Maklerrecht


Vertragswidrige Interessenskollision und Doppeltätigkeit des Maklers, § 654 BGB

AG Königswinter, Urteil vom 24.07.2020 - 2 C 60/19 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Klägerin war Maklerin und schloss mit dem Beklagten einen Vertrag über die Vermittlung eines Grundstücks. Die Gespräche für die Verkäufer (die Eltern der Klägerin) wurden mit dem Beklagten durch den Ehemann der Klägerin geführt. Im notariellen Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und den Verkäufern wurde aufgenommen, dass der Vertrag durch die Klägerin vermittelt wurde und der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin eine Maklerprovision von 3,57% zu zahlen. Der Beklagte vertrat die Auffassung, der Vertrag sei wegen Doppeltätigkeit der Klägerin (d.h. für ihn du den Verkäufer) unwirksam, § 654 BGB, weshalb kein Anspruch auf Mäklerlohn bestünde, § 652 BGB.

 

Das Amtsgericht (AG) verwies darauf, dass eine Doppeltätigkeit nicht grundsätzlich ausgeschlossen sei, sondern nur dann, wenn dies vereinbart worden wäre oder sich aus den Vertragsumständen ergäbe. Verboten sei danach eine Doppeltätigkeit, wenn dies zu einer vertragswidrigen Interessenskollision führe. Dies sei nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei ein Zusammentreffen als Vermittlungsmakler für den Einen und als Nachweismakler für den Anderen nicht zwingend eine Interessenskollision begründen müsse.

 

Zwar würden sich nach Auffassung des Amtsgerichts durch die gleichzeitige Vertretung der Eltern der Klägerin Anhaltspunkte für einen möglichen Interessenskonflikt ergeben. Allerdings genüge die bloße Möglichkeit des Vorliegens nicht für die Annahme eines bereits eingetretenen Interessenskonflikts (wobei auch unklar sei, ob überhaupt eine Doppeltätigkeit hinsichtlich der Vermittlung vorläge, insoweit nicht die Klägerin für ihre Eltern verhandelte, sondern ihr Ehemann). Soweit die Klägerin behauptet, dass ihr Verwandtschaftsverhältnis zu den Verkäufern dem Beklagten bekannt gewesen sei, würde dies auch gegen die verbotene Doppeltätigkeit sprechen, was aber hier im Rahmen des Urkundenverfahrens nicht geklärt werden könne und worauf es auch für dieses Verfahren nicht ankäme.

 

 

Das Amtsgericht sprach der Klägerin (im Urkundenprozess) die Forderung zu.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 22.01.2019 zum Aktenzeichen 18-6812767-0-1 wird aufrechterhalten.

 

2. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten.

 

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

4. Dem Beklagten bleibt die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

 

Tatbestand

 

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlung einer Maklervergütung.

 

Der Beklagte schloss einen Vertrag über die Vermittlung eines Grundstücks. Sein Vertragspartner handelte unter dem Namen "... Immobilien", regelmäßig sprach der Beklagte hier mit dem Ehemann der Klägerin in Person.

 

Am 17.10.2018 wurde vor dem Notar ... ein Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und den Verkäufern, ... und ..., geschlossen. Diese verkauften dem Beklagten ein bebautes Grundstück zur Adresse ... zum Kaufpreis von 405.000,00 €. Bei den Verkäufern handelt es sich um die Eltern der Klägerin. Gleichzeitig wurde in die Urkunde aufgenommen, dass der Kaufvertrag durch die Vermittlung von ".... Immobilien" zustande gekommen ist und der Beklagte verpflichtet ist, dieser eine Provision in Höhe von 3,57 % inkl. Mehrwertsteuer zu zahlen. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den zur Akte gereichten Kaufvertrag (Anlage K1) verwiesen.

 

Nachdem der Beklagte den Betrag nicht überwies und es auch hinsichtlich der Abwicklung des Kaufvertrages Probleme gab, verfasste die Klägerin unter dem 12.11.2018 eine Zahlungsaufforderung. Am 19.11.2018 beauftragte sie den jetzigen Prozessbevollmächtigten.

 

Die Klägerin behauptet, "... Immobilien" sei der Name ihres Unternehmens.

 

Das Amtsgericht Mayen hat dem Beklagten am 12.12.2018 einen Mahnbescheid im Urkundsmahnverfahren zugestellt. Am 21.12.2018 hat der Beklagte an die Klägerin 14.458,50 € gezahlt. Am 22.01.2019 hat das Gericht einen Urkunden-Vollstreckungsbescheid über eine Gesamtsumme von 15.809,75 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 14.458,50 € seit dem 08.12.2018 und aus weiteren 442,50 € seit dem 04.12.2018 abzüglich der Zahlung in Höhe von 14.458,50 € erlassen und dem Beklagten am 25.01.2019 zugestellt. Am 29.01.2019 hat der Beklagte hiergegen Einspruch eingelegt.

 

Die Klägerin beantragt nunmehr,

 

den Urkunden-Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 22.01.2019, Az: 18-6812767-0-1 aufrechtzuerhalten.

 

Der Beklagte beantragt,

 

den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Der Beklagte behauptet, es sei nicht ersichtlich, ob das Schreiben vom 12.11.2018 dem Beklagten zugegangen ist. Überdies habe die Klägerin die Interessen ihrer Eltern vertreten.

 

Er vertritt daher die Auffassung, wegen des kollusiven Zusammenwirkens bestehe ein Maklerlohnanspruch nicht.

 

Entscheidungsgründe

 

Die Klage ist im Urkundenprozess zulässig und begründet.

 

Die Führung des Rechtsstreits im Urkundenprozess ist gemäß § 597 Abs. 2 ZPO statthaft, da die Klägerin alle beweisbedürftigen Tatsachen mit Urkunden belegen kann und wenigstens eine Urkunde, beispielsweise den notariell beglaubigten Kaufvertrag vom 17.10.2018 vorgelegt hat.

 

Der Antrag auf Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheides ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dies folgt daraus, dass der Vollstreckungsbescheid für sich genommen hinreichend bestimmt und zur Vollstreckung geeignet ist. Dieser beinhaltet die Hauptforderung in Höhe von 14.458,50 € zuzüglich weitergehender Kosten und Zinsen über 1.351,25 zuzüglich weiterer Zinsen entsprechend des Vollstreckungsbescheides abzüglich der am 21.12.2018 erbrachten Zahlung in Höhe von 14.458,50 €. Dieser Betrag lässt sich im Vollstreckungsbetrag, in Anbetracht der auf den Restbetrag noch laufenden Zinsen, am Zahltag centgenau bestimmen. Dabei ist es nicht unüblich, dass die konkrete Bezifferung erst im Vollstreckungsverfahren erfolgt, wenn fest steht, zu welchem Zeitpunkt gezahlt werden wird. Aufgrund der Regelung des § 367 Abs. 1 BGB ist vorliegend nur noch ein Teil ein Hauptforderung offen.

 

Die Klage hat in der Sache Erfolg.

 

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des offenen Restbetrages der Hauptforderung.

 

Ein solcher Anspruch folgt aus § 652 Abs. 1 BGB.

 

Die Parteien waren per Maklervertrag miteinander verbunden. Soweit der Beklagte bestreitet, dass die Klägerin identisch mit seiner Vertragspartnerin, die unter der Firma ... Immobilien gehandelt habe, sei, handelt es sich hierbei nicht um eine beweisbedürftige Tatsache, da die Identität gemäß § 291 ZPO allgemeinkundig ist. Unter allgemeinkundigen Tatsachen im Sinne der Norm versteht man Tatsachen, die einem unbestimmten Personenkreis zugänglich sind. Aus der Homepage der Klägerin lässt sich entnehmen, dass sie Inhaberin des Unternehmens "... Immobilien" ist. Diese ist für jedermann zugänglich und einsehbar.

 

Der Abschluss eines Vermittlungsvertrages sowie Kaufvertrages ist ebenso wie die Höhe der Vergütung, 3,57 % von 405.000 €, 14.358,50 €, zwischen den Parteien unstreitig und überdies per notarieller Urkunde dargelegt.

 

Der Wirksamkeit des Vertrages steht § 654 BGB nicht entgegen.

 

Danach ist ein Vertrag unwirksam, wenn ein Makler entgegen des Vertragsinhaltes auch für den anderen Teil, hier also die Verkäufer, tätig war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Doppeltätigkeit grundsätzlich zulässig ist, wenn nicht etwas anderes vereinbart wurde oder sich das Verbot der Doppeltätigkeit aus den weiteren Vertragsumständen ergibt (BeckOK BGB/Kotzian-Marggraf/Kneller, 54. Ed. 1.5.2020, BGB § 654 Rn. 1). Verboten ist eine Doppeltätigkeit dann, wenn es beispielsweise zu einer vertragswidrigen Interessenkollision kommt, wobei diese nach den konkreten Umständen zu beurteilen ist, sodass beispielsweise das Zusammentreffen eines Vermittlungsmaklers und eines Nachweismaklers nicht zwingend zu einem Interessenkonflikt führen (Palandt/Sprau, BGB, 79. Auflage, 2020, § 564 Rn. 4a). Zwar ergeben sich durch die gleichzeitige Vertretung der Eltern der Klägerin einige Anhaltspunkte für die Annahme, dass möglicherweise ein Interessenkonflikt vorliegen könnte. Die bloße Möglichkeit des Vorliegens genügt jedoch nicht für die Annahme eines bereits eingetretenen tatsächlichen Interessenkonflikts, zumal zum jetzigen Zeitpunkt unklar ist, ob es hinsichtlich der Vermittlung überhaupt zu einer tatsächlichen Doppeltätigkeit gekommen ist. Überdies behauptet die Klägerin, dass das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Verkäufern und ihr offengelegt wurde. Da hierüber keine im Urkundsverfahren geeigneten Beweismittel angeboten wurden, kann nicht abschließend geklärt werden, ob ggf. eine konkludente vertragliche Vereinbarung zu einer möglichen Doppeltätigkeit geschlossen wurde.

 

Der Wirksamkeit des Vertrages stehen auch keine Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB oder die Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, entgegen. Der bloße Hinweis auf ein Handeln in kollusiver Weise aufgrund der Beteiligung der Eltern ist nicht geeignet, um eine Tatbestandsverwirklichung ansatzweise darzulegen. Die pauschale Bezugnahme des anwaltlichen vertretenen Beklagten auf den schriftsätzlich erbrachten Vortrag in einer beim Landgericht Köln zum Aktenzeichen 2 O 424/18 geführten Akte, ist unzulässig (zu Anlagen: Musielak/Voit/Stadler, 17. Aufl. 2020, ZPO § 130 Rn. 10).

 

Der Anspruch auf Verzinsung der Restschuld folgt jedenfalls aus §§ 291 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 696 Abs. 3 ZPO.

 

Der Ausspruch über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 4, 711 ZPO.

 

Der Streitwert wird auf bis 1.500,00 EUR festgesetzt.

 

 

Der Streitwert ist entsprechend der vorläufigen Festsetzung auf bis 1.500 € festzusetzen, da aufgrund der Regelung des § 367 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 6 GKG auch die Kosten des Mahnverfahrens zu verrechnen waren und mithin ein über 500,00 € liegender Betrag der Hauptforderung noch streitgegenständlich war.