Bei Erstbeschwerde der Betroffenen kann Betreuer/Vorsorgebevollmächtigter
nur ausnahmsweise Rechtsmittel einlegen
BGH, Beschluss vom 15.12.2021 -
XII ZB 383/21 -
Kurze Inhaltsangabe mit Erläuterung:
Gegen eine Entscheidung des Landgerichts, mit der eine Beschwerde der Mutter (Betroffene) ihres die Rechtsbeschwerde führenden Sohnes betroffen war, legte der Sohn das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde im eignen Namen ein. Die Rechtsbeschwerde wurde vom BGH als unzulässig verworfen.
Der Sohn der Betroffenen sei durch die Entscheidung nicht beschwert. Die Beschwerde vom 22.07.2017 gegen die angefochtene Entscheidung wurde von dem Sohn der Betroffenen durch eine von ihm
beauftragten Rechtsanwältin unter Verweis auf eine vom 22.10.2016 datierende Vollmacht ausdrücklich im Namen der Betroffenen (Mutter) eingelegt. Der Sohn war Vorsorgebevollmächtigter seiner
Mutter und hätte damit nach § 303 FamFG die Beschwerde auch im eigenen Namen einlegen können, davon aber keinen Gebrauch gemacht, sondern nach § 303 Abs. 4 S. 1 FamFG (zulässig als
Vorsorgebevollmächtigter) die Beschwerde im Namen seiner Mutter als Betroffener eingelegt. Damit sei die Mutter selbst Beschwerdeführerin des Erstbeschwerdeverfahrens und somit auch nur sie
selbst als Rechtmittelführerin von der Zurückweisung des Rechtsmittels formell beschwert.
Der Sohn als Beschwerdeführer im Rahmen der Rechtsbeschwerde sei durch die Entscheidung im Rahmen der Erstbeschwerde nicht selbst in seinen Rechten betroffen und damit in direkter oder
entsprechender Anwendung der im Betreuungsrecht geltenden Sonderregelung in § 303 Abs. 2 FamFG rechtsbeschwerdeberechtigt. Anders wäre dies nur dann, wenn durch die Entscheidung des
Beschwerdegerichts (Landgericht) die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert worden wäre, was hier mit der Zurückweisung der (Erst-) Beschwerde der für die Mutter eingelegten
Beschwerde nicht erfolgt sei. Fehle es aber an einer inhaltlichen Abänderung, durch die der Sohn als Rechtsbeschwerdeführer beschwert worden sein könnte, sei sein nunmehr im eigenen Namen
eingelegtes Rechtsmittel unzulässig.
Dies wurde bereits in dem in der Entscheidung des BGH benannten Beschluss vom 14.10.2020 - XII ZB 91/20 – ausgeführt, in dem auch darauf hingewiesen wurde, dass davon abweichend dann der
Betreuer bzw. der Vorsorgebevollmächtigte selbst die Rechtsbeschwerde ohne eigene Beteiligung am Beschwerdeverfahren einlegen könne, wenn mit der Beschwerdeentscheidung erstmals in seinen
Aufgabenbereich eingegriffen würde.
Aus den Gründen:
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 7. Juli 2021 wird verworfen.
Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert: 5.000 €
Gründe
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil dem Sohn der Betroffenen (Beteiligter zu 1) die Beschwerdeberechtigung für ein Rechtsmittel im eigenen Namen gegen die Zurückweisung der Erstbeschwerde
der Betroffenen durch das Landgericht fehlt.
1. Der Sohn der Betroffenen ist durch die angefochtene Entscheidung nicht formell beschwert. Die vom 22. September 2017 datierte Erstbeschwerde aus dem Schriftsatz der von dem Sohn
der Betroffenen unter Hinweis auf die am 22. Oktober 2016 ausgestellte Vollmacht beauftragten Rechtsanwältin V. wurde ausdrücklich im Namen der Betroffenen eingelegt. Dies ergibt sich auch aus
den Feststellungen des Landgerichts. Soweit der Sohn der Betroffenen indessen von der ihm nach § 303 Abs. 4 Satz 1 FamFG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, als
Vorsorgebevollmächtigter eine Beschwerde im Namen der Betroffenen einzulegen, war er entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht selbst Rechtsmittelführer, sondern war die Betroffene
Beschwerdeführerin des Erstbeschwerdeverfahrens, und auch nur sie ist durch die Zurückweisung des Rechtsmittels formell beschwert (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2020 - XII ZB 91/20 - FamRZ
2021, 228 Rn. 9).
2. Der durch die Beschwerdeentscheidung nicht im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG in seinen Rechten beeinträchtigte Sohn der Betroffenen ist auch nicht aufgrund einer direkten
oder entsprechenden Anwendung der im Betreuungsrecht geltenden Sonderregelung des § 303 Abs. 2 FamFG rechtsbeschwerdeberechtigt. Dies kommt nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur
dann in Betracht, wenn die erstinstanzliche Entscheidung auf die Beschwerde des Betroffenen oder eines anderen Beteiligten geändert wird. In diesem Fall können die in § 303 Abs. 2 FamFG
genannten Angehörigen des Betroffenen - sofern sie in erster Instanz beteiligt waren - im Interesse des Betroffenen eine Rechtsbeschwerde im eigenen Namen führen, ohne dass sie eine
Erstbeschwerde eingelegt hätten und durch die Beschwerdeentscheidung formell beschwert wären. Anders verhält es sich aber, wenn die erstinstanzliche Entscheidung - wie hier - keine inhaltliche
Abänderung durch das Beschwerdegericht erfährt. In diesem Fall hat der Beteiligte eines Betreuungsverfahrens, der nicht selbst eine Erstbeschwerde führt, kein Recht, sich gegen die den
amtsgerichtlichen Beschluss lediglich bestätigende Beschwerdeentscheidung mit der Rechtsbeschwerde im eigenen Namen zu wenden (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2020 - XII ZB 91/20 - FamRZ
2021, 228 Rn. 18).