Mietrecht


Betriebskosten: Darlegungs- und Beweislast des Mieters zum Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot

LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 17.08.2017 - 67 S 190/17 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Der Mieter machte Rückforderungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereichen (§ 812 BGB) an gezahlten Betriebskostennachforderungen geltend. Die Klage wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht erteilte den Hinweis dass es beabsichtige, die Berufung zurückzuweisen.

 

Die beabsichtigte Zurückweisung erfolgte nicht aus dem Grund des § 814 BGB: Sollte der Mieter die Nachzahlung in Kenntnis der Nichtschuld vorgenommen haben, wäre er nach dieser Norm mit einer Rückforderung ausgeschlossen. Aber hier erfolgte (wohl) die Zahlung unter Vorbehalt, weshalb die Norm des § 814 BGB nicht greifen würde.

 

Das Landgericht verwies darauf, dass für den Kondiktionsanspruch wegen rechtsgrundlos erbrachter Betriebskostennachzahlung der diesen Anspruch geltend machende Mieter die Darlegungs- und Beweislast für den fehlenden Rechtsgrund trägt, auch dann, wenn er unter Vorbehalt leisten würde. Dies würde auch für den vorliegenden Fall gelten, dass der Mieter einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot geltend macht. Insoweit würde den Mieter sogar eine „nochmals gesteigerte“ Darlegungslast treffen. Insoweit bezieht sich das Landgericht auf Entscheidungen des BGH vom 06.07.2011 - VIII ZR 340/10 - und 17.12.2014 - XII ZR 170/13 -.  Der BGH hat festgehalten, dass bei dem Vorwurf des Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bei den Betriebskosten der Mieter die volle Darlegungs- und Beweislast treffe und eine pauschale Angabe, der Kostenansatz in der Abrechnung übersteige den überregional ermittelten Kostenansatz für Wohnungen gleicher Größe genüge nicht. Dies folge aus dem Grundsatz, dass es sich bei der Beachtung der Wirtschaftlichkeit durch den Vermieter um eine diesen treffende Nebenpflicht handele.

 

 

Auch treffe den Vermieter keine subsidiäre Darlegungslast. Dies auch dann nicht, wenn die Steigerung gegenüber dem Vorjahr mehr als 10% betrage. Insoweit beruft sich das Landgericht auch auf den BGH, der in der Entscheidung vom 17.12.2014 aaO., wonach der Vermieter grundsätzlich keine näheren Tatsachen (z.B. Preisvergleich) vortragen müsse.

 

Aus den Gründen:

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet im Beschlusswege zurückzuweisen.

Gründe

I.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.

Das Amtsgericht hat die Klage, soweit noch Gegenstand der Berufung, zutreffend abgewiesen. Die auf Rückforderung geleisteter Betriebskostennachforderungen gerichtete Klage ist unbegründet. Dagegen vermag die Berufung im Ergebnis nichts zu erinnern. Denn die Klägerin kann Zahlung aus den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung von der Beklagten nicht verlangen.

Ansprüche gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB sind nicht begründet, da die Zahlungen mit Rechtsgrund erfolgt sind. Macht der Mieter Kondiktionsansprüche wegen rechtsgrundlos erbrachter Betriebskostennachzahlungen geltend, trägt er für die materielle Unrichtigkeit der Abrechnungen die Darlegungs- und Beweislast, auch wenn er unter Vorbehalt geleistet hat (vgl. Kammer, Beschl. v. 24. Mai 2016 – 67 S 149/16, ZMR 2016, 690); das gilt erst recht für den mieterseits erhobenen und hier allein streitgegenständlichen Einwand eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, für dessen Vorliegen ihn im Bestreitensfalle ebenfalls eine - nochmals gesteigerte - Darlegungslast trifft (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt.. v. 6. Juli 2011, NJW 2011, 3028 Tz. 18; Urt. v. 17. Dezember 2014 - XII ZR 170/13, NJW 2015, 855 Tz. 16). Diesen Anforderungen ist die Klägerin jeweils nicht gerecht geworden; das hat das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Für die Begründung einer sekundären Darlegungslast des Vermieters bei Steigerungen einzelner Betriebskostenpositionen von mehr als 10 % gegenüber dem Vorjahr (so noch KG, Urt. v. 12. Januar 2006 - 12 U 216/04, GE 2006, 382) ist nach Maßgabe der von der Kammer geteilten einschlägigen Rechtsprechung des BGH bereits rechtlich, erst recht aber tatsächlich kein Raum, da der der Entscheidung des Kammergerichts zu Grunde gelegte Erfahrungssatz - insbesondere bei verbrauchsabhängigen Betriebskosten - tatsächlich nicht trägt.

Davon ausgehend kann dahinstehen, ob der Klägerin der behauptete Zahlungsanspruch zumindest teilweise auch deshalb verwehrt ist, weil sie die streitgegenständlichen Einwendungen innerhalb der Einwendungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 ZPO nicht hinreichend konkret geltend gemacht hat (vgl. dazu Kammer, Beschl. v. 11. Juli 2017 – 67 S 129/17, BeckRS 2017, 119959 Tz. 3)

II.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 8. September 2017, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.