Kritik auf Facebook an Politikern (hier Künast): Was ist (noch) von Meinungsfreiheit gedeckt ?

Das LG Berlin lehnte einen Antrag der Grünen-Bundestagsabgeordneten Renate Künast ab, den Betreiber einer Social-Media Seite zu veranlassen, ihr Bestanddaten zu bestimmten Seiten zu benennen, die sie begehrte, um gegen bestimmte Äußerungen zu bzw. über ihre Person vorgehen zu können. Bei (hier) zulässigen Meinungsäußerungen sei dem Ersuchen nicht stattzugeben, , § 14 Abs. 3 TMG iVm. § 3 Abs. 3 NetzDG.

 

Um Meinungsäußerungen, nicht um Tatsachenbehauptungen handelt es sich, wenn sie nicht mit den Mitteln des Beweises überprüfbar sind. Danach kann auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, eine Tatsachenbehauptung sein, wenn durch sie bei dem Adressaten der Eindruck eines konkreten, lediglich in einer Wertung eingekleideten Vorgangs entsteht. Wirken Tatsachenbehauptung und Wertung zusammen, ist der Text grundsätzlich insgesamt von der Schutzwirkung des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG (Meinungsfreiheit) erfasst. Wird die Äußerung im Rahmen der Vermengung von Tatsachen und Meinung geprägt durch eine Stellungnahme, einem Dafürhalten oder eines Meinens, ist sie als Werturteil und Meinungsäußerung insgesamt vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung  geschützt, ohne dass eine isolierte Betrachtung stattfindet.

 

Der Einfluss des Grundrechts wird verkannt, wenn der Äußerung ein Sinn gegeben wird, den sie objektiv nicht hat oder wenn ihr bei mehreren möglichen Deutungen eine Auslegung gegeben wird, ohne die anderen möglichen Auslegungen überzeugend auszuschließen. Verkannt würde das Grundrecht auch, wenn eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft wird, mit der Folge, dass sie am Grundrechtsschutz nicht teilnimmt. Steht die Äußerung im Zusammenhang mit einer Sachauseinandersetzung, kann nicht von Schmähung ausgegangen werden. Das gilt allenfalls dann nicht, wenn der diffamierende Gehalt der Äußerung so erheblich ist, dass sie in jedem denkbaren Sachzusammenhang nur als bloße Herabsetzung des Betroffenen erscheint. Bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage liegt Schmähkritik nur ausnahmsweise vor.

 

 

LG Berlin, Beschluss vom 19.09.2019 - 27 AR 17/19 -

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