Mietrecht


Schönheitsreparaturen: Beweislast für Anfangszustand

LG Berlin, Urteil vom 18.08.2015 – 63 S 114/14 –

Kurze Inhaltsangabe:

 

Es scheint, als würde es mit der Flut von Entscheidungen zur Frage der Schönheitsrenovierung durch den Mieter nicht enden wollen.  Nun hat das LG Berlin auf der Grundlage der Entscheidung des BGH vom 18.03.2015 – VIII ZR 185/14 – zur Frage der Beweislast Stellung genommen.

 

Mit seinem Urteil vom 18.03.2015 hatte der BGH entschieden, die Übertragung von Schönheitsrenovierungsarbeiten auf den Mieter qua (im vorliegenden Fall grundsätzlich zulässiger) AGB-Klauseln wäre jedenfalls dann nichtig, wenn dem Mieter nicht bei Beginn ein vollständig renoviertes Objekt übergeben worden sei sollte. Im Anschluss daran musste sich nun das LG Berlin mit der Frage auseinandersetzen, wer der Zustand zu Beginn des Mietverhältnisses darlegen und beweisen muss. Die Schwierigkeit bestand in dem vom LG Berlin zu entscheidenden Fall darin, dass die Eltern der Beklagten ehedem die Wohnung vor über 50 Jahren angemietet hatten. Während die Beklagten behaupteten, die Wohnung wäre unrenoviert überlassen worden, bestritt dies die vermietende Klägerin.

 

 

Das LG Berlin vertrat die Ansicht, dass der Mieter den Zustand zu Beginn des Mietverhältnisses nachweisen müsse, da er sich auf die für ihn in Ansehung der Entscheidung des BGH günstige Folge der unterbliebenen Renovierung bei Mietbeginn bezieht. Es bestätigte den Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen unterlassener Endrenovierung. 

 

Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das am 12. März 2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 6 C 480/13 - abgeändert und neu gefasst:

 

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 8.693,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. November 2013 zu zahlen.

 

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Kläger ist teilweise begründet.

Die Beklagten sind gemäß § 281 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Schadensersatz wegen nicht vorgenommener Schönheitsreparaturen verpflichtet.

Das Amtsgericht ist mit im Ergebnis zutreffenden Erwägungen von einer wirksamen Abwälzung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf die Beklagten ausgegangen. Die Klausel "Die Schönheitsreparaturen werden vom Mieter getragen." ist anhand der Regelung in § 28 Abs. 4 II. BV auszulegen (BGH, Rechtsentscheid vom 30. Oktober 1984 - VIII ZR ARZ 1/84, WuM 1985, 46) und begründet eine entsprechende Verpflichtung des Mieters.

Die in § 12 Nr. 1 des Mietvertrags vereinbarte Rückgabe in besenreinem Zustand schließt die Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen nicht aus. Derartige Rückgabeklauseln begründen keine Verpflichtung zur Endrenovierung, sondern grundsätzlich nur zur Rückgabe in vertragsgemäßem Zustand. Deshalb wird die Pflicht zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands gerade nicht ausgeschlossen. Hierzu gehört ggf. auch die Ausführung der bei Vertragsende fälligen Schönheitsreparaturen (BGH, Urteil vom 12. März 2014 - XII ZR 108/13, GE 2014, 666).

Die Vereinbarung betreffend die Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen durch den Mieter ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt unwirksam, dass den Beklagten bei Vertragsbeginn eine renovierungsbedürftige Wohnung überlassen worden war und somit die von ihnen vorzunehmenden Dekorationsarbeiten auch nicht von ihnen, sondern dem Vormieter verursachte Abnutzungen umfassten (BGH, Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 185/14, GE 2015, 649 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Denn ein solcher renovierungsbedürftiger Zustand steht nicht fest. Die Klägerin hat unter Hinweis auf die Vereinbarung in § 5 des Mietvertrags, wonach vor Überlassung der Wohnung keine Arbeiten seitens des Vermieters vorzunehmen waren, in Abrede gestellt, dass die Ausführung von Schönheitsreparaturen erforderlich war. Auch in § 16 des Mietvertrags sind keine ergänzenden Vereinbarungen der Parteien getroffen, die hierauf schließen lassen. Die Beklagten haben trotz eines entsprechenden Hinweises der Kammer auf die og. Entscheidung des Bundesgerichtshofs hingegen lediglich pauschal ohne Beweisantritt behauptet, dass Schönheitsreparaturen erforderlich gewesen seien und von ihren Eltern, den damaligen Mieters, vorgenommen worden seien. Dies genügt der ihnen obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht. Denn beruft sich der Mieter auf die Unwirksamkeit der Renovierungsklausel, ist es an ihm, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war (BGH a.a.O.).

Das Amtsgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, dass in der Übergabebestätigung vom 20. September 2012 kein Verzicht der Klägerin auf die Ausführung von Schönheitsreparaturen zu sehen ist. Es kann dahinstehen, ob die Frage der Schönheitsreparaturen von den Parteien anlässlich der Rückgabe erörtert worden ist. Eine abschließende verbindliche Regelung lässt sich daraus indes nicht ableiten, zumal die schriftliche Erklärung sich hierzu nicht verhält (vgl. KG, Urteil vom 27. Mai 2002 - 8 U 2074/00, GE 2002, 930).

Die Einwände der Beklagten gegen die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für die malermäßige Instandsetzung greifen nicht durch.

Das Gericht schließt sich den Ausführungen des Amtsgericht an, wonach angesichts einer Mietdauer von 58 Jahren und den Feststellungen des Sachverständigen … im Gutachten vom 19. März 2013 zum Zustand der Wohnung (Beweisverfahren 18 H 2/12 des Amtsgerichts Schöneberg) Schönheitsreparaturen bei Rückgabe der Wohnung fällig waren. Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten auf von ihnen im Frühjahr und Herbst 2009 veranlasste Schönheitsreparaturen in Bad und Küche. Diese ändern an der Fälligkeit der Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses nichts, weil die übliche Frist für die Vornahme von Schönheitsreparaturen in Nassräumen von drei Jahren inzwischen wieder verstrichen waren.

Der Umstand, dass die Beklagten die von ihnen eingebrachten Einrichtungen berechtigterweise entfernt haben, schließt nicht aus, dass sie die hiermit verbundenen Veränderungen des ursprünglichen Zustands und andere Folgeschäden (z.B. Dübellöcher u. Ä.) zu beseitigen haben.

Teilweise Erfolg hat die Berufung der Beklagten lediglich insoweit als sie für eine Verschlechterung der Wohnung in Anspruch genommen werden, die nicht Gegenstand der von ihnen geschuldeten Dekorationsarbeiten sind, indem die Klägerin Aufwendungen für die Beseitigung von Einbauten und Einrichtungen verlangt.

Eine nachteilige Veränderung zu Lasten der Klägerin setzt hier voraus, dass die Einbauten bzw. Einrichtungen von den Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern eingebracht worden sind. Der Umstand, dass diese bei Vertragsende vorhanden waren, indiziert dies nicht. Insoweit obliegt der Klägerin für diese Voraussetzung die Darlegungs- und Beweislast, weil es sich als eine Anspruchsvoraussetzung um einen für sie günstigen Umstand handelt. Über die bloße Behauptung, dass die Gegenstände von den Beklagten stammten, hinaus jedoch weder hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte vorgetragen noch diese unter Beweis gestellt. Das betrifft die Einbauten in der Speisekammer, im Bad und den Windschutz auf dem Balkon sowie den Fußbodenbelag in der Küche. Hinsichtlich letzterem belegt das bei Beendigung des Mietverhältnisses vorhandene neuzeitliche Material der Verglasung nicht, dass der gesamte Windschutz aus dieser Zeit stammt. Denn es ist danach nicht ausgeschlossen, dass lediglich die Verglasung zwischenzeitlich erneuert worden ist.

Danach war die vom Amtsgericht zugesprochene Klageforderung um folgende Positionen zu verringern:

 

Küche (Pos. 1.9a und 1.9b des Gutachtens)

180,-- EUR

        

209,15 EUR

Speisekammer (Pos. 2.7 des Gutachtens)

50,-- EUR

Bad (Pos. 4.10 des Gutachtens)

120,-- EUR

Balkon (Pos. 7.1 des Gutachtens)

 55,-- EUR

                 
        

614,15 EUR

Unter Berücksichtigung der vom Amtsgericht zugesprochenen Klageforderung von 9.307,23 EUR verbleibt danach eine begründete Klageforderung von 8.693,08 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.