Mietrecht


Kündigungsverzicht auf Dauer und Individualvereinbarung im Wohnraummietrecht

BGH, Beschluss vom 08.05.2018 - VIII ZR 200/17 -

Die Rechtsvorgängerin des Klägers schloss mit den Beklagten einen Mietvertrag über eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus. Zur Mietzeit hieß es in dem Formularvertrag in § 2 Nr. 1a des Mietvertrages mit der Überschrift „Kündigungsverzicht“, hinter der der Klammerzusatz „maximal vier Jahre“ handschriftlich gestrichen wurde, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen würde und beide Mietparteien „wechselseitig bis zu …. (maximal vier Jahre ab Vertragsschluss) auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung“ verzichten, wobei der benannte Klammerzusatz ebenfalls handschriftlich gestrichen wurde, der Zeitraum des Kündigungsverzichts nicht eingetragen wurde. Der Kläger kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landgericht hatte der Räumungsklage auf die Berufung des Klägers hin stattgegeben. Der BGH hat im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten das Urteil im Beschlussweg aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Das Amtsgericht hatte in der Regelung in § 2 Nr. 1a des Mietvertrages eine (Individual-) Vereinbarung eines dauerhaften Ausschlusses der ordentlichen Kündigung gesehen. Demgegenüber vertrat das Landgericht die Auffassung, dass es sich angesichts des verwandten (und nach Auffassung des Landgerichts von den Beklagten gestellten)  Formulars um eine Vertragsbedingung handele, die der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht unterläge und nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sei, wenn der Zeitraum von vier Jahren überschritten würde.

 

Der BGH weist darauf hin, dass nach dem Vortrag der Beklagten die Rechtsvorgängerin des Klägers das Vertragsformular von „Haus und Grund“ mitgebracht habe, die auf dessen Verwendung bestanden habe. Die Beklagten, die nach deren Vortrag erhebliche Investitionen in das Mietobjekt planten, hätten ein langfristiges Mietverhältnis unter Ausschluss der erleichterten Kündigung im Zweifamilienhaus (§ 573a BGB) und wegen Eigenbedarfs, auch für den Fall eines Verkaufs ausschließen wollen. Auf diesen Vortrag der Beklagten sei das Berufungsgericht nicht eingegangen. Es sei aber nicht auszuschließen, dass bei Berücksichtigung dieses Vortrages, der von zentraler Bedeutung dafür sei, ob es sich um eine Individualvereinbarung handele oder um eine von den Beklagten gestellte und wegen unangemessener Benachteiligung der Vermieterseite unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handele, zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre.

 

Ein „Stellen“ iSv. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB läge vor, wenn eine Partei die Formularbestimmungen in die Verhandlungen einbringe und ihre Verwendung zum Vertragsschluss verlangt würde. Der Kläger sei hier darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Formularbestimmung in diesem Sinne von den Beklagten gestellt worden sei (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB; BGH vom 17.02.2010 - VIII ZR 67/09 -). Dies würde auch dann gelten, wenn der Beklagte zu 2. Von der Rechtsvorgängerin des Klägers veranlasst worden wäre, das Formular von „Haus und Grund“ zu besorgen und zum Termin mitzubringen, da dann immer noch die Initiative von ihr ausgegangen wäre. Anderes würde sich auch nicht daraus ergeben, dass die beklagten auf einen dauerhaften Kündigungsausschluss bestanden hätten. Zwar sei ausreichend, wenn der Verwender die Bedingung nur „im Kopf gespeichert“ hätte, um sie wiederholt zu verwenden; da aber die Beklagten den Mietvertrag als private Mieter abgeschlossen hätten, seien Anhaltspunkte für die Absicht der Wiederverwendung einer derartigen Vertragsbedingung (als Bedingung für die Annahme von AGB) nicht gegeben.

 

Ferner läge ein Gehörsverstoß des Landgerichts darin, dass der detaillierte Vortrag der Beklagten zum Aushandeln des Kündigungsverzichts und einer Zusatzvereinbarung (nach der sich die beklagten zur Vermeidung von Abrechnungsschwierigkeiten verpflichteten, das Heizöl selbst einzukaufen) nicht berücksichtigt worden. Auch vorformulierte Klauseln könnten im Einzelfall Gegenstand einer Individualvereinbarung sein, weshalb sich das Berufungsgericht mit dem entsprechenden Vortrag der Beklagten hätte auseinandersetzen müssen.

 

Auch wenn das Landgericht seine Entscheidung nicht darauf gestützt habe, sei seine Annahme, auch Individualvereinbarungen eines Verzichts auf eine ordentliche Kündigung seien nicht wirksam, falsch. In einer Individualvereinbarung könne die ordentliche Kündigung für sehr lange Zeiträume ausgeschlossen werden (BGH vom 10.07.2013 - VIII ZR 388/12 -).  Die Grenze sei allerdings nach § 138 BGB (wofür hier Anhaltspunkte nicht vorlägen) in der Ausnutzung einer Zwangslage oder aus sonstigen Gründen, die für eine Sittenwidrigkeit sprächen, zu ziehen. Es könne auf sich beruhen (wie von Instanzgerichten angenommen, so z.B. OLG Karlsruhe ZMR 2008, 533), ob nach Ablauf von 30 Jahren entsprechend § 544 BGB eine außerordentliche Kündigung mit gestezlicher Kündigungsfrist möglich sei, da ein solcher Zeitablauf hier nicht vorläge.

 

 

Wenn im weiteren Verfahren vor dem Landgericht festgestellt würde, dass es sich bei dem dauerhaften Ausschluss der ordentlichen Kündigung um eine von der Vermieterin gestellte und wegen unangemessener Benachteiligung der Beklagten unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handele, dürfte dem Kläger eine Berufung darauf verwehrt sein, da die Inhaltskontrolle von AGB nur den Vertragspartner des Verwenders schützen würde. Wenn der Vertragspartner des Verwenders die Bedingung uneingeschränkt auch gegen sich gelten lassen wolle, sei es dem Verwender nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen (BGH, Urteil vom 20.09.2017 - VII ZR 250/16 -).  Diese Voraussetzung dürfte hier gegeben sein, da die Beklagten von Anfang an deutlich gemacht hätten, dass sie sich an dem beiderseitigen dauerhaften Kündigungsausschluss festhalten lassen wollten. 

 

 

Tenor 

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 23. August 2017 aufgehoben.

 

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

 

Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens: 8.880 €.

 

 

Gründe

I.

 

 

 

Der Kläger begehrt die Räumung und Herausgabe einer in einem Zweifamilienhaus gelegenen Wohnung in K. ... Die Beklagten hatten diese Wohnung mit Vertrag vom 19. August 2013 von der Rechtsvorgängerin des Klägers angemietet.

 

Für den Vertrag war ein Formular verwendet worden, welches der Beklagte zu 2 von der Haus & Grund  ..-  GmbH erworben und zu den Vertragsverhandlungen mitgebracht hatte. In diesem Formular heißt es unter § 2 Mietzeit Nr. 1.a):

 

" □ Kündigungsverzicht (maximal vier Jahre)

Das obige Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Beide Mietparteien verzichten wechselseitig bis zu                (maximal vier Jahre ab Vertragsschluss) auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags. Zum Ablauf des Verzichtszeitraums kann das Mietverhältnis erstmalig wieder von beiden Mietvertragsparteien mit den gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung wird von dieser Regelung nicht berührt."

 

Das Kästchen "Kündigungsverzicht" wurde bei Abschluss des Mietvertrages handschriftlich angekreuzt; eine Verzichtsdauer wurde nicht genannt und die Passagen "maximal vier Jahre" sowie "maximal vier Jahre ab Vertragsschluss" wurden gestrichen. Außerdem wurde eine Zusatzvereinbarung dahin geschlossen, dass nicht die Vermieterin, sondern die Beklagten selbst für den Heizöleinkauf, die Heizungswartung, die Emissionsmessung und den Schornsteinfeger verantwortlich seien und die Hälfte der insoweit entstehenden Kosten zu tragen und diesen Anteil direkt gegenüber den Lieferanten beziehungsweise Handwerkern auszugleichen hätten. Auf eine verbrauchsabhängige Abrechnung und den dafür erforderlichen Einbau von Messeinrichtungen verzichteten die Beklagten ausdrücklich; die Betriebs- und Heizkosten sollten zwischen den beiden Wohnungen hälftig geteilt werden. Die Beklagten verpflichteten sich zudem, im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass auch ein etwaiger späterer Mieter des Erdgeschosses (diese Wohnung stand bei Vertragsabschluss leer) seinen Anteil an den Kosten direkt begleichen würde.

 

Der Kläger trat im Mai 2015 durch Eigentumserwerb in das Mietverhältnis ein. Er kündigte das Mietverhältnis mehrfach, unter anderem mit Schreiben vom 29. Juli 2015, wegen Eigenbedarfs.

 

Das Amtsgericht hat die Bestimmung in § 2 Nr. 1.a) des Mietvertrages als wirksame (Individual-)Vereinbarung eines dauerhaften Ausschlusses der ordentlichen Kündigung angesehen und die auf Räumung gerichtete Klage deshalb abgewiesen.

 

Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichtes abgeändert und der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagten angesichts der Vorlage des für den Vertrag verwendeten Formulars die Vertragsbedingungen gestellt hätten und der in § 2 Nr. 1.a) des Mietvertrags enthaltene unbefristete Kündigungsverzicht deshalb der ABG-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliege. Dieser halte er nicht stand, denn ein formularmäßiger Kündigungsausschluss sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn er einen Zeitraum von vier Jahren überschreite. Im Übrigen bestünden auch bei einer individualvertraglichen Vereinbarung eines unbefristeten Kündigungsausschlusses Bedenken, weil damit ein "immerwährender Kündigungsausschluss" vorliege, der auch sämtliche Rechtsnachfolger binde. Dies erscheine im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG bedenklich, bedürfe hier aber letztlich keiner abschließenden Beurteilung.

 

II.

 

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO - ohne dass es deshalb auf die von der Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls erhobene Rüge ankäme, das angefochtene Urteil sei nicht von den an der mündlichen Verhandlung mitwirkenden Richtern unterschrieben worden - zur Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).

 

1. Die Beklagten haben, wie die Nichtzulassungsbeschwerde - entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung - mit Recht rügt, in den Tatsacheninstanzen vorgetragen, dass die Verwendung des von dem Beklagten zu 2 zu den Vertragsverhandlungen mitgebrachten Vertragsformulars auf dem ausdrücklichen Wunsch der Rechtsvorgängerin des Klägers beruhte, die auf der Verwendung eines Formulars von "Haus und Grund" bestanden habe. Ferner haben die Beklagten schon im erstinstanzlichen Verfahren zum Gang der Mietvertragsverhandlungen und einem intensiven Aushandeln verschiedener Vertragsbedingungen, insbesondere bezüglich der Zusatzvereinbarung zu den Heiz- und Nebenkosten und des Kündigungsverzichts vorgetragen und in der Berufungsinstanz darauf Bezug genommen. Sie hätten - auch vor dem Hintergrund beabsichtigter erheblicher Investitionen in das Mietobjekt - ein langfristiges Mietverhältnis angestrebt und insbesondere eine Vermieterkündigung wegen Eigenbedarfs und nach § 573a BGB (erleichterte Kündigung im Zweifamilienhaus) ausschließen wollen, und zwar auch für den Fall eines Verkaufs. Dafür seien sie bereit gewesen, der Vermieterin an anderer Stelle, etwa durch Übernahme von Vermieterpflichten bezüglich der Heizölbeschaffung, entgegenzukommen.

 

2. Das Berufungsgericht ist auf diesen - in der Revisionsinstanz mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts als richtig zu unterstellenden - Sachvortrag der Beklagten nicht eingegangen. Das Berufungsurteil beruht auch auf dieser Gehörsverletzung, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass es bei Berücksichtigung dieses Vortrags, der für die Frage, ob eine Individualvereinbarung vorlag oder es sich bei dem vereinbarten Kündigungsausschluss um eine von den Beklagten gestellte und wegen unangemessener Benachteiligung der Vermieterseite unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung handelte, ersichtlich von zentraler Bedeutung ist, zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre.

 

a) Als wesentliches Charakteristikum Allgemeiner Geschäftsbedingungen hat der Gesetzgeber die Einseitigkeit ihrer Auferlegung sowie den Umstand angesehen, dass der andere Vertragsteil, der mit einer solchen Regelung konfrontiert wird, auf ihre Ausgestaltung gewöhnlich keinen Einfluss nehmen kann (BT-Drucks. 7/3919, S. 15 f.). Mit Rücksicht darauf ist das Merkmal des "Stellens" im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt, wenn die Formularbestimmungen auf Initiative einer Partei oder ihres Abschlussgehilfen (vgl. Senatsurteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 26/14, NJW-RR 2015, 738 Rn. 14) in die Verhandlungen eingebracht und ihre Verwendung zum Vertragsschluss verlangt wird (Senatsurteile vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 26/15, NJW 2016, 1230 Rn. 24; vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259 Rn. 11 f., 18).

 

Diese rechtlichen Vorgaben schließen es im Streitfall aber aus, die Bedingungen des von Haus und Grund herausgegebenen Vertragsformulars, dessen Verwendung die Rechtsvorgängerin des Klägers nach dem revisionsrechtlich als richtig zu unterstellenden (und zudem von dem darlegungs- und beweisbelasteten Kläger zu widerlegenden [vgl. Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - VIII ZR 67/09, aaO]) Vortrag der Beklagten ausdrücklich verlangt hat, allein deshalb als von den Beklagten gestellt anzusehen, weil der Beklagte zu 2 dem von der Gegenseite geäußerten Wunsch entsprochen hat, das genannte Formular zu besorgen und zu den Vertragsverhandlungen mitzubringen. Denn dieser Umstand ändert nichts daran, dass das Vertragsformular auf Initiative der Vermieterseite (und nicht der Beklagten) in den Vertrag Eingang gefunden hat.

 

Eine andere Beurteilung ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil die Beklagten, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ausführt, nach eigenem Vorbringen auf einem dauerhaften Kündigungsausschluss (durch Streichung des Klammerzusatzes bei der diesbezüglichen Formularklausel von Haus und Grund) bestanden hätten. Zwar können Vertragsbedingungen auch dann "gestellt" sein, wenn sie nicht schriftlich fixiert sind, sondern der Verwender sie lediglich "im Kopf" gespeichert hat, um sie wiederholt zu verwenden (BGH, Urteile vom 10. März 1999 - VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108, 109 ff.; vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 20; jeweils mwN). Dafür, dass bei den Beklagten, die den Mietvertrag als private Mieter abgeschlossen haben, eine derartige Absicht bestanden hätte, sind Anhaltspunkte jedoch nicht ersichtlich.

 

b) Ferner hat das Berufungsgericht den detaillierten Vortrag der Beklagten dazu, dass der dauerhafte Kündigungsverzicht und die Zusatzvereinbarung zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt worden seien, ebenfalls gehörswidrig unberücksichtigt gelassen.

 

Gemäß § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen im Einzelnen ausgehandelt sind; selbst vorformulierte Klauseln des Verwenders können deshalb im Einzelfall Gegenstand und Ergebnis von Individualabreden sein (vgl. BT-Drucks. 7/3919 S. 15). Deshalb hätte sich das Berufungsgericht mit dem Vortrag der Beklagten auseinandersetzen müssen, sie hätten sogar über die Formularvorlage hinaus und inhaltlich losgelöst von dem Formularvertrag individuell auf einem dort nicht vorgesehenen dauerhaften Kündigungsausschluss bestanden, seien aber der Vermieterin insoweit entgegengekommen, dass sie im Gegenzug bezüglich der Heizung als Mieter Pflichten übernommen hätten, die nach der gesetzlichen Regelung der Vermieterseite oblegen hätten. Wie bereits ausgeführt, beruht das Berufungsurteil auch insoweit auf der Gehörsverletzung, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht den Kündigungsausschluss bei Berücksichtigung des betreffenden Beklagtenvortrags als Individualvereinbarung gewürdigt hätte.

 

c) Es trifft zudem nicht zu, dass ein dauerhafter Ausschluss der ordentlichen Kündigung - wie es das Berufungsgericht, ohne seine Entscheidung letztlich darauf zu stützen, erwogen hat - auch als Individualvereinbarung nicht wirksam vereinbart werden kann.

 

Wie der Senat bereits entschieden und das Berufungsgericht insoweit auch nicht verkannt hat, können die Vertragsparteien die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses im Wege der Individualvereinbarung auch für sehr lange Zeiträume ausschließen (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 2013 - VIII ZR 388/12, NJW 2013, 2820 Rn. 17; vom 13. Oktober 2010 - VIII ZR 98/10, NJW 2011, 59 Rn. 25; vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 81/03, NJW 2004, 1448 unter II 1). Eine Grenze wird bei einem individuell vereinbarten Kündigungsausschluss nur durch § 138 BGB gesetzt, etwa - wofür hier allerdings keine Anhaltspunkte ersichtlich sind - bei Ausnutzung einer Zwangslage einer Partei oder beim Vorliegen sonstiger Umstände, die der Vereinbarung das Gepräge eines sittenwidrigen Rechtsgeschäfts geben. Die individuelle Vereinbarung eines dauerhaften Ausschlusses der ordentlichen Kündigung ist daher grundsätzlich möglich. Es mag allerdings, wie in der Instanzrechtsprechung (OLG Karlsruhe, ZMR 2008 533; LG Berlin, GE 1992, 151; vgl. auch OLG Hamm NZM 1999, 753) und in der Literatur (Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 544 Rn. 4; Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb. 2018, § 544 Rn. 6; Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht, 13. Aufl., § 544 BGB Rn. 11; MünchKommBGB/Bieber 7. Aufl., § 544 Rn. 5) allgemein angenommen wird, nach Ablauf von 30 Jahren in entsprechender Anwendung des § 544 BGB eine außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist möglich sein, die auch nicht auf den ersten möglichen Termin nach diesem Zeitablauf beschränkt ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. Februar 1992 - III ZR 193/90, BGHZ 117, 236, 239). Diese Möglichkeit ist vorliegend allerdings nicht von Bedeutung, da seit dem Abschluss des Vertrages erst wenige Jahre vergangen sind.

 

III.

 

Bei der nach § 544 Abs. 7 ZPO gebotenen Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

 

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin: Selbst wenn der dauerhafte Ausschluss der ordentlichen Kündigung eine von der Vermieterin gestellte und wegen unangemessener Benachteiligung der Beklagten unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung gewesen wäre, dürfte dem Kläger eine ordentliche Kündigung verwehrt sein. Denn die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen soll (nur) den Vertragspartner des Verwenders vor einer unangemessenen Benachteiligung durch missbräuchliche Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht schützen (Senatsurteil vom 20. September 2017 - VIII ZR 250/16, NZM 2017, 759 Rn. 19 mwN). Will der Vertragspartner des Verwenders die unwirksamen Geschäftsbedingungen uneingeschränkt gegen sich gelten lassen, kann es dem Verwender nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen (Senatsurteil vom 20. September 2017 - VIII ZR 250/16, aaO). Diese Voraussetzung dürfte hier vorliegen, da die Beklagten - soweit ersichtlich - von Anfang an deutlich gemacht haben, dass sie sich an dem beiderseitigen dauerhaften Kündigungsausschluss festhalten lassen wollten.