Speditions- und Frachtrecht


Haftung für verlorenes Frachtgut bei Beförderungsausschlussklausel (Verbotsgut)

BGH, Urteil vom 03.03.2016 – I ZR 245/14 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von € 32.030,00 zuzüglich. Zinsen stattgegeben. Die Berufung wurde vom OLG zurückgewiesen. Der BGH hatte das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das OLG zurückgewiesen, welches erneut die Berufung der Beklagten zurückwies. Die hiergegen neuerlich eingelegte Revision führte wiederum zur Aufhebung und Zurückverweisung.

 

Vom Grundsatz her bestätigt der BGH die Entscheidung des OLG, demzufolge es sich bei dem Messgerät um Verbotsgut im Sinne der Beförderungsbedingungen handele. Die Umrechnung des Dollarkurses bestätige die Überschreitung der Wertgrenze. Allerdings ging das OLG davon aus, die Beklagte müsse darlegen und beweisen, dass der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn sie auf die Überschreitung der Wertgrenze hingewiesen worden wäre. Zwar wäre es bei einem entsprechenden Sachvortrag der Klägerin Sache der Beklagten als Frachtführer darzulegen und zu beweisen, dass der unterlassene Hinweis auf den hohen Wert für den Schaden zumindest mitursächlich geworden ist (BGH, Urteil vom 03.07-2008 – I ZR 205/06 -; BGH vom 02.04.2009 – I ZR 16/07 -). Dies gelte allerdings dann nicht, wenn nach den dem Frachtvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen wie hier für das Gut eine Beförderung ausgeschlossen wurde. Unterbleibt bei Verbotsgut ein Hinweis, ist vom Grundsatz her davon auszugehen, dass das Unterlassen des Auftraggebers mitursächlich gewesen ist; mit der Regelung in den Geschäftsbedingungen gebe der Frachtführer klar zu erkennen, der Regelung unterfallende Güter nicht zu transportieren. Damit hätte hier die Beklagte die Beförderung verweigern dürfen (BGH, Urteil vom 04.07.2013 – I ZR 156/12 -). Wenn unter solchen hier gegebenen Umständen der Versender (oder vorliegend für ihn die klagende Versicherung) geltend macht, auch bei zutreffender Deklaration wäre das Gut von der Beklagten befördert worden, trifft ihn die Beweislast. Bei einer vom OLG angenommenen Unerweislichkeit hätte daher das OLG der Klage schon aus diesem Grund nicht im vollen Umfang stattgeben dürfen.

 

Entgegen der Annahme des OLG scheide eine Mitverschuldensvermutung des Versicherungsnehmers der Klägerin auch nicht deshalb aus, da erst ein Sachverständiger den Wert des Messgerätes festgestellt habe, da der Verkaufspreis mit € 39.190,00 deutlich über der Wertgrenze nach dem Bedingungswerk lag und sie daher damit rechnen musste, dass auch bei Übergabe an den Transportunternehmer Verbotsgut vorlag.

 

 

Prozessrechtlich rügt der BGH auch, dass das OLG Zeugenaussagen aus einem anderen Verfahren verwertet hat. Dies würde einen Beweisantritt einer Partei nach § 323 ZPO fordern, entweder auf Beiziehung der Akte zur urkundlichen Verwertung der Zeugenaussage oder den Antrag auf Einvernahme der dortigen Zeugen. Beides sei nicht erfolgt, weshalb mit der Auswertung das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt wurde. Eine Heilung nach § 295 ZPO fand nicht statt, da der Verfahrensfehler erst durch das Urteil selbst erkennbar wurde und die Beklagte (im Revisionsverfahren) erklärte, einer Verwertung bei Offenbarung durch das OLG widersprochen zu haben. Außerdem hätte sie Zeugenbeweis durch Zeugnis S. für ihre Behauptung angeboten. Damit steht nicht fest, dass bei korrekter Prozessführung durch das OLG die Beweiswürdigung ebenso ausgefallen wäre, wobei dem Urkundenbeweis ei geringerer Beweiswert zukommen könne als einer direkten Zeugenbefragung.

 

Aus den Gründen: 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. November 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Klägerin ist Transportversicherer der F.     GmbH & Co. KG in K.         (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt das beklagte Paketdienstunternehmen wegen des Verlusts von Transportgut aus von der Versicherungsnehmerin abgetretenem und übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Darüber hinaus verlangt sie die Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsverfolgungskosten.

Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Juni 2008 mit dem Transport eines Messgeräts von einem in Österreich ansässigen Unternehmen nach K.        . Dem Beförderungsvertrag lagen die Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand: 2008) zugrunde, die unter anderem folgende Regelungen enthielten:

3. Beförderungsbedingungen

3.1 [Die Beklagte] befördert keine Waren, die nach Maßgabe der folgenden Absätze (i) bis (iv) vom Transport ausgeschlossen sind.

(…)

(ii) Der Wert eines Pakets darf den Gegenwert von 50.000 US-Dollar in der jeweiligen Landeswährung nicht überschreiten. (…)

(…)

3.3 Verweigerung und Einstellung der Beförderung

(i) Sofern ein Paket einer der obigen Beschränkungen oder Bedingungen nicht entspricht, (…) kann [die Beklagte] die Beförderung des betreffenden Pakets (…) verweigern oder, falls die Beförderung bereits im Gang ist, die Beförderung einstellen.

Die österreichische Versenderin übergab einem Fahrer der Beklagten am 13. Juni 2008 das Transportbehältnis, in dem sich nach der Darstellung der Klägerin das Messgerät befand.

Die Klägerin hat behauptet, das Transportbehältnis, ein Spezialkoffer im Wert von 750 €, sei unmittelbar nach der Ankunft bei der Versicherungsnehmerin am 16. Juni 2008 geöffnet worden. Dabei hätten deren Mitarbeiter festgestellt, dass der Transportkoffer leer angeliefert worden sei. Der Wert des abhandengekommenen Messgeräts habe zum Zeitpunkt der Übergabe an die Beklagte 32.555 € betragen.

Die Beklagte hafte für den Verlust des Gutes unbeschränkt, da ihr ein qualifiziertes Verschulden anzulasten sei. Sie habe weder zum Verbleib des Gutes noch zu von ihr angestellten Nachforschungen etwas vortragen können. Dies lasse den Schluss auf eine grob mangelhafte Betriebsorganisation zu.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 32.555 € nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.307,81 € in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat vor allem geltend gemacht, der Wert des angeblich an sie zur Beförderung übergebenen Messgeräts nebst Transportkoffer habe die Grenze für Verbotsgut von 50.000 US-Dollar gemäß ihren Beförderungsbedingungen überschritten. Dieser Umstand führe zu einem vollständigen Haftungsausschluss.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 32.030 € nebst Zinsen verurteilt (LG Düsseldorf, Urteil vom 1. September 2011 - 31 O 47/09, juris). Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Juli 2012 - 18 U 201/11, juris). Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten hat zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht geführt (BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - I ZR 156/12, TranspR 2014, 146 = VersR 2014, 603).

Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der Beklagten nachfolgend erneut zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne von der Beklagten aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR in Verbindung mit § 435 HGB Schadensersatz für den Verlust des Messgeräts in voller Höhe und ohne Kürzung des Anspruchs wegen eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin verlangen. Dazu hat es ausgeführt:

Nach dem Revisionsurteil sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Messgerät um Verbotsgut im Sinne der Beförderungsbestimmungen der Beklagten gehandelt habe, weil der Wert des Messgeräts einschließlich seiner Verpackung bei dem am Tag der Übernahme geltenden Wechselkurs der Europäischen Zentralbank von 1,5336 US-Dollar je Euro und einem anzunehmenden Zeitwert von 32.780 € mit einem umgerechneten Wert von 50.271,41 US-Dollar die Verbotsgrenze überstiegen habe. Es lasse sich aber nicht feststellen, dass ein mögliches Mitverschulden der Versicherungsnehmerin für den Schadenseintritt kausal geworden sei, weil die Beklagte die Beförderung abgelehnt hätte, wenn ihr der die Verbotsgrenze übersteigende Wert der Sendung bekannt gewesen wäre. Der Mitarbeiter der Beklagten S.   habe knapp vier Monate vor der Übergabe der streitgegenständlichen Sendung vor dem Landgericht Düsseldorf in den beigezogenen und in der wiedereröffneten Berufungsinstanz zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahren 31 O 45/07 und 31 O 55/07 glaubhaft bekundet, dass die Abholfahrer der Beklagten erst bei einem 50.000 € übersteigenden Wert der Sendung in der Zentrale rückgefragt hätten. Sendungen mit einem Wert bis 50.000 € wären ohne Probleme transportiert worden. Bei einer Zusammenschau dieser Angaben mit den Bekundungen des im zweiten Berufungsverfahren vernommenen Zeugen So.   lasse sich nicht feststellen, dass die Beklagte die Übernahme der streitgegenständlichen Sendung abgelehnt hätte.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur erneuten Aufhebung des Berufungsurteils und zur nochmaligen Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht im zweiten Berufungsverfahren getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, die Beklagte schulde der Klägerin aus von der Versicherungsnehmerin abgetretenem und übergegangenem Recht für den während ihrer Obhutszeit eingetretenen Verlust des Messgeräts gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR in Verbindung mit § 435 HGB vollen Schadensersatz.

1. Die Revision rügt allerdings vergeblich, das zweite Berufungsurteil enthalte im Gegensatz zum ersten keine Beweiswürdigung zu dem von der Beklagten in beiden Vorinstanzen bestrittenen Umstand, dass das Paket bei der Versicherungsnehmerin leer angekommen sei, womit es hinsichtlich eines wesentlichen Teils des Streitstoffs an einer Begründung fehle. Die Beklagte hat die Beurteilung im ersten Berufungsurteil, die Beklagte wende sich ohne Erfolg gegen die Feststellung des Landgerichts, der Transportkoffer sei bei der Empfängerin ohne das Messgerät eingetroffen, im ersten Revisionsverfahren unbeanstandet gelassen. Das Berufungsgericht hat sich im zweiten Berufungsurteil in sachlicher Hinsicht allein noch mit der vom Senat im ersten Revisionsurteil als nicht richtig beurteilt angesehenen Frage befasst, ob die Haftung der Beklagten gemindert oder ausgeschlossen ist, weil es sich bei dem Messgerät um Verbotsgut gehandelt hat. Auf die Gesichtspunkte, deren Beurteilung der Senat im ersten Revisionsurteil als richtig bestätigt oder die Beklagte im ersten Revisionsverfahren nicht angegriffen hat, ist das Berufungsgericht im zweiten Berufungsurteil dagegen nicht näher zurückgekommen. Da auch die Parteien in der wiedereröffneten Berufungsinstanz allein zu der Frage vorgetragen haben, ob die Haftung der Beklagten gemindert oder ausgeschlossen ist, weil es sich bei dem der Beklagten übergebenen Messgerät um Verbotsgut gehandelt hat, konnte das Berufungsgericht im zweiten Berufungsurteil - wie geschehen - pauschal auf die Ausführungen im ersten Berufungsurteil Bezug nehmen, soweit die Beklagte diese Ausführungen nachfolgend nicht angegriffen oder der Senat deren Richtigkeit im ersten Revisionsurteil bestätigt hat.

2. Mit Recht wendet sich die Revision jedoch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe darzulegen und zu beweisen, dass der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn die Versicherungsnehmerin sie auf den Wert des Messgeräts hingewiesen hätte. Zwar obliegt es bei einem entsprechenden Sachvortrag des Anspruchstellers zur fehlenden Ursächlichkeit der unterlassenen Wertangabe nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich dem Frachtführer, darzulegen und gegebenenfalls auch zu beweisen, dass der unterlassene Hinweis auf den ungewöhnlich hohen Wert des Gutes für den entstandenen Schaden zumindest mitursächlich war (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2008 - I ZR 205/06, TranspR 2008, 394 Rn. 20 = VersR 2009, 1428; Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 16/07, TranspR 2009, 410 Rn. 32). Abweichendes gilt jedoch für Gut, das nach den in den Frachtvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Frachtführers von der Beförderung ausgeschlossen ist. Unterbleibt bei einem solchen Verbotsgut ein Hinweis auf den die Obergrenze übersteigenden Wert des Inhalts, ist davon auszugehen, dass der unterlassene Hinweis für den Schadenseintritt mitursächlich gewesen ist, weil der Frachtführer mit der Klausel zum Verbotsgut zu erkennen gegeben hat, unter die Regelung fallende Güter nicht zu befördern. Nach dem Vertragsinhalt wäre die Beklagte bei korrekter Wertangabe auch berechtigt gewesen, die Beförderung zu verweigern (BGH, TranspR 2014, 146 Rn. 19 mwN). Macht der Versender bei einer solchen Sachverhaltskonstellation geltend, der Frachtführer hätte das Verbotsgut bei zutreffender Deklaration gleichwohl befördert, trifft den Versender die Beweislast. Danach hätte das Berufungsgericht der Klage bei der von ihm angenommenen Unerweislichkeit des Geschehensablaufs schon aus Rechtsgründen zumindest nicht im vollen Umfang stattgeben dürfen.

3. Mit Recht rügt die Revision weiterhin als verfahrensfehlerhaft, dass das Berufungsgericht die in zwei Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf vom dortigen Zeugen S.   gemachten Aussagen im zweiten Berufungsurteil als Beweis gewürdigt hat.

a) Das Berufungsgericht hat sich an der Feststellung, ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin sei für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden, gehindert gesehen, weil es keinen Grund zu erkennen vermochte, weshalb es den Angaben des von ihm vernommenen Zeugen So.   mehr Glauben schenken sollte als den als glaubhaft anzusehenden Bekundungen des S.  . Es hat damit die aus den beiden von ihm beigezogenen Akten des Landgerichts Düsseldorf ersichtlichen protokollierten Aussagen des dort vernommenen Zeugen S.   auch im vorliegenden Verfahren verwertet.

b) Die Aussagen des Zeugen S.   in den Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf 31 O 45/07 und 31 O 55/07 hat das Berufungsgericht unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob das Berufungsgericht die Aussagen des Zeugen S.   im vorliegenden Verfahren überhaupt heranziehen durfte. Dies setzte nach § 373 ZPO einen Beweisantritt einer der Parteien auf Vernehmung des Zeugen oder den Antrag auf Beiziehung der Akten zum Zwecke der Verwertung im Wege des Urkundenbeweises voraus. Ausdrücklich hat keine der Parteien einen entsprechenden Antrag gestellt. Allerdings hat das Landgericht in seinem Urteil die Aussagen des Zeugen S.   in jenen Verfahren angeführt und die Klägerin hat im zweiten Berufungsverfahren auf die Aussagen des Zeugen S.   Bezug genommen. Ob dies für einen Beweisantrag zur Vernehmung des Zeugen oder als Antrag auf Beiziehung der schriftlichen Zeugenaussagen zur Verwertung als Urkundenbeweis ausreicht, braucht nicht entschieden zu werden.

bb) Die Revision macht zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht die Aussagen des Zeugen S.   schon deshalb bei der Urteilsfindung nicht verwerten durfte, weil es seine Absicht den Parteien nicht mitgeteilt hat, die beiden Akten des Landgerichts Düsseldorf wegen der darin enthaltenen protokollierten Angaben des Zeugen S.   zum Zwecke des Urkundenbeweises zu verwerten. Mit Verfügung vom 8. April 2014 ist der Zeugen So.   im zweiten Berufungsverfahren vom Vorsitzenden vorbereitend geladen worden. Dieser Zeuge ist aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2014 verkündeten Beweisbeschlusses zu dem Beweisthema: "Lehnt die Beklagte die Beförderung eines Paketes ab, wenn ihr bekannt wird, dass dessen Inhalt den Wert von 50.000 US-Dollar übersteigt?" vernommen worden. Einen Hinweis auf die Beiziehung der Akten des Landgerichts Düsseldorf zur Verwertung der Aussage des Zeugen S.   hat das Berufungsgericht nicht erteilt. Es ist schon nicht ersichtlich, auf welchem Weg die Akten des Landgerichts Düsseldorf 31 O 45/07 und 31 O 55/07, die in der vorliegenden Sache weder Gegenstand der Verhandlung vor dem Landgericht noch Gegenstand der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht im ersten Berufungsverfahren waren und die auch nicht im ersten Revisionsverfahren zum Bundesgerichtshof gelangt sind, im zweiten Berufungsverfahren vor der Verhandlung am 10. September 2014 zu den in der vorliegenden Sache geführten Akten gelangt sind.

Aus dem im Sitzungsprotokoll im Anschluss an die Vernehmung des Zeugen So.   enthaltenen Hinweis, die beiden Akten hätten vorgelegen und seien Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen, war die Möglichkeit einer Beiziehung der Akten zur Verwertung der Zeugenaussage S.   im Wege des Urkundenbeweises für die Beklagte nicht zu erkennen. Aus deren Sicht lag es vielmehr nahe, dass das Berufungsgericht die Akten des Landgerichts Düsseldorf beigezogen hatte, um dem Zeugen So.   anhand der darin enthaltenen protokollierten Angaben des Zeugen S.   - wie geschehen - Vorhalte machen zu können.

Das Berufungsgericht hätte bei diesen Gegebenheiten seine Absicht, die beigezogenen Akten zu Beweiszwecken zu verwerten, im zweiten Berufungsverfahren zur Gewährung des rechtlichen Gehörs der Beklagten gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ZPO spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2014 erkennbar machen müssen.

Die Revision hat geltend gemacht, die Beklagte hätte nach ihrem Vortrag einer solchen Verwertung ausdrücklich widersprochen. Außerdem hätte sie danach beantragt, den Zeugen S.   zum Beweis dafür zu vernehmen, dass sich die von ihm vor dem Landgericht Düsseldorf geschilderte Handhabung über eine interne Wertgrenze bei der Beklagten in Höhe von 50.000 € oder 56.000 € nicht auf Österreich, wo das fragliche Paket aufgegeben worden sei, sondern allein auf Deutschland bezogen habe, und dass diese Handhabung zudem im Zeitpunkt der Aufgabe des Pakets im Juni 2008 nicht mehr aktuell gewesen sei. Diesem Beweisantrag hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1982 - VI ZR 78/81, NJW 1983, 999, 1000; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 373 Rn. 4).

cc) Dieser Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ist nicht nachfolgend gemäß § 295 ZPO geheilt worden. Er ist erst durch das Urteil selbst erkennbar geworden. In einem solchen Fall ist kein Raum für eine Heilung des Mangels nach § 295 ZPO, weil die betroffene Partei keine Möglichkeit hatte, den Fehler zur rügen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2010 - I ZR 190/08, TranspR 2011, 244 Rn. 11 = NJW-RR 2011, 569; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 295 Rn. 42).

dd) Nach den Darlegungen der Revision ist davon auszugehen, dass die von ihr angegriffene Entscheidung des Berufungsgerichts auf dem vorstehend festgestellten Rechtsverstoß beruht.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht den Beweiswert der von ihm nur im Wege des Urkundenbeweises zu verwertenden Bekundung des in den beiden Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf vernommenen Zeugen S.   bei seiner Beweiswürdigung überschätzt hat und die Sache bei zutreffender Bewertung abweichend entschieden hätte. Einem Urkundenbeweis kann ein geringerer Beweiswert zukommen als einem entsprechenden unmittelbaren Zeugenbeweis (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 1995 - VI ZR 233/94, NJW 1995, 2856, 2857; Urteil vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98, NJW 2000, 1420, 1421). Die im angefochtenen Urteil gemachten Ausführungen lassen nicht erkennen, dass das Berufungsgericht diesen Gesichtspunkt bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigt hat. Ebenso wenig ist auszuschließen, dass eine Vernehmung des Zeugen S.  , die das Berufungsgericht nach einer den oben dargestellten Erfordernissen entsprechenden Unterrichtung der Beklagten in der Berufungsverhandlung auf einen entsprechenden Antrag hätte durchführen müssen, ergeben hätte, dass sich die Bekundungen dieses Zeugen in den beiden Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf nicht auf Österreich - wo das fragliche Paket aufgegeben worden war - und nicht auf den Zeitpunkt der Aufgabe des Pakets im Juni 2008 bezogen.

4. Das mit der Revision angefochtene Urteil kann nach den vorstehenden Ausführungen nicht aus den vom Berufungsgericht angenommenen Gründen und im Übrigen auch nicht gemäß § 561 ZPO aus anderen Gründen Bestand haben. Es ist deshalb aufzuheben. Der Berufungssenat hat in dem vorliegend angefochtenen Urteil zwar unter anderem ausgeführt, dass er dasjenige, was der Zeuge S.   seinerzeit in den beiden Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf glaubhaft bekundet habe, in der Folgezeit auch als gerichtsbekannt angesehen habe. In der vorliegenden Sache ist er aber nicht (mehr) von einer solchen Gerichtskundigkeit ausgegangen, da es sonst der von ihm vorgenommenen Beweisaufnahme nicht bedurft hätte (§ 291 ZPO). Im Übrigen ist nicht ersichtlich und vom Berufungsgericht nicht angeführt, aus welchen Umständen sich eine Gerichtskundigkeit im Sinne von § 291 ZPO ergeben soll.

5. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben wird (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

6. Der Senat weist auf Folgendes hin:

Das Berufungsgericht hat Bedenken gegen den Mitverschuldenseinwand unter zwei weiteren Gesichtspunkten geäußert, die es letztlich aber offengelassen hat. Diese Bedenken greifen nicht durch.

a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts erscheint ein Mitverschulden generell zweifelhaft in den Fällen, in denen sich der Wechselkurs zwischen der Fertigstellung der Sendung und deren Übergabe derart ändert, dass die Wertgrenze erst zum Zeitpunkt der Übergabe überschritten ist. Darauf kommt es - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - nicht an. Der Senat hat in dem ersten Revisionsurteil als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Wertgrenze für Verbotsgut überschritten ist, auf die Übergabe des Gutes zur Beförderung abgestellt (BGH, TranspR 2014, 146 Rn. 29). Der Zeitpunkt der Fertigstellung der Sendung ist danach nicht entscheidend. Im Übrigen hat das Berufungsgericht selbst festgestellt, dass es im Streitfall auf diesen Gesichtspunkt schon deshalb nicht ankommt, weil auch an den Vortagen die Verbotsgrenze wertmäßig überschritten war.

b) Das Berufungsgericht hat weiter gegen ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin Bedenken erhoben, weil der Zeitwert des Beförderungsgutes erst durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden musste. Auch diesem Gesichtspunkt steht vorliegend der Mitverschuldenseinwand nicht entgegen. Der Anschaffungspreis des Messarms im Dezember 2006 lag mit 39.190 € deutlich über der Verbotsgrenze. Die Versicherungsnehmerin musste daher damit rechnen, dass auch bei Übergabe des Gutes zum Transport Verbotsgut vorlag.