Verschuldensvermutung obliegt es zudem demjenigen, der die Vergütung beansprucht, entlastende Umstände darzutun (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.05.2017, Az.: 18 W 58/17, - zitiert nach juris -, Rn. 17 m. w. N.).

 

bb. Wenn das Landgericht in seinem Beschluss zur Festsetzung der Vergütung vom 26.09.2019 selbst ausführt, dass der Sachverständige ständig in einer Vielzahl von Verfahren gerichtlich und außergerichtlich tätig ist, hätte es ihm nach den zuvor unter lit. aa) dargestellten Maßstäben gerade vor diesem Hintergrund oblegen, selbst oder durch geeignete informatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass er nicht Aufträge übernahm, in denen er möglicherweise befangen sein könnte. Diese Prüfung unterlassen oder aber nicht sorgfältig genug durchgeführt zu haben, gereicht dem Sachverständigen zum Vorwurf zumindest und für den Verlust seines Vergütungsanspruches ausreichender leichter Fahrlässigkeit (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 24.06.2002, Az.: 14 W 363/02, - zitiert nach juris -, Rn. 14). Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand einer eventuell unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Sachverständigen, ob die vorangegangene Tätigkeit als Privatgutachter (überhaupt) einen Ablehnungsgrund darstellen könne; da es sich dabei mehr oder weniger um einen Musterfall aus diesem Bereich handelt, ist nicht nachvollziehbar, dass dem Sachverständigen trotz der Teilnahme an entsprechenden Fortbildungen nicht zumindest Bedenken gekommen sind bzw. er unabhängig von seiner eigenen Beurteilung nicht jedenfalls vorsorglich das Gericht informiert hat.

 

c. Der Vergütungsanspruch blieb im Weiteren auch nicht deshalb (dennoch) bestehen, weil das Landgericht von einer Verwertbarkeit der vor der erfolgreichen Ablehnung geleisteten Gutachtertätigkeit ausging.

 

aa. Unabhängig davon, ob § 8a Abs. 1 JVEG eine unbeabsichtigte Lücke enthält, weil die Prüfung einer Verwertbarkeit des Gutachtens im Gegensatz zu § 8a Abs. 2 JVEG nicht erwähnt wird, können die Voraussetzungen der Fiktion des dortigen Satzes 2, wonach ein Gutachten als verwertbar gilt, soweit dieses durch das Gericht berücksichtigt worden ist, hier von vornherein nicht festgestellt werden. Denn die gutachterlichen Stellungnahmen wurden nicht von einem Tatrichter berücksichtigt und damit als verwertbar beurteilt, sondern in einem selbständigen Beweisverfahren abgegeben, in dem auch keine - gemäß § 492 Abs. 3 ZPO mögliche - mündliche Erörterung mit dem Ziel einer gütlichen Einigung stattgefunden hat bzw. die Parteien sich sonst gütlich geeinigt haben; vielmehr waren Termine nach §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 3 ZPO allein zum Zwecke der mündlichen Erläuterung der schriftlichen Gutachten anberaumt worden (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 11.11.2015, Az.: 2 W 229/15, Rn. 14; anders in dem Fall von OLG Naumburg, Beschluss vom 19.02.2019, Az.: 12 W 63/18 [KfB], Rn. 26 ff.: dort Verwertung durch den Tatrichter, jeweils zitiert nach juris).

 

bb. Anzumerken ist daneben, dass § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG zwar eine bestimmungsgemäße Verwertbarkeit eines Gutachtens auch bei einem Verstoß eines Sachverständigen gegen die Verpflichtung aus § 407a Abs. 2 JVEG zu einem Kriterium für die Bemessung seiner Vergütung erklärt, wobei die letztere Regelung in Satz 1 und 2 ebenfalls die in § 8a Abs. 1 JVEG angesprochenen Obliegenheit betrifft. Allerdings ist § 407a Abs. 2 ZPO in dieser so in die Prozessordnung eingefügten Fassung mit einer Verschiebung der bisherigen Absätze 2 bis 5 auf eine Bezifferung als Absätze 3 bis 6 erst am 15.10.2016 im Rahmen eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts in Kraft getreten, mit welchem eine (zusätzliche) prozessuale Hinweispflicht der Gutachter geschaffen werden sollte, um ihre Unabhängigkeit und Neutralität zu stärken. Während in diesem Zusammenhang § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG im Hinblick auf einen Verweis nunmehr auf § 407a Abs. 1 bis 4 ZPO statt zuvor auf § 407a Abs. 1 bis 3 JVEG geändert worden ist, ist eine Anpassung (auch) hinsichtlich § 8a Abs. 1 JVEG ausgeblieben (vgl. zum Ganzen Linz, Die Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen, DS 2017, 145/149). Dies spricht in der Gesamtschau eher dafür, dass es zu einem redaktionellen Versehen im Rahmen von § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG gekommen ist, wenn § 8a Abs. 1 JVEG unverändert geblieben und der Verweis in der erstgenannten Regelung (dennoch) nicht auf § 407a Abs. 1, 3 und 4 ZPO beschränkt worden ist.

 

3. Nach all dem können letztlich auch eigene Versäumnisse auf Seiten der Antragstellerin im Hinblick auf die Mitteilung einer Vorbefassung des Sachverständigen ihre Inanspruchnahme für die Erstattung seiner Vergütung nicht rechtfertigen. Zum einen knüpft § 8a Abs. 1 JVEG ausschließlich an die (Nicht)Beachtung von Obliegenheiten durch den Sachverständigen selbst an. Zum anderen muss im Falle eines selbständigen Beweisverfahrens eine Beurteilung der Tragung von Kosten unter Heranziehung von Umständen aus der Sphäre (nur) einer Partei schon deshalb ausscheiden, weil die betreffenden Auslagen grundsätzlich erst Gegenstand des Hauptsacheprozesses sind (vgl. Musielak/Voit-Huber, ZPO, 17. Aufl., 2020, § 494a Rn. 1 m. w. N.) und eine abschließende Entscheidung - gegebenenfalls im Sinne einer ganz anderen Kostenverteilung - erst dort zu treffen ist. Es kann daher dahinstehen, inwiefern Kenntnisse einer einzelnen Wohnungseigentümerin überhaupt der Wohnungseigentümergemeinschaft zugerechnet werden könnten.

 

 

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.